chapter 15

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Ramiel

Die nächste Stunde in der Menschenwelt war voller Angriffe gewesen. Dämonen, die ungezügelt auf Frauen und Männer losgingen. Wir löschten einen Brandherd nach dem anderen, aber es wurde immer mehr. Es fühlte sich nach Treibsand an, der uns immer tiefer zog, je mehr wir uns bewegten.

Die Ávila war ihr Hauptziel, weil sie hier in der Überzahl waren. Auch von den Einheiten, die wir in den anderen Universitäten abgestellt hatten, kamen Meldungen über Angriffe. Aber hier hörte es nicht auf. Es wurde immer mehr. Niemand verließ mehr das Zimmer. Es wurde ein Alarm ausgelöst, der eigentlich für einen Amoklauf gedacht war. Aber das hinderte die Dämonen nicht daran in Zimmer einzubrechen und Leute daraus zu ziehen. Sumi hatte viele ihrer Mitstudierenden zu sich eingeladen. Unter dem Vorwand einer Party, weil ihr Haus ja in einem geschützten Bereich lag. Es hatte mich immer genervt, aber jetzt hätte ich nicht dankbarer sein können. Wenigstens waren sie in Sicherheit. Vorerst.

Noch hatten wir keine Leichen gesehen, aber es war nur eine Frage der Zeit. Schreie ertönten und Bel und ich wechselten abrupt die Richtung. Zwei Dämonen, ihr Wappen gehörte zum Haus Neid, zogen einen Studenten aus seinem Zimmer.
„Du kommst schön mit uns." Er fletschte die Zähne und ließ sie über die Halsschlagader des Jungen gleiten.

Meine Schatten verdeckten uns und sorgten dafür, dass sie unsere Schritte nicht hörten. Bis wir nah genug dran waren. Mit zwei gezielten Hieben machten wir sie bewegungsunfähig. Der Junge rannte zurück in sein Zimmer und knallte die Tür zu. Wir hörten, wie er etwas davor schob. Wahrscheinlich einen Schreibtisch. Wir schnappten uns die beiden, teleportierten mit ihnen zu meinem Schloss und verwahrten sie sicher im angrenzenden Kerker.

„Sie ziehen los." Nakir war noch immer im Palast. Seit Layken begonnen hatte, seine Truppen zu sammeln, waren die ersten Dämonen auf Angriff gegangen. Das war jedoch noch nichts im Vergleich dazu, was uns erwarten würde, wenn er mit seiner ganzen Armee einfallen würde.

Ich nickte und warf Bel einen Blick zu. Wir kannten uns schon lange. Er gehörte zu den Dämonen, die an der Ávila studierten und dort waren Vio und ich ihm auch mal gemeinsam begegnet. In dem Campus Laden. Es fühlte sich an, als wäre das eine Ewigkeit her.

„Verschwinde jetzt, Nakir", befahl ich.
Ale und Cael manifestierten sich mit drei Dämonen im Schlepptau vor uns. Die drei leisteten den anderen in den Zellen Gesellschaft. Ale drehte sich gerade zu mir um, als ein magisches Summen die Luft zum Vibrieren brachte.
„Was zur...", begann sie.

„Azael, sind das die Hexen?" Hatten sie einen Weg gefunden? Das Summen nahm zu. Es war starke Magie. Sehr stark und sehr alt.
„Nein."
„Komm zurück", forderte ich, doch es war zu spät. Bel neben mir begann zu verschwimmen, er wollte teleportieren. Da erreichte die Magie ihren Höhepunkt und wir hörten ein weit entferntes Donnern. Ein Krachen, als würde ein Blitz einschlagen. Und das Summen legte sich, ließ statisch, aufgeladene Luft zurück.

Bel fluchte. Ale konnte sich nicht zwischen Unglauben und Jubel entscheiden.
„Waren das.... die Engel?" Cael verschwamm, begann zu teleportieren, nur um dann wieder sichtbarer zu werden. Ich brauchte es nicht probieren. Ich spürte sie mehr als deutlich.

Es gab eine Barriere zwischen der Hölle und der menschlichen Welt. Und niemand von uns würde dadurch kommen.
„Das glaubst du doch wohl selber nicht. Wenn es mehr Tote gibt, gibt es mehr, die sie retten können." Bel verzog das Gesicht.

Ales Haut begann zu dampfen. Sie hatte die Augen geschlossen. „Fuck. Ich kriege keine Verbindung." Ihr Blick schnellte zu mir. „Ich kann ihn nicht erreichen."

„Er ist bei Varaine. Es geht ihm gut", versicherte ich ihr und wandte mich an Bel. „Wenn kein Nachschub kommt, meinst du sie kriegen die Lage in den Griff?" Bel gehörte zu den wenigen Dämonen von der Ávila, die auf unserer Seite gekämpft hatten. Aber auch viele meiner Soldatinnen und Soldaten waren auf der anderen Seite eingeschlossen.

„Sie müssten es schaffen. Wahrscheinlich fällt ihr Höhenflug eh in sich zusammen, wenn sie merken, dass ihr Messias nicht kommt." Ich nickte. Wir mussten hoffen, dass die Dämonen sich wieder zusammenreißen würden.

Ale versteifte sich. Ihr Blick war starr auf die Wand gerichtet. „Sie durchsuchen das Schloss. Layken ist das Fehlen des Insignien Dolchs aufgefallen."
„Sag Zala, sie soll verschwinden", wies ich Ale an. Sie war blass geworden. „Und Nakir auch."

„Nakir, raus da. Sofort." Wenn er eine von beiden in die Hände kriegen sollte, wäre der Tod die freundlichste Option. Er würde wissen wollen, wo Vio ist und sie würden eher sterben, als es zu verraten. Oder zu sagen, dass sie es nicht wissen.

„Okay, ich komme." Wir verließen den Kerker und gingen nach oben. Das dauerte zu lange und ich wurde unruhig. Im Hauptteil des Schlosses, wo oft der Thronsaal war, war bei mir ein Aufenthaltsraum. In einer Ecke konnte trainiert werden. Meterhohe Regale waren mit Waffen aller Art gefüllt. Es gab eine Küche und Unmengen an Sitzgelegenheiten, verschiedene Spiele, um sich die Zeit zu vertreiben. Eine Ecke mit Büchern und eine mit Malsachen.

„Hey Boss", begrüßte Nakir mich. Zala stand neben ihr. Ich nickte ihr zu und ihr Blick fiel auf Ale und Cael. „Ihr beide solltet das Schloss nicht mehr verlassen. Auf euch ist ein Kopfgeld ausgesetzt. Weil ihr den Teufel bestohlen habt."

Ale grinste. „Aufregend, mal was Neues zu erleben. Toll, dass es geklappt hat, vorher noch die Gefangenen zu befreien und in die Menschenwelt zurückzubringen." Sie ließ sich auf eines der Sofas fallen. „Scheint als wären wir ab jetzt im Urlaub."

„Freu dich nicht zu früh. Hira und Iblis haben soeben ihr Kommen angekündigt. Sie übertreten gerade die Grenze."
„Dann hat nur Azael Urlaub. Mit seinem Freund. Der Glückliche." Ales Grinsen wurde etwas schwächer. Sie machte sich Sorgen.

„Diese Barriere ist richtig krass." Nakir ließ sich neben Ale fallen. Ihr Hijab war zerknittert, unordentlich. Etwas, was unter normalen Umständen nie passieren würde.

„Mal sehen, was die beiden Fürstinnen dazu zu sagen haben." Ich wandte mich an Cael. „Bereitest du die Ankunft der beiden vor?" Er nickte. Zala und Nakir gingen, um sich umzuziehen. Bel schloss sich ein paar anderen Dämonen beim Kickertisch an. „Was?", fragte ich Ale. Ihr Blick lag noch immer auf mir.

„Wieso habe ich das Gefühl, dass du eine Idee hast, wer hinter dieser Barriere stecken könnte?" Ihr Grinsen wurde spöttisch. „Weißt du, Vio ist nicht für jedes einzelne Wunder verantwortlich. Du kennst ihre Magie. Das war sie nicht." Jetzt klang sie bitter. „Wir wissen nicht einmal, auf welcher Seite der Barriere sie ist."

Ich wandte mich ab. Meine Montur war blutbeschmiert. Ich musste mich ebenfalls umziehen. „Hoffentlich auf der anderen."

Ale seufzte. „Hoffentlich."

Queendom of AshWo Geschichten leben. Entdecke jetzt