Kapitel 5

88 5 3
                                    

Emma P.o.V.
Auf dem Weg zum Sportplatz sagt keiner von uns etwas.
Wir kommen gerade am Tor an, als Justin stehen bleibt und sich zu mir dreht.
"Ich muss jetzt in die Umkleide, aber du kannst gerne mitkommen und die Aussicht genießen" , sagt er mit einem dreckigen Grinsen.
"Nein danke, ich verzichte lieber." , antworte ich angewidert.
"Da verpasst du aber was! Naja, dein Pech. Dann kannst du schon mal zur Tribüne gehen und dort auf mich warten."
"Ok." , gebe ich zurück und mache mich auf den Weg zur Tribüne.
Keine 5 Minuten später sehe ich Justin in einem roten Trikot, einer roten kurzen Hose und neongelben Fußballschuhen zu mir herüber joggen.
Als er vor mir steht, scheint er gar nicht aus der Puste zu sein, obwohl er gerade ungefähr 30 Meter gejoggt ist.
Ich wäre schon nach 10 Metern vollkommen aus der Puste gewesen.
Du bist auch der Unsportlichste Mensch den ich je gesehen habe.
Na, sind wir heute mal wieder freundlich?
Zu dir immer doch.
Ja, ja, ich dich auch.
Plötzlich meldet sich Justin zu Wort:
"Die Jungs und ich müssen trainieren, also darfst du jetzt hier rumsitzen und uns beim Spielen zusehen. Fang bloß nicht an zu sabbern, wenn ich anfange." , sagt er mit seinem typischen Grinsen.
"Ich versuch's" , antworte ich sarkastisch.
Er zwinkert mir zu und geht zu den anderen Jungs, die sich mittlerweile schon alle umgezogen haben.
Unter ihnen erkenne ich ein paar mir bekannte Gesichter.
Zum Beispiel sind da Jungs aus meiner Reliklasse.
Wie die heißen, weiß ich aber nicht mehr, da ich mir generell die Namen von unwichtig Menschen nie merke.
Für was denn auch, wenn ich nicht mit ihnen rede?
Nachdem der Trainer, ich nehme zumindest mal an, dass er der Trainer ist, da er so um die Ende zwanzig ist, gekommen ist und fünf Minuten lang mit den Jungs geredet hat, verteilen sich die Jungs quer über den grünen Rasen.
Als ich Justin wieder entdecke, steht er ziemlich weit links und vor dem gegnerischen Tor.
Also nehme ich mal an, dass er ein Stürmer ist.
Woher ich das weiß?
Meine Cousins kommen jeden Monat zu uns zu Besuch, da ihre Mutter die Schwester meiner Mutter ist und das telefonieren ihnen nicht reicht, da 'das nicht das selbe ist' , wie meine Mutter immer sagt, und sie 2 Stunden mit dem Auto von hier entfernt wohnen.
Wie dem auch sei, sind die beiden, Noah und Oliver, 14 und 17 Jahre alt und die totalen Fußball-Freaks!
Deswegen zwingen sie mich jedes mal mit ihnen Fußball zu gucken und nach einer Zeit lang gewöhnt man sich daran.
Mittlerweile finde ich es sogar ganz interessant, Fußball zu gucken. Vor allem mit Noah und Oliver, da sie sich immer über die einzelnen Spieler und ihr Verhalten aufregen.
Inzwischen spielen die Jungs auf dem Feld schon seit 10 Minuten und mein Blick ist die ganze Zeit auf Justin gerichtet.
Er sieht schon nicht schlecht aus mit den leicht geröteten Wangen und den einzelnen Haarsträhnen, die ihm ins Gesicht fallen.
Aha, also studierst du gerade sein Gesicht.
Tu ich gar nicht!
Ja,ja, rede das dir ruhig weiterhin ein. Irgendwann gestehst du es dir selber zu.
Da kannst du lange darauf warten.
Ich zucke zusammen, als ich eine Pfeife höre.
Der Trainer hat gepfiffen und rennt jetzt quer über den Platz.
Ich schaue in die Richtung, in die er rennt und sehe, dass sich gerade zwei Jungs prügeln.
War ich echt so in meinen Gedanken versunken?
Ja warst du.
Wie dem auch sei, erkenne ich beim genaueren Hinschauen, dass es dich bei den zwei Jungs um Justin und den einen Jungen aus meiner Reliklasse handelt.
Aber wieso schlagen die sich mitten im Spiel?
Ich beobachte die Auseinandersetzung noch eine Weile, bis ich dann beschließe aufzustehen und mit dem Trainer zu versuchen die beiden Jungs auseinander zu bringen.
Dort angekommen sehe ich die Verzweiflung des Trainers und schaue dann wieder zu Justin und dem Jungen, dessen Name mir immernoch nicht eingefallen ist.
"Justin?" , versuche ich verzweifelt seine Aufmerksamkeit zu bekommen.
Als er meine Stimme hört, schaut er zu mir nach oben.
Er guckt mich überrascht an und schaut sich dann um sich herum um.
Er hat wahrscheinlich erst jetzt gemerkt, dass alle aufgehört haben zu spielen.
Er steht auf und meidet jeglichen Blickkontakt mit uns allen.
Danach kommt er auf mich zugelaufen, greift nach meinem Handgelenk und zieht mich mit sich.
Ich lasse mich mitreißen, bleibe jedoch am Ausgang des Sportplatzes stehen.
Er merkt das und dreht sich mit hochgezogenen Augenbrauen um, als wüsste er nicht wieso ich stehen geblieben bin.
"Was war das gerade eben?" , frage ich ihn.
"Was meinst du?" , sagt er als wüsste er nicht wovon ich rede.
"Du weißt genau was ich meine!" , antworte ich drohend.
"Ah nichts, wir waren uns nur in einer Sache nicht einig. Nichts besonderes." , sagt er als ob er sich gerade nicht was weiß ich wie lange mit einem Jungen geprügelt hätte.
"Da sagt dein blaues Auge und deine blutende Lippe was anderes." , sage ich zu ihm.
Er fasst sich an seine Lippe und scheint erst jetzt zu realisieren, dass er ein paar Wunden von der Schlägerei hat.
"Komm mit. Wir gehen erst mal zu mir und ich schaue mir deine Wunden an." , biete ich ihm an.
Zu meiner Verwunderung widerspricht er mir nicht und setzt sich in Bewegung.
+-+-+-+-+-+-+-
"Also soweit ich das sehen kann hast du ein blaues Auge, eine blutende Lippe und ein paar Schürfwunden an den Armen und Beinen." , stelle ich fest, als wir uns in meinem Badezimmer befinden.
"Warte kurz ich hole nur schnell den Erste-Hilfe Koffer" , sage ich während ich schon aus dem Zimmer laufe.
Als ich den Koffer nach 3 Minuten im Wohnzimmer gefunden habe, mache ich mich wieder auf den Weg nach oben.
Als ich herein komme, sehe ich einen oberkörperfreien Justin, der sich seinen Rücken im Spiegel anschaut.
Ich kann meinen Blick nicht von seinem ziemlich gut trainierten Oberkörper wenden.
Also findest du ihn doch heiß!
Ich ignoriere die Stimme in meinem Kopf und widme mich wieder Justin.
Erst jetzt entdecke ich den riesigen Kratzer, der sich fast über seinen ganzen Rücken erstreckt.
"Das sieht echt übel aus." , ist das einzige was mir einfällt.
"Fühlt sich auch dementsprechend an" , sagt er mit einem schmerzverzerrtem Blick.
"Wenn du willst, kann ich diesen Kratzer auch versorgen." , schlage ich ihm vor.
"Ja, bitte." , antwortet er und setzt sich vor mich hin, damit ich seine Wunde am Rücken verarzten kann.
Nachdem ich fertig war, steht er auf, zieht sich sein T-Shirt wieder über und läuft in Richtung Tür.
"Scheiße!" , höre ich ihn rufen.
"Was ist denn los?" , hacke ich nach.
"Ich hab meine Sachen auf dem Sportplatz vergessen!" , sagt er ganz aufgebracht.
Gerade als er die Haustür hinter sich schließen will, dreht er sich noch zu mir um und sagt:"Das, was heute passiert ist darf keiner erfahren!"
"Was meinst du?" , frage ich verwirrt.
"Das." , antwortet er und zeigt erst zu mir und dann zu ihm.
Ich nicke, um ihm zu versichern, dass ich es niemandem sagen werde.
Er nickt auch und schließt die Tür.
Hat Justin doch eine andere Seite?

Sitting toghetherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt