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Eine weitere Woche geht an mir vorüber, ohne das ich es wirklich realisiere. Die Tage fliegen in diesem tristen, sich Wiederholendem Ablauf an mir vorbei. Und ehe ich mich versehe ist auch schon der Tag der Tage gekommen.

Meine Eltern bestehen darauf, dass ich ab heute wieder in die Schule gehe. Insgeheim denke ich aber, dass sie darauf hoffen, dass ich dadurch wieder besser drauf bin. Aber das ist ja nichts, was man nach Belieben steuern kann. Das sind Gefühle, Ängste und Probleme, die sich nun Mal einfach nicht kontrollieren lassen. Sie sind unberechenbar, wie der April, der macht schließlich auch was er will.

Aber weiter im Kontext. Gestern Morgen kam meine Mutter in mein neues Zimmer gestürmt, und hat begeistert verkündet, ich zitiere: „Ab morgen gehst du wieder in die Schule. Keine Widerrede! Ich habe schon mit deinem Direktor telefoniert und dein Vater wird wenn er von der Arbeit kommt deine Schulsachen abholen."
Anschließend ist sie ohne noch weiteres zu sagen, oder gar eine Antwort abzuwarten wieder aus dem Zimmer gegangen. Und jetzt steh ich hier, auf einem Bein, fertig angezogen und möchte mich eigentlich nur noch weinend im Badezimmer verkriechen.

Am liebsten mit etwas Rauschmittel, also Alkohol, aber das verträgt sich leider nicht so gut mit meinen Pillen. Sterben will ich dann doch nicht, dass kann ich ihm nicht antun. Ich will ihn nicht enttäuschen. Er war noch nie ein allzu großer Fan von sowas. Sowohl von Drogen als auch von Alkohol hat er immer dankend die Finger gelassen. Ich Schweife schon wieder vom Thema ab, scheinbar ist mein Unterbewusstsein der aufrichtigen Meinung, dass heute nicht der richtige Tag für die Schule ist.

Ich überwinde meine Angst, indem ich über meinen inneren Schatten springe und die Treppe nach unten humple.

„Ah, da bist du ja. Hast du Hunger? Oh nein du bist spät dran. Ich packe dir was ein! Hier Bitteschön, steck dein Essen ein." mit diesen Worten drückt meine Mutter mir meine Brotdose in die Hand und zeigt dann zuerst auf die Schultasche neben mir und anschließend auf die Tür. Scheinbar wollte sie mich loswerden, denn ich bin keinesfalls zu spät dran. Trotzdem tue ich wie mir gesagt und mache mich langsam auf den Weg zur Schule.

Ich habe gerade das erste Hindernis überwältigt, die Veranda Treppe, da fällt mir ein weiteres Problem ein. Wie zur Hölle geht es jetzt zu Fuß zur Schule? Ja ich weiß ich dachte ich wüsste es noch vom Arztbesuch, aber ich hatte schließlich auch Beruhigungsmittel intus.
Ich bemühe mich also mein Handy aus meiner Jackentasche raus zu fummeln. Das dauerte allerdings einen Moment weil ich mich wegen der Krücken fast auf den Asphalt gelegt hätte. Als ich dann das Handy unbeschadet in meiner Hand halte, öffne ich Google Maps und suche nach der schnellsten Fußroute zur Schule.

Der Weg startet nach rechts, weswegen ich das Handy wieder sicher verstaue, um dann in die Angezeigte Richtung zu humpeln. Es dauert nicht allzu lange, da knickt der Weg, dem ich folgen soll, von der Straße ab und führt in den Wald, der mir in den letzten Tagen von meinem Zimmer aus ein großer Trost war. Nach einigen weiteren Minuten umgibt mich endgültig die sichere Stille des Waldes, keine Motorengeräusche mehr, die mir eine unterschwellige Panik bereiten.

Ich kann mich noch an den Winter Urlaub von vor zwei Jahren erinnern. Maxim und ich waren das erste Mal alleine im Urlaub, wir waren damals beide fünfzehn Jahre alt. Wir hatten einen Internationalen Wettbewerb in Europa und unsere Eltern dachten, wir könnten nach dem Stressigen Wettbewerb ein paar Tage frei vertragen. Wir sind dann nach dem Wettbewerb in eine Waldhütte gefahren worden und waren da dann drei Tage auf uns allein gestellt. Das Problem war nur, dass zu der Zeit weder Maxim noch ich wirklich kochen konnten.
Ein kleines Lächeln huscht mir bei dieser Erinnerung über die Lippen. Es waren sehr schöne Tage. Am letzten Tag lagen wir eingepackt in unsere Schneeanzüge im Schnee und haben uns ein Versprechen gegeben. Wir haben uns versprochen das wir uns gegenseitig niemals im Stich lassen und durch das Schlittschuh laufen immer verbunden bleiben, egal was passiert. Wir wollten irgendwann bei den Olympischen Spielen mitmachen. Dazu wird es wohl nicht mehr kommen. Maxim ist nicht mehr da und ich werde vielleicht nie mehr in der Lage sein Schlittschuhe zu laufen.

Ich habe gar nicht bemerkt, dass ich stehengeblieben bin. Mit einem kurzen Blick auf die Uhr, gehe ich schnell weiter, nicht das ich noch zu spät komme. Es wird auch so schlimm genug, schließlich bin ich die neue. Die Neue, die auch noch psychische Probleme hat. Kein allzu prickelnder Gedanke. Es dauert denke ich auch nicht mehr lange, bis ich an dem Schulgebäude ankomme. Mit einem bangen Gefühl im Magen gehe ich weiter, wobei ich sagen muss, dass wenn ich jetzt nicht in so einer beruhigenden Umgebung wäre, ich wahrscheinlich schon längst eine Panikattacke bekommen hätte. Und auf diese kann ich getrost verzichten. Dieses Gefühl der Hilflosigkeit, wenn sie einen überrollt ist unerträglich.

Es dauert tatsächlich nicht mehr lange bis zum Schulgelände, da ich es ein paar Minuten später zwischen dem Geäst erkennen kann. Ich beeile mich. Denn ich bin glaube ich schon etwas spät dran. Ich stehe schließlich vor einer großen Eingangstür und es stehen tatsächlich noch einige Schüler hier draußen. Scheinbar habe ich es gerade noch rechtzeitig geschafft.

Ich betrete mit auf den Boden gesenkten Blicken das Gebäude und versuche mich zu orientieren. Ich stehe in einer relativ großen Aula die in einem eher altmodischen Marmor Stil gestaltet ist. Gerade aus führt eine breite Treppe in ein weiteres Stockwerk hinauf. Links und rechts gehen lange Gänge ab, die zu verschiedenen Räumen führen. Also ich meinen Blick schweifen lasse, fällt mir auf der linken Seite in dem Gang ein Gebäudeplan auf. Den ich nun auch näher betrachten möchte. Ich humple weiter in dessen Richtung und studiere anschließend die gezeigte Karte. Ich muss mich wohl wie es aussieht mit meinem Endgegner Auseinandersetzen. Der Treppe. Wie es aussieht komme ich wohl doch zu spät.

Eine gefühlte Ewigkeit später habe ich die Treppe erklommen und lehne mich oben gegen das Gerüst um meinem Schmerzenden Bein eine kleine Pause zu gönnen. Aber ich hatte nicht lange Zeit um den Schmerz weg zu atmen, denn gerade als ich den Gedanken an eine Schmerztablette denke, tippt mir jemand auf die Schulter. Irritiert drehe ich mich mühsam zu der Person um und erkenne eine Frau mittleren Alters.

„Alles gut bei dir? Du siehst etwas gequält aus.", fragt sie mich sobald sie bemerkt, dass sie meine ungeteilte Aufmerksamkeit hat. „ja alles okay ich bin bloß etwas geschafft von der Treppe und suche jetzt meinen Klassenraum.", ich erkenne meine Stimme selbst nicht wieder. Sie klingt gebrochen und kraftlos. Überlegend mustert sie mich von oben bis unten. „Bist du nicht das neue Mädchen, welches in den 11. Jahrgang gehen soll?", fragte sie und schaut mir erwartungsvoll ins Gesicht. Ich nicke zögerlich, was sie erfreut zur Kenntnis nimmt. „Dann hast du wohl Glück, wie es aussieht bin ich deine neue Klassenlehrerin. Komm ich nehme dich mit zum Raum.", erwiderte sie freundlich und auffordernd auf mein Nicken hin. In den nächsten drei Minuten sagt keiner ein Wort, bis wir vor einer Zimmertür zum stehen kommen. Sie öffnet die Tür und tritt mit mir im Schlepptau in den Raum hinein. Alle blicke ruhen plötzlich auf mir und ich fühle mich sehr unwohl. Und dann kommt der Part vor dem ich am meisten Angst habe. „Wir haben ab heute eine neue Mitschülerin, magst du dich vielleicht einmal vorstellen?"
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So ihr erster Tag in der Schule. Wie findet ihr das Kapitel? Würde mich Mal über Rückmeldungen freuen.
Bis dann <3

 Bis dann <3

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