Kapitel 08 - Jeanne ✓

143 7 0
                                    

Meine werte Schwester sah mich wütend an. Nichts Neues. Ich war bekannt dafür, andere wütend zu machen. Und natürlich auch... anderes.
„Wag es nicht ihnen von meinem Beruf zu erzählen! Du hast es versprochen!" Jetzt sah ich auch so etwas wie Furcht in ihren Augen aufblitzen. Wunderbar, ich liebte dieses Gefühl, wenn es wegen mir aufkam.
Eine meiner Mundwinkel zuckte amüsiert. „Ach Schwester, eigentlich sollten dir doch nun schon zwei Dinge klar sein: Ich schere mich einen Dreck, ob ich andere mit dem, was ich mache, verletzte und außerdem: Ich gebe keine Versprechen. Und ich habe niemals versprochen, es ihnen nicht zu sagen. Ich tue es einfach nicht. Aber das liegt einzig an meiner Gutherzigkeit." Spott triefte aus meiner Stimme und ich zwinkerte ihr vergnügt zu.
Ihre Augen kniffen sich zu schmalen Schlitzen und sie sah sehr, sehr wütend drein. Dann änderte sich ihr Gesichtsausdruck und Überlegenheit machte dem Platz. „Warum bist du eigentlich hier? Du hast abgelenkt, also sag Schwester, was hast du vor und warum habe ich die Ehre deiner Gesellschaft?" Wieder ein zuckten meiner Mundwinkel.
Ich sah ihr einige Minuten einfach nur in die Augen, bis ich schließlich sagte. „Hol dein Handy heraus, werf was aus dem Fenster, komm zu mir und ich schaue, ob du mich in keine Falle bringen wirst."
Sie presste die Lippen verärgert aufeinander, tat aber, was ich ihr befohlen hatte, und kam dann zu mir. Ohne Scham tastete ich sie auf rein professioneller Basis ab und nickte dann. Meiner Schwester war nicht zu trauen und ich wusste, dass sie mir ohne zu zögern ein Messer in den Rücken rammen würde. Im übertragenen Sinne und im Wörtlichen.
„Also gut, wenn ich es denn immer wiederholen muss. Ich bin hier wegen eines Opfers, weißt du das nicht langsam? Ich werde von Leuten beauftragt, bestimmte andere Leute, deren Feinde, zu quälen und zu foltern. Und ich bin gerade an einem Opfer dran. Und nein, ich werde dir nicht sagen, wer es ist."
Wieder ein düsterer Blick. Das, was ich ihr gerade gesagt hatte, waren keine neuen Informationen und das wussten wir beide nur zu gut. Beiläufig fragte ich. „Und wie geht es Mom und Dad auf ihrer einsamen Insel?" Wir hatten früh gelernt, keine Namen von Orten auszusprechen. Abgehört konnte man nämlich überall, die Frage war dann nur, von wem und ob derjenige einem gut oder schlecht gesonnen war. Also ein riskantes Spiel, das man auch gleich vermeiden konnte.
Und vielleicht war meine Schwester mir gegenüber nicht loyal, aber meinen Eltern schon, obwohl diese viel schlimmere Schandtaten vollbracht hatten als ich. Aber die beiden waren nun mal unsere Eltern und ich eben nur ihre Schwester.
„Gut." Antwortete sie einsilbig und schien beleidigt. Warum denn jetzt schon wieder? Mitmenschen, so hatte ich gelernt, waren oft beleidigt oder fühlten andere, irrationale Gefühle. Vielleicht war ich einfach abgestumpft. War es schlecht, dass mir der Gedanke völlig egal war?
„Nun... wenn es das war... könntest du dann verschwinden?" Ich nickte in Richtung Tür.
Wie ein kleines Kind verschränkte sie die Arme vor der Brust. „Ich bin nicht hier, um mal kurz Hallo zu sagen, Schwester. Ich bin hier, weil ich mich als Lehrerin gemeldet habe. Um genau zu sein: In Kunst."
Jetzt war ich es, die unzufrieden dreinblickte. Es entwickelte sich gerade alles eindeutig nicht zu meinen Gunsten. Und das gefiel mir wiederum noch weniger. Doch ich ließ mir nichts anmerken und erwiderte gelangweilt. „Schön für dich, du weißt ja, wo die Tür ist, oder?"
Ohne weiter auf sie zu achten, blickte ich auf mein Buch hinab. In einem Buch, das leer war. Aber das wusste meine Schwester ja nicht.
Sie schnaubte, dann hörte ich, wie sie mit klappernden Schuhen den Raum verließ und knallend die Tür hinter sich schloss. Sie hatte es schon immer versucht zu verbergen, aber sie konnte ihre Gefühle nicht besonders gut zügeln. Aber vielleicht würde sich das im Alter noch legen, wobei sie bereits sechsunddreißig war. Nun... es war trotzdem noch weniger als die Hälfte eines normalen Lebens. Außer natürlich, sie würde unerwartet früher sterben...
Ich klappte das Buch, das ich bereits bei ihrer Ankunft geöffnet hatte, zu und wartete noch kurz. Als alles ruhig blieb, packte ich meine Sachen zusammen und ging zu einer der verhassten Unterrichtsstunden. Ich hatte nicht viele, aber ich hatte es nicht einrichten können, nur Drews Klasse zu unterrichten. Das wäre aufgefallen und außerdem war ich mir sicher, dass das nicht einmal erlaubt war. Normalerweise scherte ich mich ja nicht darum, was man durfte und was nicht, doch in dem Fall gab es da kein herum Gerede. Es war, wie es war.

𝗦𝗪𝗘𝗘𝗧𝗜𝗘 - kleine, devote Sklavin (2) (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt