chapter 11

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Ramiel

Sie roch nach Sex. Und sie sah auch danach aus. Ihre silbernen Haare waren durcheinander, ihr Make-Up leicht verschmiert. Ihre Pupillen waren geweitet, ihr Atem ging schnell. An ihrer Schulter war der Ansatz eines Liebesmals zu sehen.

Und er – er konnte den Blick kaum von ihr nehmen. Von ihrem Körper, der durch diesen Fetzen kein bisschen verdeckt war. Layken trug kein Hemd, kein Jackett, seine Hose war zerknittert. Asmodai sah amüsiert von Layken zu Vio, dann zu mir. Er sog genüsslich die Luft ein.

„Ihr werdet herausgefordert", sagte er schließlich, woraufhin Layken endlich, endlich seinen Blick von Vio löste. Er grinste träge. Auf seinem Oberkörper waren Abdrücke von Lippenstift, Spuren von Fingernägeln. 

„Was für ein außerordentlich unpassendes Timing", beschwerte er sich und leckte sich über die geschwollenen Lippen. „Oder Vio?" Sie erwiderte seinen Blick nicht. Er sah sie weiter an, legte den Kopf schief und dann ruckte ihr Kopf herum. Zu mir. Was hatte er zu ihr gesagt?

„Es stimmt." Layken schloss in aller Ruhe seinen Gürtel. „Du kannst bei seinem Tod dabei sein und es wird nicht einmal meine Schuld sein." Er warf dem Mann neben Asmodai einen Blick zu. „Hol es." Dieser nickte und eilte davon.

„Also wo wollen wir es machen? Das ist so aufregend. Ich wurde noch nie herausgefordert." Layken klatschte in die Hände. „Ich habe natürlich von Vios legendären Duellen gehört." Er lächelte sie an. „Vielleicht sollten wir es dir zu Ehren im Onyx machen", überlegte er laut. „Komm mit. Ich muss eine Waffe wählen." Ich bildete mir ein, dass sie nur widerstrebend zu ihm ging. „Wir bringen das schnell hinter uns und dann können wir weitermachen, mit dem was wir angefangen haben." Er hatte einen Arm auf ihren unteren Rücken gelegt und ich musste vollkommen durchgedreht sein, weil ich mir wünschte, keine Seele zu besitzen. Ich wünschte mir nichts von alldem zu fühlen. Ich wünschte, ich hätte all das nicht gesehen.

Azael legte einen Arm auf meinen, hielt mich fest, als würde er wissen, wie wackelig ich gerade auf den Beinen waren. Sie waren kurz vor dem Ausgang, als Layken sich umdrehte.

„Vio hat mich an etwas erinnert." Wieder dieses hohle Lächeln. „Was ist ein Duell ohne Zuschauer?"

Masariel trat vor und ihr eiserner Blick fiel auf Layken. „Ihr habt die Herausforderung angenommen, den Faustkampf gewählt und all eure Waffen abgelegt. Entspricht dies der Wahrheit?"

„Ja." Layken lächelte in Richtung der Zuschauenden. Bevor er eingetreten war, hatte er Vio sein Jackett umgelegt und ich war einfach froh, dass ich sie gerade nicht damit sehen konnte.

„Du musst vorsichtig sein. Es heißt nicht, dass er nicht irgendwelche Tricks parat hat." Azael klang besorgt.
„Führt einfach den Plan durch", gab ich zurück.

„Ramiel, Ihr habt dieses Duell gefordert", wandte sie sich an mich. Ich spürte, wie der Onyx an meiner Magie zu saugen begann. Im Gegensatz zu Vio hatte ich jedoch damit trainiert. „Wie lautet Eure Forderung?"

Die beiden Richter, von denen einen der Inquisitor der Elite war, lehnten sich kaum merklich nach vorne. In ihren Augen funkelte es neugierig. Sie wollten Blut sehen. Und das würden sie. „Ich fordere seinen Rücktritt." Meine Stimme hallte durch den Saal und die Luft flimmerte vor Anspannung. Layken schien... überrumpelt. Er hatte mit etwas anderem gerechnet. Ich konnte diese Forderung nur stellen, weil er so untypisch an die Macht gekommen war und ich bestimmt nicht der Einzige war, der Zweifel an der Richtigkeit dieses Vorgangs hatte.

„So ein Depp", höhnte Ale. „Als würdest du ihn herausfordern, um Vio zu holen." Ich grinste ihn an. Er fing sich wieder, seine Mundwinkel zuckten. Er warf einen triumphierenden Blick zu der flimmernden Onyx Seite. „Sie hat sein Jackett abgelegt." Die Erleichterung ließ meine Schultern absacken. Die Magie der Arena zerrte an mir.

„Akzeptiert. Und Eure Forderung?" Masariel sah zu Layken hinab, ihre Augen leicht zusammengekniffen. Sie mochte ihn nicht.
„Sein Leben."
Masariel runzelte die Stirn. „Um Euch an Eure eigenen Worte zu erinnern. Der Tod eines der Unseren ist nicht akzeptabel."
„Gut, dann fordere ich seine Stellung als Kronprinz."

Ich konnte mir kaum ein Grinsen verkneifen. Masariel presste ihren Mund zu einem dünnen Strich zusammen. „Auch das ist nicht akzeptabel. Niemand bestimmt, wer der Kronprinz ist. Die Anordnung der Höllenkreise ist dabei entscheidend. Wir können Euch gerne eine Nachhilfestunde organisieren, wenn Euch das nicht bekannt ist."

Laykens Wangen wurden rot, seine Augen blitzten warnend, doch die Befehlshaberin der Hohen Garde ließ sich davon nicht beeindrucken. „Wählt Eure Forderung."

„Nun gut." Laykens Blick wanderte wieder zu den Zuschauenden, dann zu mir. „Ich fordere das Lösen des Verlobungsversprechen zwischen ihm und Viona."

Meine Maske saß perfekt. „Das wird nicht passieren", zischte Ale.
„Was macht sie?" Ich musste es einfach wissen. Zeigte sie eine Reaktion?
„Sie schaut auf ihre Finger."
„Ohne Ringe?"
„Ohne Ringe."

Etwas stimmte nicht. Etwas stimmte ganz gewaltig nicht und ich wusste nicht, wie ich das ändern konnte.
„Wird der Plan ausgeführt?", fragte ich Ale.
„Ja."

Ich sah zu Masariel, die widerwillig nickte. „Forderung akzeptiert." Es war eine Grauzone. Ich hatte noch nie von einem Duell mit ähnlichen Forderungen gehört. Jeder Dämon akzeptierte die wenigen Verbindungen, die untereinander eingegangen waren, weil sie die betreffende Person schwächte. Es gab keinen Grund sowas in Frage zu stellen. Doch bisher gab es auch noch nie einen Grund, um den Teufel in Frage zu stellen.

„Die Einsätze sind damit klar. Ihr kämpft, bis einer von Euch aufgibt oder wir beschließen, dass der Kampf ausgeglichen oder entschieden ist."

Die goldenen Muster im schwarzen Marmor zu meinen Füßen begannen zu pulsieren. Laykens Pupillen weiteten sich. Ich beobachtete seine Reaktion auf die Magie dieser Arena. Er wirkte, als wäre er erstaunt, aber er hatte diese Arena ausgewählt. Ich würde mich nicht täuschen lassen.

„Seid Ihr bereit?" Ich nickte knapp. Masariel antwortete ebenfalls mit einem kurzen Nicken.

„Mehr als das", verkündete Layken grinsend. Die Kronleuchter hoch über uns flackerten und im nächsten Moment war die Arena stockfinster. Lautlos atmete ich tief ein, hielt meine Schatten bei mir und wich nach rechts aus, als Layken auf mich zukam. Er wusste nicht, dass das hier ein Sinnbild meines Lebens war. Dunkelheit und Schmerz, doch er würde es gleich erfahren. Ich hatte in der Dunkelheit überleben müssen und jetzt konnte ich alles sehen.

Unser Vater hatte dafür gesorgt, dass das hier lange Zeit, alles war, was ich kannte. Lichtblicke waren die Zeit, die ich mit Azael, Cael und Ale verbringen durfte. Sie hatten die Finsternis nur noch dunkler erscheinen lassen. Aber jetzt würde ich es nutzen.

Ich kämpfte gegen die Macht der Arena, die mir auch noch den letzten Rest meiner Magie entreißen wollte. Meine Sinne schärften sich. Ich hörte Laykens unregelmäßigen Herzschlag, seine ungleichmäßigen Atemzüge, die im Widerspruch mit seiner gefassten Fassade lagen. Er hatte vielleicht keine Angst, noch nicht, aber das wird sich in den nächsten Augenblicken ändern. Ich hörte auf, ihm auszuweichen und ging zum Angriff über.

Lange hatte ich die Dunkelheit in mir zurückgehalten, versucht besser zu sein, als ich im Inneren war, aber jetzt hieß ich die Dunkelheit willkommen und verschmolz mit ihr.

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Queendom of AshWo Geschichten leben. Entdecke jetzt