Mein Herz rast, obwohl ich die Frage schon erwartet habe, steigt Panik in mir hoch. Alle starren mich an und bedrängen mich mit ihren Blicken. „Ich bin Hailey Greyson und bin siebzehn Jahre alt-", meine Stimme zittert „- und ich bin mit meinen Eltern gerade erst hier her gezogen.", hilflos schaue ich zu der Lehrkraft rüber, die mir daraufhin zur Hilfe eilt.
Sie fragt die Klasse ob noch irgendwer eine Frage hat, daraufhin melden sich drei Personen. Ein Junge und zwei Mädchen. Sie nimmt den Jungen, der anscheinend Jeremie heißt, dran.
„Hast du nen Freund?", fragt der Typ der in der hinteren Reihe sitzt. Er versucht flirtend zu klingen, was ihm deutlich misslingt. Ich schüttel verneinend den Kopf. Die Lehrerin wirft diesem Jeremie einen Missbilligenden Blick zu und nimmt eines der Mädchen dran. „Hast du irgendwelche Hobbys?", fragt das Mädchen freundlich.
Trotzdem wirft die Frage mich ein bisschen aus der Bahn und ich brauche einen kurzen Moment um die aufsteigenden Tränen und die Erinnerungen zu unterdrücken. Als ich mich dann einigermaßen gesammelt habe ist es sehr still in dem Klassenraum. Wenn man genau hinhört, hört man wie gebrochen meine Stimme klingt, die jetzt durch die Stille dringt. Die Wunde ist einfach noch zu frisch.Monoton antworte ich ihr. „Eislaufen. Ich war Paareiskunstläuferin.", ich spreche bewusst in Vergangenheitsform. Es ist für einen kurzen Moment wieder still im Raum. Diese Stille nutze ich dafür den Kloß in meinem Hals herunter zu schlucken. Ganz verschwinden tut dieser allerdings nicht. Die Lehrerin wendet sich der letzten Frage zu. „Wieso bist du mit deiner Familie hier hergezogen?", fragt diese, eine eigentlich recht harmlose Frage. Für mich allerdings ist diese Frage der Tropfen, der das Fass zum überlaufen bringt.
Ich bin wohl doch noch nicht bereit für diese direkte Konfrontation mit den Erinnerungen der letzten Wochen. Mein Körper erstarrt. Mir wird aus dem nichts eisig kalt. Die Gedanken rasen. Die Frage lasse ich unbeantwortet, sonst würde ich wohl hier vor all den fremden Menschen zerbrechen. Ich drehe mich mit steifen Gliedern zum Lehrerpult herum.
Die Lehrerin scheint zwar überrascht über meine Reaktion auf so eine simple Frage zu sein, aber da sie auch einen leicht wissenden Blick aufgelegt hat denke ich, dass sie nicht unbedingt unwissend über meine Situation ist. Sie scheint mein Schweigen richtig zu deuten. „Also wenn du möchtest Hailey, kannst du dich da vorne an den freien Tisch setzen.", sie zeigt dabei auf einen freien Fensterplatz. Ohne ein weiteres Wort zu sagen oder irgendeine Reaktion zu zeigen, laufe ich wie ferngesteuert in Richtung des freien Tisches in der Nähe des Fensters, das Getuschel der vielen fremden Schüler ignoriere ich gekonnt.
Ich setze mich umständlich auf den freien Stuhl, der näher am Fenster steht. Auch von hier habe ich einen atemberaubenden Blick auf den Waldrand. Die Krücken lehne ich gegen das Fensterbrett zu meiner linken. Die Klasse ist immer noch still. Deswegen ergreift mal wieder die Lehrerin die Initiative und beginnt mit dem Unterricht.
Nur nebenbei höre ich dem Unterricht zu und blende auch weiterhin die neugierigen Blicke meiner Mitschüler größtenteils aus. Meine Hauptaufmerksamkeit liegt auf dem Wald, er beruhigt mich und schenkt mir die Ablenkung, die ich in dieser Situation brauche.
Die Stunde zieht sich ewig lang und ich bemühe mich immer mal wieder meine Aufmerksamkeit auf den Unterricht zu lenken. Da werde ich plötzlich auf eine schnelle Bewegung im Gestrüpp aufmerksam die mich von meinem Vorhaben abbringt. Ich versuche zu erkennen was dort am Waldrand meine Aufmerksamkeit erregt, allerdings kann ich nichts erkennen. Ich wollte gerade meinen Blick wieder abwenden, da sehe ich so etwas, was irgendwie wie ein Hundeschwanz aussieht. Ehe ich es genauer betrachten kann, ist es auch sofort wieder weg.
Kurz darauf kommt ein junger Mann aus dem Wald gelaufen, der gehetzt auf den Schuleingang zusteuert. Kurz darauf verschwindet er im Schulgebäude. Habe ich mir das eben nur eingebildet oder was war das kurz vor ihm im Wald? Ich lasse meinen Blick überlegend wieder zurück zum Waldrand schweifen, aber von dem, was ich eben vielleicht oder vielleicht auch nicht gesehen habe, ist keine Spur mehr zusehen.
Meine Gedanken werden unterbrochen, da plötzlich die Tür zum Klassenraum aufgerissen wird. Gehetzt tritt der unbekannte von draußen durch die Tür. Verwirrt wirft er mir einen Blick entgegen, bevor er sich der Lehrerin zuwendet.
„Entschuldigen sie meine Verspätung Miss Fremble, ich musste Zuhause noch etwas wichtiges regeln", sprach er entschuldigend und irgendwie auch desinteressiert zu der Lehrerin, deren Namen ich nun auch weiß. „Du weißt ganz genau, dass ich so etwas in meinem Unterricht nicht dulde, Keno! Setz dich bitte und sei ruhig!" Nach diesen Worten drehte sich der Fremde, wobei für mich ja alle noch fremd sind, zur Klasse herum und lässt seinen Blick auf der Suche nach einem freien Platz schweifen. Als sein Blick bei mir hängen bleibt kommt er kurz ins zögern. Ich halte wie automatisch den Atem an und hoffe, dass er nicht auf die Idee kommt, sich neben mich zu setzen. Meine stummen Gebete wurden scheinbar erhört, denn als er sich in Bewegung setzte ging er an mir vorbei und setzt sich auf einen freien Platz schräg hinter mir.
Der Unterricht wird fortgeführt und mein Blick wandert wie selbstständig wieder zurück zum Fenster. Allerdings spüre ich den Rest der ganzen Stunde einen verwirrten Blick in meinen Rücken, der eindeutig von dem fremden aus dem Wald stammen muss.
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Mal wieder ein etwas kürzeres Kapitel:(
Ich hoffe es gefällt euch trotzdem!?
Ich will jetzt auch nicht weiter nerven ich gehe lieber weiter schreiben<3
Bis dann!
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The Dance on Ice⛸️
Manusia SerigalaGanz zu Anfang erstmal eine kleine Triggerwarnung. In meinem Buch werden einige Themen erwähnt und durchlebt, die manche nicht verkraften können. Von daher also die bitte; wenn ihr Themen wie zum Beispiel Tod, Depression, Blut und eventuell auch Erw...