Kapitel 20 - Jeanne ✓

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   Ich presste wütend die Lippen aufeinander und nahm Drew das Handy ab. Dann knurrte ich in das Handy. „Mach dich nicht lächerlich, Marcy. Wir wissen beide, dass du mich mit so einer schnöden Warnung nicht aufhalten kannst. Und wenn doch, bist du sogar noch dümmer, als ich dachte.“ Damit legte ich auf und Drew sah mich erschrocken an.
   „Was machst du da?“ Flüsterte sie leise.
   „Wonach sieht es denn aus? Deine Telefonate erledigen.“ Sagte ich kurz.
   Sie sah mich an, als warte sie auf etwas und stieß schließlich aus. „Wohin wolltest du gehen?“ Ihre Stimme zitterte.
   Genervt hob ich eine Braue. „Was glaubst du, dass es dich angeht?“
   „Aber … du gehst doch nicht, oder?“ Flüsterte sie leise und schluckte hart.
   Ich betrachtete sie und mir wurde klar, dass ihr so etwas wohl in den Sinn gekommen war, als ich sie aus meiner Hütte geworfen hatte. Ich schüttelte missbilligend den Kopf. „Drew, Drew, Drew. Glaubst du, ich lasse dich einfach davonkommen? Wir haben noch einiges vor uns. Und jetzt komm mit.“
   „Wohin?“
   Ich lächelte im Stillen über sie. „Natürlich zu Marcy Lorcoi. Sie weiß wahrscheinlich etwas. Und ich, du und Cassadin werden es aus ihr herausbekommen.“
   Sie sah mich verständnislos an. „Cassadin?“
   Ich verdrehte die Augen. „Ja. Frag nicht. Komm jetzt mit oder lass es. Aber um es vor wegzunehmen: Das folgende ist nicht für schwache Nerven.“
   Ich war stolz auf meine kleine Sklavin, als sie trotzdem entschlossen das Kinn reckte und sagte. „Ich werde mitkommen.
   Meine Lippen zuckten. „Wunderbar. Dann komm.“ Sie kam, aber ich hielt mitten im Gehen inne, weil eine neue Nachricht auftauchte. Für Lehrer galt das Handyverbot nicht. Und gerade hatte ich eine Nachricht von dem Direktor erhalten. Es sollte eine Schulversammlung geben. Ich runzelte die Stirn. Die Sache mit Marcy Lorcoi hatte ich sowieso schon aufschieben müssen und jetzt wieder?
   Aber ich wollte wissen, was da los war. Und es würde hoffentlich nicht allzu lange brauchen. „Wir machen noch einen kleinen Umweg.“ Sagte ich zu Drew und schrieb Cassadin außerdem, dass er auf uns warten sollte.

   Es war später Abend und der Direktor stand vor den Schülern und Lehrern. Als sich das Getümmel langsam beruhigt hatte und sich alle gesetzt hatten, entstand eine angespannte Stille.
   Der Direktor räusperte sich geräuschvoll und machte dann eine traurige Miene. Obwohl man im Grunde sehen konnte, dass er eigentlich nichts davon fühlte. „Also gut machen wir es kurz. Herr Deicksler, von vielen Schülern der Biologielehrer, wurde heute Abend tot vorgefunden. Jedenfalls …“
   Ich hörte nicht länger zu. Sondern wandte mich Drew zu. Sie hatte es ebenfalls gehört und ihre Augen waren erschrocken geweitet. Ich entschied, dass wir hier nicht länger zu sein brauchten und zog sie hinaus.
   Als wir draußen waren, fragte ich scharf. „Gibt es etwas, was du mir sagen willst?“ Mir war klar, dass sie den Lehrer nicht getötet hatte, aber sie hatte Informationen und gerade hatte ich wirklich nicht die Nerven nett zu bleiben.
   Drew starrte mich aus großen Augen an und machte schließlich den Mund auf, um zu sagen: „Ich hab’ es nicht erwähnt, weil ich nicht dachte, dass es wichtig wäre. Aber … nun. Heute, so später Mittag, vielleicht um drei Uhr, habe ich Herr Deicksler telefonieren hören. Nur wer sein Gesprächspartner war, habe ich nicht herausgefunden.“
   Ich kniff die Augen zusammen und starrte in die Ferne. „Am besten gehen wir jetzt erst einmal zu Marcy. Vielleicht klärt sich das Puzzle dann. Denn …“ Ich gab folgende Worte nicht gerne zu, aber sie mussten gesagt werden. „… ich habe ausnahmsweise mal keine Ahnung, was hier verdammt noch mal los ist und wer was getan hat.“
   Drew starrte mich stumm an und ich konnte mir schon denken, was sie dachte. Dass ich sonst nie gestresst war. Aber ich war eigentlich nicht gestresst. Sondern extrem angepisst, wie wenig ich wusste. Ich hatte immer alles gewusst und dabei zugesehen, wie die anderen blind herumstolperten, während alles doch bereits offensichtlich war.
   Jetzt erfuhr ich wohl, wie es sich anfühlte, wenn man nicht wusste, … Ich war hier hergekommen, um das Leben von Nathaniel Dorges zu zerstören und das am besten mit Informationen, die an die Öffentlichkeit gerieten. Aber das Thema war wegen Julian jetzt Geschichte. Und ich wollte nicht länger wissen, was Sache war, weil es ein Auftrag war, sondern weil es nicht nur an meinem Stolz kratzte, sondern irgendwie auch für … Drew. Ich konnte es selbst kaum glauben. Ich hatte noch nie Informationen für eine andere Person herausfinden wollen. Einfach so. Ohne etwas zu fordern. Auch wenn ich irgendwie ja schon etwas von ihr forderte, wenn man nicht außer acht ließ, was ich so mit ihrem Körper anstellte.
   Wir kamen an Cassadins Wagen an und ich klopfte an die Scheibe. Er ließ einen Spaltbreit herunterfahren und sagte lediglich. „Kommt rein.“
   Wir setzten uns nach hinten, während Cassadin fahren würde. Die Fahrt begann und Cassadin fragte gleichgültig wie es schien. „Was hat euch aufgehalten?“
   „Herr Deicksler ist tot.“ Antwortete ich kurz angebunden.
   „Du?“ Fragte Cassadin.
   Ich hob eine Braue. „Wenn, hätte ich das schon hinzugefügt. Nein, ich nicht. Und genau das gefällt mir nicht. Ich weiß eigentlich alles. Und es gefällt mir noch viel weniger, dass es dieses Mal nicht so ist.“
   Cassadin spannte den Kiefer an. „Ach … übrigens. Wir werden verfolgt.“
   Ich spannte mich an und starrte Cassadin an. „Seit wann?“
   „Keine Ahnung. So ungefähr seit fünf Minuten, wenn ich schätzen müsste.“ Antwortete Cassadin geübt und schaute in den Rückspiegel. Ich bemerkte, dass er ein guter Fahrer war. Aber nicht gut genug. Das fand ich heraus, als ich das Auto hinter uns sah. Ich erkannte bereits nach ein paar Sekunden, dass es ein schwarze Wagen war, der uns verfolgte.
   Wir hielten an einer Ampel. „Rück zur Seite. Ich fahre.“
   Cassadin sah kurz zu mir hinter und starrte mich ungläubig an. „Ernsthaft jetzt? Das kann nicht …“
   Ich presste die Lippen aufeinander und sagte schließlich knurrend. „Mach, was ich dir sage oder es sieht schlecht für uns aus. Egal, wer uns da verfolgt, es gefällt mir nicht. Jetzt rück zur Seite.“
   Er tat widerwillig, was ich sagte und gerade als ich mich auf den Fahrersitz gehievt hatte, begann die Ampel wieder auf Grün umzuschlagen. Aufregung kribbelte durch meinen Körper, trotzdem blieb ich ruhig und gefasst. Mein Blick war auf die Straße vor und rechts und links von uns gerichtet. Ich blickte in den Rückspiegel. Es begann zu regnen. Immer heftiger, bis nicht mehr viel zu sehen war. Einerseits gut – andererseits schlecht.
   Wenn die hinter uns nicht so gute Fahrer waren, hatten wir einen Vorteil. Andersherum … nun, das würde sich wohl zeigen. Ich ließ den Wagen vor einer Abzweigung ganz plötzlich dort einschlagen. Hupende Autos hinter uns zu hören. Ich ignorierte es.
   Bei der nächsten Kreuzung musste ich nicht lange nachdenken, wohin wir fahren würden. Der Regen wurde stärker, prasselte herunter als hätte er eine verdammte Wut. Wenn die Leute wussten, wo wir … ich sah den schwarzen Wagen etwas entfernt hinter uns. Und als ich um die nächste Ecke raste, wurde mir etwas klar, als der Wagen uns wieder folgte. Ich hatte ein gutes Gespür und bei diesem Wagen erkannte ich deren Absicht.
   Sie versuchten, uns auszuschalten. Was so viel hieß wie: Töten. Der Wagen hinter uns wollte uns töten. Oder besser, die Leute darin. Ob es nur Auftragsmörder waren oder die Person selbst, die uns umbringen wollte, war gerade nicht wichtig. Ich wusste nur, dass diese Leute mich offenbar nicht gut genug kannten, wenn sie glaubten, mich, Jeanne Rough, mit so etwas, töten zu können.
   Ich war eine ausgezeichnete Autofahrerin und hatte mit meiner Schwester früher Verfolgungsjagden gemacht. Ich wusste, worauf es ankam. Und ich wusste nach einer Weile auch, dass ich es schaffen würde. Sie waren gut. Aber nicht gut genug. Sie würden nicht nahe genug kommen, dafür würde ich sorgen.
   Und ich hatte bereits einen Plan. „Cassadin, guck mal in meiner Tasche, da sollte Sprengstoff sein.“
   Cassadin sagte erst nichts, dann rief er entsetzt. „Du hast was?!“
   „Mach es verdammt noch mal, außer du willst sterben. Denn darauf sind die Typen hinter uns aus.“
   Drew holte statt Cassadin den Sprengstoff heraus und fragte, während sie es in den Spiegel hielt. „Richtig?“
   „Richtig. Wenn ich sage, ‚jetzt‘ dann wirfst du es auf den Wagen hinter uns, okay? Wenn du nicht triffst, könnte es Unschuldige treffen.“ Sagte ich messerscharf. „Allerdings habe ich noch mehr.“
   Drew gehorchte und hielt den Sprengstoff griffbereit, das Fenster hatte sie bereits geöffnet. „Cassadin, halt Drew fest, damit sie nicht aus dem Fenster fällt, kapiert?“
   Cassadin nickte. Doch als wir eine einsame Straße entlangfuhren, begann der erste Schuss. Sie schossen daneben, aber es traf trotzdem ein Fenster. Glas splitterte. Chaos brach aus. Doch ich blieb ruhig und blickte weiterhin auf die Straße. Ohne mich umzudrehen, forderte ich Drew auf, nachdem ich noch einmal zurückgesehen hatte. „Jetzt!“
   Drew hatte bereits das Fenster geöffnet und beugte sich heraus. Und dann warf sie. Sie traf sofort und unwillkürlich war ich stolz auf sie. Mit einem unglaublichen Lärm explodierte das Auto mit seinen Insassen. „Mach ein Foto.“ Befahl ich Cassadin, der das auch sofort tat.
   „Warum?“ Fragte Cassadin allerdings sofort. Plötzlich so gesprächig?
   Ich lächelte kalt in den Spiegel und sagte. „Um es der guten Marcy zu zeigen. Ich bin sicher, sie wird das Reden schnell wieder lernen, wenn sie das sieht. Ob das nun Leute von ihr waren oder der Person, die ihre Hilfe gefordert hat, ist wohl die Frage.
   „Ist diese Marcy eigentlich … gefährlich?“ Fragte Drew plötzlich zögerlich.
   Jetzt hob ich spöttisch eine Braue. „Kommt darauf, an, wen du fragst. Sie wird uns nicht gefährlich kommen. Aber einem Zivilisten kann sie schon Angst einjagen. Solange du nur kein einziges Wort glaubst, das sie nicht unter größten Schmerzen sagt, ist alles gut. Sie hat Informationen, aber man muss bei ihr bestimmte Methoden anwenden, damit sie auch die Wahrheit erzählt und diese nicht mit Lügen schmückt.“
   Drew schluckte sichtlich und ich konnte nicht anders als zu grinsen. Sie war wirklich immer wieder eine Erfrischung.
   Den Rest des Weges schafften wir ohne weitere Probleme. Schließlich hielten wir vor einem Museum. Ich forderte Cassadin und Drew auf, auszusteigen. Sie taten es und blickten dann zu dem Museum. „Was machen wir hier?“ Fragte Drew verwirrt.
   Ich lächelte. „Wir besuchen Marcy. Habe ich nicht erwähnt, dass sie ein Faible für Museen hat? Nun … ihr gehört dieses hier.“
   „Wie viel Geld hat diese Marcy eigentlich?“ Fragte Cassadin ungläubig und schaute an dem Gebäude hoch.
   Ich schloss die Augen und stieß Atemluft aus. Meine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. „Sehr viel Geld. Aber wie viel Geld eine Person hat, tut nicht ihre Gefährlichkeit gleich. Ja, Marcy hat viele Angestellte, aber sie kann es mit mir trotzdem nicht aufnehmen. Das kann niemand.“
   Drew starrte mich an, als würde sie mir nicht glauben. Hätte ich an ihrer Stelle vielleicht auch nicht. Aber sie musste nicht glauben. Es war mir egal, ob die Leute meinen Worten glaubten. Das Einzige, was wichtig war, war ja, dass ich wusste, dass es der Wahrheit entsprach. Und mit meinen Eltern war ich nicht nur gefürchtet und gefährlich, sondern eine unglaubliche Macht.
   Zwar lebten meine Eltern auf einer einsamen Insel, aber sie kannten noch mehr Leute. Vielleicht sollte ich sie auch einmal nach Informationen fragen. Sie könnten ihre Fühler ausbreiten. Und wenn ich nichts herausfand, dann doch ganz sicher meine Eltern. Sie waren einmal eine unbesiegbare Macht gewesen. Und das Beste: Niemand hatte es gewusst. Sie hatten viele Namen getragen. Und viele hatten nicht gewusst, dass diese ganzen Namen zwei Personen waren und nicht viele.
   Ich betrachtete das Gebäude prüfend. Hm. Wenn wir hier hereinstürmen würden, hätten wir keine Chance. Aber ich war vorbereitet und holte ein Kletterseil hervor. Cassadin und Drew starrten mich ungläubig an, wie ich das Seil nach oben warf und es sich dann am Haus an der Regenrinne an einer Unebenheit befestigte. „Und hier … unser Weg zu Marcy.“ Ich lächelte hinterhältig und grinste die beiden an.
   Sie starrten mich an, aber ich ignorierte ihre Blicke und umfasste das Seil. Ich zog probehalber daran. Es hielt. Dann begann ich mich langsam an dem Seil hochzuhangeln und nutzte für meine Füße kleine Unebenheiten an der Wand.
   Ganz oben war ein Balkon. Dort, so war ich mir sicher, war Marcys Zimmer. Als ich nach größeren Anstrengungen oben war, forderte ich Drew und Cassadin auf, ebenfalls zu kommen. Doch nur Drew kam nach oben und erklärte mir, dass Cassadin nicht kommen würde. Nun, das war seine Sache.
   Auf dem Balkon sah ich mich um. Im Zimmer war es dunkel. Aber das hieß nichts. Marcy erwartete mich entweder oder nicht. Weil sie entweder dachte, dass sie mich beseitigt hätte oder weil sie nichts von dem Trupp wusste, der mich hatte töten sollen.
   Mit dem Fuß trat ich gegen die Glasscheibe. Die Scheibe war hier oben nicht gesichert, weil vermutlich niemand auf die Idee kam, dass jemand hier hochkommen würde. Die Scheibe zitterte. Und als Drew mir half, durchbrachen wir die Scheibe. Glassplitter flogen in alle Richtungen. Ich ignorierte den Schmerz und ging durch die Öffnung in das Zimmer. Dann säuselte ich. „Marcy, wo bist du denn? Ich suche dich, weißt du?“ Ich spürte einen Luftzug zur Seite. Elegant fuhr ich herum und da stand Marcy. Sie starrte mich an. Ungläubig. Nun … damit war die Frage beantwortet. Sie hatte die Mörder beauftragt. „Das ist aber gar nicht nett.“ Raunte ich und lächelte böse. „Aber du kannst es verbessern, indem du mir ein paar Fragen beantwortest. Und tust du es nicht … du hängst doch an deinem Leben, oder? Aber es wäre so einfach, dich über den Balkon fallen zu lassen. Bei der Entfernung würdest du sterben. Also …“ Ich näherte mich Marcy und lächelte humorlos. „Willst du meine Fragen beantworten oder sterben?“
   Angst spiegelte sich in Marcys Blick wider. Ich war zufrieden. Endlich wieder jemand, der wirklich sah, wie gefährlich ich war. Ich war es langsam leid, dass ich nicht richtig wertgeschätzt wurde. Ich war nicht irgendwer. Und das ließ ich Marcy auch spüren, als ich flüsterte. „Was meinst du? Sag mir, wer dich beauftragt hat, mich in die Irre zu führen. Oder es jedenfalls zu versuchen. Niemand sollte so dumm sein und glauben, er oder sie könne mich verwirren. Wer hat das beauftragt?“
   Marcy starrte mich ängstlich an. Ihre Augen waren weit aufgerissen und sie versuche sich von mir zu entfernen. Aber das ließ ich nicht zu, und schnitt ihr den Weg ab.
   „Du wirst diesen Raum erst verlassen, wenn du jede einzelne meiner Fragen beantwortetest. Ansonsten … du weißt ja …“
   Marcy starrte mich an. Schließlich sagte sie hasserfüllt. „Ich werde dir überhaupt nichts sagen!“
   Amüsiert hob sich eine meiner Mundwinkel und ich näherte mich ihr. „Ach, wirst du nicht? Ich hatte gehofft, dass du das sagst. Dann muss ich mich auch nicht schlecht fühlen, wenn ich das hier mache …“ Ich holte blitzschnell meinen Dolch heraus und fuhr damit über ihre Halsschlagader. Ich drückte leicht. Aber zu wenig, um in ihre Haut zu dringen. „Beweg dich und du verblutest. Das wird gar nicht gut. Es soll ja sehr... unangenehm sein. Und du weißt ja, dass ich nicht bluffe. Wenn es darum geht, dann nie.“
   Doch die verdammte Marcy blieb trotz ihrer Angst standhaft. „Nein!“ Keifte sie und zitterte trotzdem.
   Ich verdrehte die Augen. Wir wussten beide leider, dass ich sie nicht verbluten lassen konnte. Denn dann würde ich meine Informationen nicht erhalten. Ich legte den Kopf schief und musterte Marcy eingehend. Dann verzogen sich meine Lippen zu einem Grinsen. Bei Frauen war es meistens leicht. Denn ich wusste genau, was ihnen gar nicht gefiel. Wobei es bei Männern eigentlich auch einfach war. Bei Frauen begann es meistens mit dem Gesicht. Es gefiel ihnen gar nicht, wenn es verschandelt war. Und bei Männern machte ich mich gleich daran, ihren Penis abzuschneiden. Oder war im Begriff dazu. Beides funktionierte immer gut.
   Und so begann ich mit meinem Messer über ihre Wange zu fahren. Diesmal drang der Dolch in ihre Haut. Und Marcy schien in meinen Augen zu sehen, was ich vorhatte, denn sie wimmerte leise. „Hör auf! Ich sag’ ja schon!“
   Doch als ich zurückwich, mit einem amüsierten Lächeln auf den Lippen, versuchte sie mir auf den Fuß zu treten. Doch ich wich sofort zurück und kam dann wieder näher. Doch es hatte genügt, damit sie davonrennen konnte. Nun … leider nicht weit. Ich hatte nicht bemerkt, wie Drew eingetreten war. Doch sie versperrte Marcy jetzt den Weg und verhinderte, dass diese aus dem Raum rannte.
   Langsam näherte ich mich den beiden und raunte über Marcys Schulter hinweg. „Vielen Dank, mein Liebling. Das war sehr hilfreich. Aber ich mache hier jetzt weiter.“
   Drew starrte mich etwas verdattert an, als ich sie ‚mein Liebling‘ nannte, doch sie gehorchte schnell. Als sie zur Seite trat, griff Marcy sofort nach dem Türgriff. Und ich griff ihr in die Haare und zog sie gewaltsam zurück. An ihrem Ohr knurrte ich. „Beantworte meine Fragen und du wirst einen angenehmen Tod sterben. Wenn du gute Antworten bringst, überlege ich es mir vielleicht noch. Und wenn du nicht antwortest, wird das hier noch etwas länger brauchen.“
   Marcy starrte mich an und in ihren Augen drängte der Hass die Furcht beiseite. „Du Schlampe!“ Stieß sie aus.
   Warum dachten die Leute eigentlich, dass Schimpfwörter mich treffen würden? Es war so lächerlich, dass ich leicht den Kopf schief legte und meine Lippen dabei zuckten. „Zumindest keine tote Schlampe, wie du bald, oder?“
   Sie presste die Lippen aufeinander. Ich machte weiter. Jetzt war ihr Kinn dran. Auch dort schnitt ich tief. So tief, dass eine Narbe zurückbleiben würde. Dann zog ich ihr routiniert das Oberteil auf. Als ihre Brüste mir entgegenstarrten und ihr Blick mich töten schien, strich mein Messer beinahe liebevoll über ihre Brüste. Dann sah ich sie wieder an. „Wie sehr hängst du an deinen Nippeln?“
   Ihre Augen weiteten sich erschrocken und ich hörte auch einen erschrockenen Laut hinter mir. Nun, ich hatte Drew gesagt, das würde nichts für schwache Nerven werden.
   „Du hinterhältige …“, fluchte sie und schien nicht mehr Worte zu finden.
   Ich sah sie ungerührt an und fragte wieder. „Also? Sind es dir deine Nippel wert, mir meine Fragen zu verweigern? Natürlich wird es dabei dann nicht bleiben. Es wird sicher interessant, wenn ich dir das Messer in deine Muschi schiebe. Ich will gar nicht erst davon reden, wie viel zerstört wird, ganz zu schweigen davon, ob du je wieder richtigen Sex haben werden kannst.“
   Ihr Gesicht wurde bleich. Endlich schien ich etwas zu erreichen, denn sie sagte leise. „Ok-okay. „
   Ich lächelte selbstgefällig. „Ich höre. Außer du willst, dass ich schon einmal beginne ……“ Mein Messer strich ihrem Nippel entlang.
   Ihre Augen weiteten sich noch weiter und schienen beinahe herauszufallen. „Was hast du gefragt?“
   Natürlich war das nur eine Hinhaltetaktik. „Verarsch mich nicht. Entweder du sprichst jetzt oder …“ Ich ließ die ungesagte Drohung im Raum hängen. Ich hatte ja bereits gesagt, was mir so vorschwebte.
   Sie nickte hastig und flüsterte leise. „Bram Thrones. Er hat mich beauftragt, euch in die Irre zu führen, sodass ihr denkt, ich wäre der Feind.“ Sie verzog gequält das Gesicht, als ich spielerisch mit der Klinge über ihre Nase strich. Mal sehen, wie lange es brauchte, bis ihre ach so tollen Ärzte sie wieder reparieren würden?
   Als sie für meinen Geschmack eine zu lange Pause machte, schlug ich ihr auf die Nase. Ich hörte ein Knirschen. Sie war gebrochen. Für eine Frau wie Marcy, die extrem auf ihr Äußerstes achtete, war das natürlich schrecklich. Ich betrachtete das Ganze nur ausdruckslos und fragte kalt. „Zweite Frage: Garcia Dorges. Wer ist ihr Liebhaber?“
   Jetzt blitze Überraschung in Marcys Augen auf. Als wäre sie überrascht, dass ich das nicht schon wüsste. Interessant. „Na Bram Thrones.“
   Jetzt hoben sich meine Augenbrauen überrascht und ich sah kurz zu Drew, die erstarrt war und blinzelte. Nun … diesen Verlauf hätte ich wirklich nicht gedacht. Cassadins Vater und Drews Mutter also …
   Ich bohrte das Messer in einer ihrer Nasenlöcher. Noch mehr Blut floss. Ich nahm es, ohne mit der Wimper zu zucken, hin und fragte weiter. „Dann kann man wohl davon ausgehen, dass Garcia Dorges das Ganze eigentlich eingefädelt hat?“
   Jetzt lachte Marcy spöttisch auf. „Als ob diese Ziege in der Lage wäre, sich so etwas Kluges auszudenken! Natürlich hat Bram das eingefädelt. Wer sonst?“ Sie schloss schnell den Mund, als verwünsche sie sich dafür, dass sie so viel gesagt hatte.
   Das Vögelchen konnte ja auch singen. Ich lächelte humorlos und näherte mich ihrem Ohr. „Und warum? Was haben Garcia Dorges und Bram Thrones vor?“
   Jetzt starrte mich Marcy an, als hätte sie diese Frage nicht erwartet. „Ich weiß nicht … Bram hat mir natürlich nicht viel gesagt. Ich meine … ich sollte doch nur diesen einen Auftrag ausfüllen.“
   „Und wer wollte uns dann töten?“ Fragte ich scharf.
   Marcy schien jetzt sehr redselig zu werden, vorallem als meine Klinge ein weiteres Mal ihren Nippel umspielte. „Na Bram!“
   „Seinen eigenen Sohn?“ Fragte ich scharf.
   Marcy sah mich verwirrt an. „Warum seinen eigenen Sohn?“
   Ich konnte es nicht glauben. Aber klar. Woher sollte Bram auch wissen, dass sein Sohn mit an Bord war? Und außerdem schien Bram sich weder für seine Tochter noch sonderlich für seinen Sohn zu interessieren. Wahrscheinlich wusste er nicht einmal, dass sein Sohn aus dem Knast war.
   Ich entschied, dass Marcy uns genug erzählt hatte. Doch da fragte Drew. „Wer hat Herr Deicksler getötet?“
   Marcy starrte Drew verständnislos an. „Wen?“
   Ich sah zu Drew hinüber und zuckte die Schultern. „Ich denke, Marcy war nicht unbedingt im Bilde darüber. Aber nun … hol die Pistole aus meiner Tasche.“
   Drew erstarrt. Und Marcy schaute entsetzt. Drew flüsterte. „Wie …?“
   „Hast du mich nicht gehört? Du sollst mir die Pistole holen. Marcy ist ein unsicherer Faktor. Und deshalb muss sie weg.“
   Drew starrte mich erschrocken an. Ich seuftze. Dann eben anders. „Ich glaube, das mit dem vom Balkon werfen wird jetzt doch Wirklichkeit.“ Marcy wand sich erschrocken und versuchte sich zu wehren. Ich blieb regungslos und unbeeindruckt und hielt sie fest. Ich ging hinaus auf den Balkon und atmete die frische Luft ein.
   Drew kam hinter mir hergestolpert und flüsterte. „Das wirst du doch jetzt nicht wirklich tun, oder?“
   Ich drehte mich ausdruckslos zu ihr um. „Meine Worte waren kein einziger Scherz. Ich habe kein Problem damit, Menschen zu töten. Besonders nicht welche wie sie hier. Vielleicht hätte ich dich wirklich nicht mitnehmen sollen.“ Mit diesen Worten schmiss ich die sich wehrende Marcy über den Balkon. Dann verstummte ihr Schrei abrupt.
   Ich wandte mich Drew zu und lächelte. „Nach dir.“
   Doch Drew sah mich nicht an. Sie kletterte zwar zuerst, doch auch als ich unten waren und wir wieder mit Cassadin im Auto saßen, sprach sie kein Wort mit mir.
   Aber mir war klar, dass sie diese Seite von mir früher oder später erfahren hätte. Und nun hatte sie diese eben früher als später gesehen. Entweder würde sie sich damit abfinden müssen, oder ich würde sie dazu zwingen.
   Mein Leben war kein rosaroter Traum. Und je schneller sie sich daran gewöhnte, desto besser. Ich hatte nie behauptet, gut zu sein. Nur hatte sie offenbar nicht gedacht, dass ich wirklich jemanden eiskalt töten würde.
   Ich sah wieder herüber zu Drew. Sie sah mich nicht an, sondern aus dem Fenster. Ich würde ihr ein paar Tage zum Schmollen geben, doch dann musste sie sich entweder für mich entscheiden, oder ich überzeugte sie.
   So oder so: Drew gehörte mir bereits und dieser kleine Rückstand bzw. Dilemma würde das nicht ändern.

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3877 Wörter

Was ist Jeanne bereit alles zu tun? Das hat sich wohl gezeigt, wird Drew ihr diesen Mord je verzeihen? Wann wird es endlich Ruhe geben, wann werden die beiden wohl ihr Happy End bekommen, oder... werden sie das überhaupt? (kleiner Spaß, sie werden ihr Happy End bekommen) Tatsache ist aber, es wird noch einiges passieren, manches unerwarteter als anderes bis es langweilig wird und das wahrscheinlich auch erst im letzten Satz 😆.

𝗦𝗪𝗘𝗘𝗧𝗜𝗘 - kleine, devote Sklavin (2) (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt