~3~

28 4 0
                                    

Viele Menschen sagen, dass die Zeit alle Wunden heilt. Dieser Ansicht bin ich nicht, denn auch wenn meine physischen Wunden verheilen, die psychischen tuen es nicht.

Im Gegenteil, ich habe das Gefühl, dass das Gefühl des Verlustes immer realer wird umso länger ich hier bin. Ich bin jetzt schon seit mehreren Wochen hier im Krankenhaus, wie viele genau kann ich gar nicht sagen. Es ist auf jeden Fall schon eine Weile. Mein Knie wurde in dieser Zeit ungefähr zweimal operiert, die Hoffnung das ich jemals wieder aufs Eis steige habe ich schon so gut wie aufgegeben. Obwohl ich auch gar nicht weiß ob ich das ohne IHN überhaupt möchte.

Der Arzt, der für mich zuständig ist, meinte dass ich in ungefähr einer Woche nach Hause dürfte. Ob ich das möchte ist die andere Frage, weil ich eigentlich eine schreckliche Angst davor habe. In meinem Zuhause sind viel zu viele Dinge, die mich an früher erinnern. An die Zeit mit meinem besten Freund.

Meine Eltern im Gegensatz zu mir waren begeistert, dass ich endlich nach Hause darf. So können Sie den Umzug, der dann hoffentlich auch bald beginnen wird, planen. Ich habe sie außerdem darum gebeten, dass sie schon mal alle meine Sachen in Umzugskartons packen, damit ich mir das ganze Zeug noch nicht angucken muss. Für diese Konfrontation bin ich noch nicht bereit. Ich befürchte nämlich, dass ich sonst noch tiefer in dieses schwarze Loch, dieses alles einnehmende Chaos in meinem Inneren fallen könnte. Ich weiß außerdem nicht wie das werden soll, wenn ich dann erstmal zuhause bin.

Das kleine Schlafproblem von kurz nach dem Unfall haben sich zu einer richtigen Schlafstörung entwickelt, sodass ich die letzten Wochen nur dank der Schlafmittel zur Ruhe gekommen bin. Mein Psychologe hat zudem festgestellt, dass ich eine starke Panikattacke bekomme sobald auch nur der Gedanke ans Auto fahren in meinem Kopf erscheint. So auch jetzt wenn ich nur über diese Tatsache nachdenke, verschnellert sich mein Herzschlag um ein Dreifaches. Schnell versuche ich die Methode, die der Psycho Doc mir gezeigt hatte. Ich gucke aus dem Fenster und beobachte die Menschen, beschreibe sie in meinen Gedanken und konzentriere mich darauf meine Atmung in einen ruhigen Rhythmus zu regulieren. Die angehende Panikattacke klingt dadurch schnell wieder ab und mein Atem beruhigt sich.
Ich würde behaupten der Psychologe hat in dieser Woche noch sehr viel zu tun, schließlich müsste ich rein theoretisch mit einem Auto nach Hause fahren. Meine Gedanken schweifen wieder ab. Mein Blick wechselt schon wieder von klar zu verklärt. Ich sehe nach draußen ohne wirklich etwas zu sehen. Im Hintergrund nehme ich noch die lauten Geräusche vom Flur wahr. Die Ärzte und Krankenschwestern, welche geschäftig über den Flur eilen, Familien die auf gute Nachrichten hoffen und Kranke, die mit ihrer Krankheit zu kämpfen haben. So viel Leid, Tod und Ungewissheit an einem Ort gebündelt. Mal wieder schweifen meine Gedanken ab, zu meinem eigenem Leid, welches mich nachts nicht schlafen lässt und tagsüber in Panik versetzt.

Mein Kopf denkt über die Vergangenheit nach, aber noch viel mehr über die Zukunft. Mein größter Traum wahr schon immer das Eislaufen. Das Eis stellte meinen größten Lebensinhalt dar und jetzt kann mir niemand sagen ob ich jemals wieder aufs Eis steigen kann. Und selbst wenn würde es ohne meinen Partner nicht das selbe sein. Ich bin Paareiskunstläuferin, die Einzel Küren waren bisher noch nie so mein Ding. Aber ich möchte mit keinem anderen außer meinem besten Freund, der seit wir das erste Mal mit unseren Kufen auf dem Eis standen an meiner Seite war, mit dem ich gelernt, geweint, verloren und gewonnen habe, auf dem Eis tanzen.
Aber so wie damals wird es nie wieder sein. Das ist vorbei. Für immer.

Diese Erkenntnis stürzt mich noch weiter in das schwarze Loch, in dem ich sowieso schon viel zu tief drin stecke. Ich konzentriere mich wieder auf die Menschen vor meinem Fenster. Eine junge Frau läuft hektisch auf die Bushaltestelle gegenüber zu, ein älterer Mann im Anzug steigt gerade aus einem Auto und läuft in das riesige Immobilien Gebäude, welches man von hier aus eher spärlich erkennen kann, ein Paar Mitte dreißig geht mit einem Kinderwagen am Straßenrand spazieren, ein Hund ist seinem Besitzer entwischt und läuft freudig einer Jugendgruppe entgegen. Alle scheinen mehr oder weniger glücklich. Sie gehen alle ihrem gewöhnlichem Alltag nach, während ich mich hier, in diesem Raum deren Decke mir allmählich auf den Kopf zu fallen scheint, frage wofür es sich für mich nun noch zu leben lohnt. Mich frage, warum es nur ihn getroffen hat und nicht lieber uns beide. Oder nur mich. Er hat das alles so nicht verdient. Aber er hätte auch nicht gewollt, dass ich mich jetzt so einfach aufgebe. Ich habe aber keine andere Wahl. Meine Gedanken erdrücken mich, sie wollen meinen Untergang, mein endgültiges zerbrechen. Meine Gefühle versuchen mich zu täuschen. In Anwesenheit anderer stellen sie sich taub, um sobald ich alleine bin, wie eine riesige Welle über mich herein zu brechen. Nur der Gedanke ans allein sein löst eine überdimensionale Nervosität in meinem Inneren aus. Eine Nervosität die mich erdrückt und nicht mehr loslassen möchte. Die Erinnerungen scheinen zwielichtige Spielchen mit mir zu spielen. Einerseits bringen sie mir meine innere Ruhe und einen leichten Anflug von Glück um dann andererseits alles in mir drin mit der Gewissheit zu zerstören. Die Gewissheit, dass nichts mehr so wird wie es einmal war.

Ich weiß ich wiederhole mich, allerdings wiederholen sich solche Gedanken in meinem Kopf ebenfalls in Dauerschleife, was es mir unmöglich macht lange an etwas anderes zu denken. Ich hoffe das endet irgendwann. Und hoffentlich nicht erst, nachdem ich endgültig aufgegeben habe.

Denn das haben meine Eltern und auch seine Eltern, die ebenfalls wie Eltern für mich waren und sind, nicht verdient.
Und du mein Freund. Du hättest auch nicht aufgeben.
Und du würdest mich auch niemals aufgeben.
~~~
Was für ein Kapitel...
Ich hoffe das Kapitel ist verständlich, ich bin mir nämlich nicht ganz sicher ob ich das verständlich geschrieben habe 🙈
Ich weiß nämlich nicht so recht ob ich die Gefühle, wie ich sie ausdrücken möchte so rüber gebracht habe. Habt ihr ein Feedback für mich? Wenn ja ab in die Kommentare damit —>
Ich hoffe trotzdem, dass es euch gefällt und schreibe jetzt fleißig weiter <3
Bis dann;)

 Habt ihr ein Feedback für mich? Wenn ja ab in die Kommentare damit —>Ich hoffe trotzdem, dass es euch gefällt und schreibe jetzt fleißig weiter <3Bis dann;)

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.
The Dance on Ice⛸️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt