Der Lehrer betritt den Raum. Meiner Meinung nach, sieht der, zugegeben etwas ältere, Typ auch aus, wie so ein typischer Mathelehrer.
Ergraute Haare, kariertes Hemd und blaue Jeans mit Aktentasche über der Schulter. Schweigend richtet er sich vorne seinen Arbeitsplatz ein, bevor er den Blick über die Klasse schweifen lässt. Mich Übersieht er getrost. Ob es jetzt beabsichtigt oder unbeabsichtigt ist, stören tut es mich nicht.
Ohne ein weiteres Wort dreht er sich wieder um und kritzelt sein heutiges Thema an die Tafel. Meine Finger fahren nervös über meinen Oberschenkel, während mein gesundes Bein nervös auf und ab wippt. Insgeheim ist mir nun schon seit einigen Minuten ganz flau im Magen. Und starke Kopfschmerzen wummern in meinem Schädel.
Der ganze geistige Stress fordert wohl seinen Tribut.
Ich kann es kaum abwarten bis dieser elendig langer erster Schultag endlich vorüber ist. Ein anderer, nicht gerade unbedeutender Faktor, für meine Nervosität ist die allzu präsente Person direkt neben mir. Der unbekannte hält zwar einen sehr diskreten Abstand, allerdings beunruhigt mich seine bloße Anwesenheit schon aufs äußerste. Ich weiß auch nicht woran das liegt, weil er eigentlich bisher nur nett und sehr zurückhaltend mir gegenüber war. Aber irgendwas hat er an sich, an seiner Aura, was in mir die Alarmglocken klingelt. Ich kann aber nicht sagen, was genau mich so beunruhigt.Mittlerweile hat der Lehrer das Thema, welches nun in Großbuchstaben an der Tafel tront, begonnen zu erklären. Zu meiner Erleichterung, ist das Thema eines der Themen die ich Zuhause, also ich meine in meinem alten Zuhause, schon behandelt habe. Das gibt mir ein bisschen Zeit mein inneres wieder unter Kontrolle zu bringen, ohne Gefahr zu laufen ein wichtiges Thema zu verpassen.
Auch während der nächsten halben Stunde wird mir nicht ein einziger Blick des Lehrers zu geworfen. Es scheint fast so als würde er mich absichtlich ignorieren, aber auch hierfür sehe ich keinen offensichtlichen Grund. Es könnte vielleicht aber auch an dem Typen neben mir liegen, der scheinbar auch von einigen Lehrern Respekt gezollt bekommt. Das ist äußerst eigenartig, allerdings habe ich gerade ehrlich gesagt nicht die Kraft mich weiterhin mit diesem scheinbar sehr anspruchsvollen Rätsel auseinanderzusetzen.
Schläfrig reibe ich mir über meine Nasenflügel. Ich bin fertig. Fertig mit meinen Nerven. Fertig mit meinen Erinnerungen. Fertig mit der Welt, dem Leben. Ich sollte mir vielleicht Hilfe suchen, bei meinem Psychologen vielleicht. Aber wer versteht mich schon? Ein junges Mädchen, welches eine wichtige Person viel zu früh verloren hat.
Nein, was sagen ich da. Maxim war nicht eine wichtige Person, er war die wichtigste. Mir würde es nicht helfen noch öfter dorthin zu gehen. Dr. Mandes kann sich einfach nicht in meine Lage hinein versetzen. Er begreift nicht, wie wichtig Maxim für mich war. Und wie schlimm und schmerzhaft die Gewissheit ist, nie wieder seine Stimme zu hören oder ihn in meine Arme schließen zu können.Der Drang mal wieder hemmungslos zu weinen ist übermäßig, doch ich habe noch nicht vergessen, wo ich mich gerade befinde. Deswegen versuche ich diesen Drang zu unterdrücken und mich auf das Unterrichtsthema zu konzentrieren. Einzig das zittern meiner Hände und meine leicht bebende Unterlippe verraten mich.
~~~Ich überstehe auch die restlichen, quälend langen Unterrichtsstunden des Tages. Nach dem Klingeln der letzten Stunde, eine Musikstunde die zu meinem Glück wegen Reparaturen in dem eigentlichen Musikraum ebenfalls in unserem Klassenraum stattfand, bin ich erleichtert den Tag geschafft zu haben. Und glaubt mir, wenn ich sage ich habe oft genug daran gezweifelt.
Aber ich habe es tatsächlich geschafft! Stolz auf den minimalistischen Fortschritt schließe ich für einen kurzen Moment geschafft meine zugegeben etwas müden Augen. Nur kurz, aber diese kurze Pause brauche ich gerade. Um ein bisschen kraft zu tanken, die ich für den Rückweg auf jeden Fall gebrauchen kann.Sie blieben allerdings nicht lange geschlossen, da ich durch ein schaben des Stuhles neben mir, aus meinem angenehmen Dämmerzustand gerissen wurde.
Der Fremde Junge schaut mir abwartend in die Augen. Es scheint fast so als würde er auf irgendwas warten oder etwas suchen, von dem er selber noch nicht weiß was es ist. Allerdings ist mir sein stechender Blick auf Dauer sehr unangenehm, sodass ich meinen eigenen sehr schnell von seinen abwende und mein Blick auf den Boden richte.
Mühselig raffe auch ich schnell meine Sachen zusammen und erhebe mich mit gepolter von meinem Stuhl.
Ich merke allerdings schnell, dass mein Gleichgewichtssinn mir einen Streich spielt. Dieser ist das lange aufrechte sitzen wohl nicht mehr gewohnt. Und ehe ich nach meinen Krücken greifen kann, geht mir auch der letzte erhaltene Rest des Gleichgewichtes flöten. Aber wider meiner Erwartungen lande ich nicht auf dem harten Boden des Klassenraumes, sondern an der Seite des Fremden Jungen, der scheinbar heldenhafte Reflexe zu haben scheint.„D-danke", bringe ich lediglich leise wispernd hervor. Und nehme meine Krücken aus seiner rechten Hand entgegen, um mich wieder aufrichten zu können.
Er erwidert allerdings nichts mehr, sondern dreht sich nur wortlos um und verschwindet aus dem Raum. Sein verwirrter Blick, den er mir beim gehen zurück wirft, entgeht mir dabei aber nicht.Und dann war ich endgültig alleine.
Ich nehme mir noch einen kurzen Moment um mich zu sammeln, ehe ich mich ebenfalls aus den Räumlichkeiten bewege und mich auf den Heimweg mache.
~~~
So es ist zwar ein bisschen her, seit ich das letzte richtige Kapitel hochgeladen habe. Dafür möchte ich mich entschuldigen, aber ich hatte einfach keine Zeit gefunden zum schreiben...
Deswegen auch nur ein kurzes Kapitel.
Ich werde mich bemühen schneller zu updaten, aber versprechen kann ich leider nichts.
Wir lesen uns dann bald im nächsten Kapitel ;)
DU LIEST GERADE
The Dance on Ice⛸️
Manusia SerigalaGanz zu Anfang erstmal eine kleine Triggerwarnung. In meinem Buch werden einige Themen erwähnt und durchlebt, die manche nicht verkraften können. Von daher also die bitte; wenn ihr Themen wie zum Beispiel Tod, Depression, Blut und eventuell auch Erw...