Tiziana ist wieder da

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Flavio hatte mich kurz danach abgeholt und mich nach Hause gebracht. Ich konnte es nicht ganz fassen. Tiziana war wieder da und war Zuhause aufgetaucht. Matteo hatte es erfahren, als sein Vater nach Hause kam und ihnen die gute Nachricht überbracht hatte. Ich hatte sofort Flavio gerufen und hatte mich auf den Weg nach Hause gemacht, um weitere Neuigkeiten von meinen Eltern zu erfahren.
Als ich ins Haus lief, war niemand zu sehen, doch ich konnte Stimmen vernehmen. Ich folgte ihnen und gelangte schließlich in unser Esszimmer, wo meine Familie um den Tisch herum versammelt war. Giovanni strahlte mir entgegen und meine Eltern hatten auch ein Lächeln aufgesetzt, wirkten aber grundsätzlich nervös. Ich ließ mich jetzt aber nicht von dieser Nervosität anstecken, denn dafür waren die Neuigkeiten viel zu gut.
Giovanni hielt mir ein Glas Prosecco hin. Jeder von ihnen hatte eines vor sich stehen und auch ich nahm meines dankbar entgegen. Es war eindeutig ein Grund zu feiern. Tiziana war eine Woche in Gefangenschaft gewesen und auch wenn ich nicht wusste, wie sie entkommen konnte oder ob man sie freigelassen hatte, freute ich mich vorerst, dass sie wieder sicher war.
„Auf Tizianas Rückkehr", prostete ich und hielt mein Glas in die Höhe. Meine Eltern und Giovanni klirrten ihre Gläser gegen meines und wir alle nahmen schweigend einen Schluck.
„Also", sprach Giovanni es an. „Weiß man, wer es war? Wer Tiziana entführt hat?"
Erwartungsvoll schaute ich zu Papà.
Dieser blickte zu niemandem direkt. Er hatte einen steinernen Gesichtsausdruck aufgesetzt. „Leider noch nicht. Aber ich habe Beweise, die davon zeugen, dass Frederico Fontana verantwortlich ist"
Schockiert tauschten Giovanni und ich einen Blick aus. Papà sagte das, als wäre es keine große Sache, aber das war es. Wenn diese besagten Beweise stimmten, dann war der Schuldige gefunden und derjenige musste eingebuchtet werden. Er musste dafür stehen, was er getan hatte und mein Papà musste also dafür sorgen, dass dies geschah.
Meine Gedanken wanderten zu Matteo. Auch wenn er sich in den letzten Tagen langsam damit abfinden konnte, dass es möglicherweise seine Familie war, die Tiziana entführt hatten, würde das vermutlich nie komplett geschehen. Wenn man seiner Familie so nah stand, würde es einem immer das Herz brechen, akzeptieren zu müssen, dass seine Eltern etwas Verwerfliches getan hatten.
Ich wandte mich wieder zu Papà. „Was für Beweise?"
Er räusperte sich. „Ich habe Unterlagen gefunden, die einen Mietvertrag mit dem Lagerhaus darstellen, bei dem du neulich gewesen bist. Zudem auch ausgehende Zahlungen, sowie weitere Adressen, die zu skurrilen Orten führen. Ich gehe davon aus, dass eine der Adressen zu dem Platz führen, wo Tiziana nach dem Lagerhaus festgehalten wurde"
Ich lehnte mich zurück und nahm all das auf. Das waren eindeutige Beweise, die Frederico mit all dem direkt in Verbindung brachten. Ich überlegte jetzt schon, wie ich all das Matteo beibringen konnte. Ich wusste, es war egal, wie ich es ihm sagte, es würde ihn immer verletzen.
„Kann man irgendwo sehen, dass irgendwer anderes beteiligt ist? Wie Marina oder Mitarbeiter?", fragte ich nach.
Er schüttelte mit dem Kopf. „Beweisen kann ich es nicht, aber alleine wird er es nicht durchgezogen haben. Ob Marina eingeweiht ist, kann ich nicht sagen"
Das lässt immerhin die Möglichkeit, dass sie von all dem nichts wusste. Frederico konnte sie auch angelogen haben. Das würde Matteo wenigstens nur das eine Elternteil nehmen. Eher gesagt, die Vorstellung des Elternteils.
Was für mich allerdings keinen Sinn ergab, war, wieso Frederico sich vergangenen Abend mit Francesca Mariani getroffen hatte. Wollte er noch Salz in die Wunde streuen?
Mein Vater stand jetzt auf und meine Mutter tat es ihm gleich. Sie entschuldigten sich und verließen den Raum, sodass nur noch Giovanni und ich übrig blieben. Wir schenkten uns beiden noch Prosecco nach und tranken das zweite Glas aus.
Irgendwann grinste Giovanni mich an. „Wo warst du letzte Nacht?"
Ich erwiderte seinen Blick und wusste nicht, was ich sagen sollte. In seinen Augen konnte ich erkennen, dass er genau wusste, wo ich war, es nur noch von mir hören wollte.
„Unterwegs", antwortete ich nur und blickte auf mein Glas.
„Mit dem guten Matteo Fontana?", fragte er mich, mit einem amüsierten Ausdruck.
Ich schaute ihn mit zusammengekniffenen Augen an. „Du kennst die Antwort doch"
Giovanni lachte und schob sein Glas zwischen seinen beiden Händen hin und her. „War es gut?"
„Ich werde nicht mit meinem großen Bruder darüber sprechen"
„Erzähl mir wenigstens, was das zwischen euch ist", flehte er.
Ich zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Wir verstehen uns gut, aber gleichzeitig regt er mich unfassbar auf. Und dazu kommt, dass Mamà und Papà das niemals gut heißen werden"
„Ich glaube, ihr würdet gut gemeinsam harmonieren. Er kann dein Temperament zügeln. Und was ich von ihm gehört habe, soll er ein sehr korrekter Typ sein. Trotzdem muss ich ihm noch einmal klarmachen, dass er es nicht wagen sollte, dich zu verletzen, weil dann komme ich und zeig ihm mal eine ganz andere Seite von mir"
Ich grinste. „Auf einmal bist du so ein großer Bruder?"
Giovanni schaute mich selbstbewusst an. „Schon immer gewesen"
Wir mussten beide lachen.
„Und was unsere Eltern angeht", fuhr er fort. „Sie werden es ohnehin bald erfahren"
„Woher denn? Wenn, dann sag ich es ihnen, also wag es nicht, dass für mich zu übernehmen"
Er schüttelte mit seinem Kopf. „Nein, nein. Ich schweige, wie ein Grab. Aber ich hab davon erfahren, weil ihr im Hassler gesehen wurdet und das sehr vertraut miteinander"
Ich richtete mich auf. „Wie, wir wurden gesehen?"
„Naja, es gibt Fotos auf allen News-Seiten auf Instagram, die solchen Tratsch lieben", erklärte mir Giovanni.
Ich machte eine auffordernde Bewegung und er zog sofort sein Handy heraus und tippte eine Weile darauf herum. Es dauerte nicht lange, bis er sein Handy auf den Tisch legte und zu mir rüber schob.
Eilig griff ich danach und starrte auf den Bildschirm. Dieser zeigte mir ein Bild an, wo Matteo und ich gerade mit den Kappen kabbelten, bevor wir in die Bar gegangen waren. Ich war bereits in den Armen von Matteo und wir schauten uns gerade an. Unsere Gesichtsausdrücke konnte man allerdings nicht erkennen. Mit großen Buchstaben stand da drauf: Was läuft bei den Jüngsten der Mancinis und Fontanas?
Die Kommentare rasteten ebenfalls aus. Die Leute waren schockiert oder malten sich schon die wildesten Liebesgeschichten zwischen uns aus. Manche schrieben sogar, dass sie uns vorher schon gesehen hatten, im Cafè oder irgendwo auf einer Straße.
Es würde dementsprechend nicht mehr lange dauern, bis diese Nachrichten auch meine Eltern erreichten. Ich musste dies in die Hand nehmen und es meinen Eltern selbst erzählen. Vielleicht nahmen sie es dann besser auf, als wenn sie alles über das Internet erfahren würden.
Ich schob Giovanni sein Handy zurück und versteckte mein Gesicht in meinen Händen.
Er schaute mich mitfühlend an. „Auch wenn es dich im Moment vermutlich wenig interessiert, ihr seht glücklich aus"
„War ich auch in dem Moment. Mit Matteo ist alles halt irgendwie unbeschwert, aber ich habe Angst", gab ich zu.
„Wovor?"
„Matteo und ich kennen uns nicht. Was ist, wenn wir uns gerade nur näher kommen, weil wir in einer Drucksituation sind. Obwohl dies ja vorbei ist, da Tiziana wieder aufgetaucht ist. Was ist, wenn wir ohne diesem Druck nicht miteinander funktionieren?"
Giovanni überlegte. „Aber wer sagt, dass ihr es nicht tut?"
„Ich weiß es nicht, aber vorher haben wir ja auch nichts gemacht"
„Ja, weil du überzeugt warst, dass er nicht nett ist. Ja, ihr habt angefangen mehr miteinander zu machen, durch Tizianas Entführung, aber dadurch habt ihr erkannt, dass ihr euch gegenseitig besser findet, als ihr vorher gedacht hättet"
Ich nickte leicht. „Stimmt. Aber ich bin mir nicht sicher, wie es weiterlaufen soll. Wir werden in den nächsten Tagen aufdecken, dass sein Vater für Tizianas Entführung verantwortlich ist. Ich weiß nicht, ob er danach noch irgendetwas mit mir zu tun haben will. Und ob Mamà und Papà es überhaupt gut finden würden"
Giovanni schaute mich schief an. „Hör auf an unsere Eltern zu denken. Sie müssen es akzeptieren. So ist es nun mal. Und was Matteo angeht, er weiß es doch schon längst, dass es sein könnte und trotzdem hat er dir nicht den Rücken zugewendet. Aber lass doch erst einmal alles auf dich zukommen, bevor du irgendwelche Schlüsse ziehst"
Er hatte ja Recht. Ich machte mir zu viele Gedanken, die jetzt vermutlich noch nicht einmal nötig waren.
„Danke, Giovanni", bedankte ich mich bei ihm.
„Immer doch, Schwesterherz"
Dann öffnete sich die Tür wieder und meine Eltern liefen herein. Sie hatten einen ernsten Gesichtsausdruck aufgesetzt und stellten sich vor uns. Ich fühlte mich klein, so wie sie sich vor uns aufbäumten.
„Bitte nehmt euch morgen frei.", teilte uns Papà mit. „Wir haben gerade einen Termin mit Frederico ausgemacht, um ihn zu konfrontieren"
Ich war verwirrt. Sollte die Polizei sich nicht besser damit beschäftigen, anstatt wir?
„Ich glaube, wir sollten das der Polizei überlassen, Papà", meinte auch Giovanni.
„Nein. Wir werden sie konfrontieren und danach erst die Polizei kontaktieren. Ich möchte Fredericos Gesicht sehen, wenn er sieht, dass er verloren hat. Das habe ich verdient", sagte Papà.
Ich runzelte die Stirn, als er seine Rachsucht so präzise ausdrückte. Ganz gesund fand ich das ja nicht.
„Und warum müssen wir dabei sein?", fragte ich.
„Du, weil du viel dazu beitragen kannst, was du selbst herausgefunden hast", teilte er mir mit. „Und Giovanni möchte ich als Unterstützung für die Familie dabei haben. Ich bin mir sicher, die Kinder der Fontanas werden ebenfalls da sein"
Das konnte lustig werden. Matteo und ich zusammen in einem Raum, aber auf anderen Seiten, wegen unserer Familien. Ich freute mich jetzt schon.
„Wir werden da sein. Wo denn überhaupt?", sagte Giovanni für uns beide zu.
„In der Banca Mancini. Im Konferenzraum eins"
Dann verließen sie uns wieder.
„Siena", fing Giovanni an, doch ich unterbrach ihn sofort. „Vergiss es, Giovanni"
Und dann sprang ich auf und lief durch den Eingangsbereich und die Treppen hinauf in mein Zimmer. Ich schloss die Tür hinter mir ab und legte mich auf mein Bett. Gedankenverloren starrte ich an die Decke und malte mir aus, wie die gesamte Szene morgen aussehen würde. Gefühlt lag ich so stundenlang, doch als ich auf die Uhr sah, war es erst kurz vor zwei. Ich hatte den ganzen Tag noch vor mir.
Mein Handyklingeln riss mich aus meinen Gedanken und ich nahm den Anruf an, ohne nachzuschauen, wer der Anrufer war. „Ja?"
„Hallo, Engelchen", hörte ich Matteos Stimme.
Ich seufzte und antwortete erst einmal nicht. Ich zog den Moment hinaus, doch ich wusste, dass ich schließlich reden musste. „Hi, Prinzessin"
Ich konnte in seiner Stimme hören, dass er leicht lächelte. „Wie war es mit Mira?"
„Schön. Sie hatte gestern ein tolles Date. Sie ist gerade gefühlt schwerverliebt", berichtete ich ihm von dem Treffen mit Mira.
Ich hörte es bei ihm Rascheln. „Hört sich gut an. Was hast du ihr erzählt?"
Ich grinste. „Das ich gestern irgendeinen Macho kennengelernt habe, der mehr versprochen hat, als er konnte"
Matteo lachte auf. „Soll ich vorbeikommen und es richtigstellen?"
Ich wünschte mir, er könnte jetzt wirklich herkommen. Ich schob die anderen Gedanken und Zweifel von mir weg und ignorierte sie. Sie wollten mich einfach sabotieren.
„Lass mal sein", sagte ich. „Außerdem sehen wir uns morgen ja schon wieder"
Er seufzte. „Hab ich schon gehört. Wir wissen zwar alle nicht, wieso, aber dein Vater war so hartnäckig, dass mein Papà keine andere Möglichkeit hatte, als ja zu sagen"
Ich schwieg. Ich konnte mir vorstellen, wie mein Vater war.
„Du weißt was, oder?", fragte Matteo leise.
Ich schloss die Augen und überlegte, ob ich es ihm sagen sollte. Aber er hatte es verdient, Bescheid zu wissen. Und so konnte er sich emotional schon mal auf morgen vorbereiten.
Ich nickte, auch wenn er es über das Telefon nicht sehen konnte. „Mein Vater hat Unterlagen gefunden. Ein Mietvertrag für das Lagerhaus und andere Sachen, die deinen Vater schriftlich mit der Entführung in Verbindung bringen"
„Okay", antwortete Matteo. Es war seiner Stimme anzuhören, dass er litt und ich wünschte, ich hätte ihm das Gegenteil sagen können.
„Es tut mir so leid", entschuldigte ich mich.
„Du kannst doch nichts dafür, Engelchen. Du tust das Richtige. Es tut zwar weh, aber nicht deinetwegen", beruhigte er mich.
„Fühl dich gedrückt."
„Das nächste Mal, wenn wir uns sehen, fordere ich diese Umarmung ein"
„Bekommst du. Morgen aber vielleicht nicht", warf ich ein.
„Stimmt, sonst lasse ich dich am Ende nicht mehr los, vor unseren Eltern"
Ich lachte leicht.
„Hör zu, Engelchen", sagte Matteo schließlich. „Ich leg jetzt auf. Vermiss mich nicht zu sehr"
Wir verabschiedeten uns und beendeten den Anruf.
Das war so unfair. Warum musste Frederico das seiner Familie antun. Er wusste doch, wie wichtig er seinen Kindern und seiner Frau war. Wie egoistisch konnte man sein, dass man nur seine Arbeit sieht und nichts anderes mehr beachtet.
Eine Stunde später lag ich noch immer auf meinem Bett und hatte mich um keinen einzigen Zentimeter bewegt. Mein Blick war auf die Decke gerichtet.
„Marco, hör mal", hörte ich meinen Vater vor der Tür. Er schien am Telefon zu sein.
Ich schaute zu der Tür und fragte mich, worüber er mit Marco telefonierte.
„Die Unterlagen sind perfekt geworden", redete mein Vater weiter.
Ich wurde aufmerksam und richtete mich auf, sodass ich auf meinen Ellbogen gestützt lag. Dann stand ich auf und stellte mich direkt hinter die Tür, damit ich besser hören konnte. Mein Papà war am Laufen und seine Stimme bewegte sich von meiner Zimmertür weg.
Leise öffnete ich die Tür einen Spalt und konnte erkennen, dass mein Vater am Treppenabsatz angekommen war und sich auf den Weg nach unten machte.
„Ja, die Originale sind in meinem Safe in meinem Büro in der Bank. Sicher und verstaut. Das bleibt unter uns und ab morgen wird alles geregelt. Ja, wir treffen uns um zwölf im Konferenzraum eins.", sagte er jetzt in sein Telefon.
Was er danach sagte, konnte ich nicht mehr verstehen, weil er zu weit entfernt war. Das Gespräch war komisch gewesen. Ich schloss die Tür wieder und dachte darüber nach, was ich soeben gehört hatte. Es war klar, dass er über Tiziana und dem Treffen mit den Fontanas morgen sprach. Aber wieso Originale der Unterlagen? Hatte er die Unterlagen gefälscht, nur um die Fontanas dranzukriegen? Wollte er den Prozess einfach nur beschleunigen?
Ich traf eine Entscheidung. Bevor ich diese weiter überdenken konnte, schnappte ich mir meine Jacke und verließ mein Haus, um zum Hauptsitz der Banca Mancini zu fahren.
Wenig später lief ich durch den Eingang des Hauptsitzes der Banca Mancini. Der Mann hinter der Rezeption nickte mir zu. Ich begrüßte ihn und lief an ihm vorbei. Ab jetzt musste ich darauf achten, dass mich nicht mehr so viele sehen. Besonders nicht die engsten Mitarbeiter meines Vaters und noch besser wäre es, wenn Marco mich nicht sah. Dieser hatte vorhin noch mit Papà telefoniert und wenn er mich jetzt hier sah, wie ich in Papàs Büro ging, würde er ihn direkt anrufen.
Ich quetschte mich in den Aufzug, der stark befüllt war. Es dauerte eine Weile, bis ich endlich in der obersten Etage ankam. Mittlerweile war ich alleine und deshalb fiel es glücklicherweise nicht so auf, dass ich hier ausstieg. Ich versteckte mich etwas in meiner Jacke. Die Einzige, die mich erkannte war Sonja, eine der Putzfrauen, die es ohnehin nicht interessierte, ob ich in das Büro ging oder nicht. Sie wusste, dass ich die Tochter des Chefs war und das reichte ihr.
Ich ging auf die Tür zu, die in das Büro führte und zögerte kurz. Es war was anderes gewesen, in Fredericos Büro zu gehen, da er nicht mein Vater war. Es war komisch, aber es war nicht dasselbe, wie es sich gerade anfühlte. Ich wusste, ich respektierte die Privatsphäre meines Vaters nicht, aber das was er vorhin am Telefon gesagt hatte, hatte sich so verdächtig angefühlt. Deshalb musste ich es tun. Ich musste es wenigstens kontrollieren und sichergehen, dass Papà das Richtige machte.
Schnell schlüpfte ich in das Büro hinein und schaute mich um. Es war ähnlich aufgebaut, wie sein Arbeitszimmer bei uns zuhause. Aber wo war der Safe, von dem er mit Marco geredet hatte. Ich brauchte meine Zeit gar nicht damit verschwenden, das ganze Zimmer abzusuchen, weil mein Papà solche wichtigen Dokumente nie irgendwo frei rumliegen lassen würde. Zudem hat er im Anruf gesagt, dass diese im Safe waren. Das hatte er sicher nicht ohne Grund gesagt.
Ich lief zu dem kleinen Schrank und öffnete die Türen. Kein Safe war zu sehen. Genauso wenig beim Schreibtisch und in den Regalen. Nachdem ich jeden Winkel abgesucht hatte, stellte ich mich in die Mitte des Raumes und stemmte meine Hände in meine Hüften. Wo zum Teufel war dieser Safe?
Dann kam mir eine Idee. Intuitiv lief ich zu einem großen Gemälde und ruckelte etwas daran. Und Bingo. Man konnte das Gemälde wie eine Tür von der Wand abschwingen und dahinter kam ein großer Safe zum Vorschein, der in die Wand eingearbeitet war. Es war wie im Film.
Man brauchte eine Zahlenfolge, um den Safe zu öffnen. Die Geburtstage meiner Eltern, Giovanni und mir funktionierten nicht. Ich tippte immer weiter irgendwelche Kombinationen ein, aber der Safe öffnete sich einfach nicht.
Nachdem ich etwas nachgedacht hatte, startete ich einen weiteren Versuch und ich hörte es klicken. Der Safe war offen. Ich rollte mit den Augen, denn der Code war das Gründungsdatum der Banca Mancini. Das hätte ich mir auch sofort denken können.
Langsam schob ich die schwere Tür des Safes auf und schaute hinein. Er war voll mit Akten, Ordnern und Beuteln. Ich schob die Beutel zur Seite und schaute die Beschriftungen der Ordner und Akten an. Die meisten waren irrelevant und handelten über Geschäfte der Bank. Irgendwann fand ich eine Akte, die mit Tiziana Mariani beschriftet war. Papà machte es mir echt leicht, aber er hat vermutlich nicht damit gerechnet, dass ich hier herumstöbern würde.
Ich zog die Akte heraus und klappte sie auf. Ich blätterte so lange, bis ich zu den Seiten kam, die interessant waren und fing an zu lesen. Mit jedem Wort wurde mir mulmiger zumute. Das schlug schon bald in Ungläubigkeit und Schock um. Irgendwann setzte ich mich auf einen Stuhl und legte die Akte irgendwann beiseite.
Dann sprang ich auf, befüllte mir ein Glas Whiskey bei der Anrichte und kippte das Glas in einem Schluck runter. Danach tippte ich eine Nummer in mein Handy ein und wartete, bis die Person ranging. Als ich ein erschöpftes Hallo vernahm, setzte ich mich etwas auf.
„Tiziana? Hier ist Siena"

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