Zoo

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Harry wusste nicht, wie lang er geschlafen hatte, als er wieder erwachte, aber er wusste sehr wohl, was geschehen war. Er konnte sich nur zu genau an die Worte der Anderen erinnern, wie sie sich darüber unterhalten hatten, dass er sterben würde. Er konnte es nicht fassen. Es ging ihm doch gut! Na ja, gerade jetzt war ihm etwas schummrig und er fühlte sich müde und kalt, aber er war nicht krank, er wollte nur dieses Gespräch aus seinem Gedächtnis streichen und sich einreden, dass nie etwas gewesen war.


Er spürte, wie eine Hand sanft über seine Haare glitt. Ein beruhigendes Gefühl, er fühlte sich sicher, als könne der Andere verhindern, was geschehen würde, auch, wenn das, laut Fenrir, nicht möglich sein sollte.

Es vergingen fast vier Stunden und schon nach der Ersten hatte Tom das Tagebuch beiseite gelegt, nicht in der Lage, sich auf etwas Anderes, als den Jungen in seinen Armen zu konzentrieren, der eigentlich ganz gesund aussah und der doch sterbenskrank war. Noch eine weitere Stunde später hatte wieder das Fieber eingesetzt. Nein, er zweifelte nicht mehr an Poppys Diagnose, so gern er es auch wollte. Er hatte nichts tun können, nur von Zeit zu Zeit einen kleinen Kühlzauber sprechen und den Jungen nebenbei, wenn er zu zittern begann, in die Decken einzuschlagen.

Danach hatte er seine Zeit nur damit verbracht, Harry zu beobachten, die kleinen Regungen, wenn er schlief, das Stirnrunzeln, denn die Augen unter den Lidern sich schneller zu bewegen begannen. Und dann, als er die Zeichen von Aufwachen zu zeigen begann. Er strich sanft über die wirren, dunklen Haare. „Alles in Ordnung", sprach er leise. „Ich bin hier."

Erst, als er das hörte und als ihm klar wurde, dass Tom wusste, dass er wach war, begann er, die Augen zu öffnen. „Stimmt es?", fragte er leise, ohne große Hoffnung. Er ließ sich von dem Anderen hochziehen, spürte, wie die Arme des Älteren sich fest um ihn schlossen. Das war eigentlich mehr als Antwort genug.

„Ja", brachte Tom mühsam heraus. Er hätte nur zu gern nein gesagt, aber er konnte Harry nicht belügen, nicht auch noch das. Und welchen Sinn hätte es? Er würde es nur zu früh merken. Denn irgendwann würde selbst er mit seiner hohen Toleranz die Schmerzen zu fühlen beginnen. „Aber ich lasse es nicht zu!", versprach er. „Ich lasse dich nicht sterben!" Nicht schon wieder, fügte er in Gedanken hinzu. Er würde es verhindern! Harry musste leben! Der Junge hatte noch Nichts von der kurzen Zeit gehabt, die er hier verbracht hatte, nichts außer Schmerzen und Angst!

Die Worte klangen beruhigend. Schön und verzweifelt. Und doch... er glaubte nicht, dass man ihm helfen konnte, sonst hätte Fenrir nicht so geklungen. Er schlang seine Arme um den Hals des Älteren, legte seinen Kopf auf dessen Schulter. Er wusste, dass Tom ihn nicht gehen lassen wollte. Etwas, an das er noch nicht mal gedacht hatte. Nicht nur er hatte Angst, Tom doch auch! Gerade jetzt, wo der Andere ihn endlich an sich ran gelassen hatte, würde er ihn verlieren! Kein Wunder, dass Tom sich so verzweifelt gegen etwas wie Liebe gewehrt hatte. Er verstand. Für den Älteren war das hier mindestens genauso ein Alptraum, wie für ihn selbst. „Es wird Alles gut", murmelte er leise. „So... so schnell sterb ich schon nicht, das hab ich oft genug bewiesen..."

Im ersten Moment konnte Tom diese Worte einfach nicht fassen. Er glaubte es nicht! Da erfuhr ein Teenager, dass er kaum mehr als fünf Wochen zu leben hatte und der versuchte, ihn zu trösten! Er wusste, das Harry Angst hatte, doch statt sie zu zeigen... machte er sich offensichtlich Sorgen um ihn! Sanft strich er über den Rücken des Jüngeren. In dem Moment fand er selbst keine Worte.

Beide saßen lange so, keiner von ihnen sagte ein Wort, sie hielten sich nur und obwohl Harry zum Heulen war, verkniff er sich die Tränen, lächelte stattdessen. Für den Anderen. Er wollte stark sein, er wusste, das hier würde für Tom so noch die Hölle werden. Sie hatten die letzte Zeit über schließlich jede freie Minute miteinander verbracht.

Durch die ZeitenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt