Kapitel 2

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Mit einem Blick auf eine kleine, altmodisch aussehende Taschenuhr meinte meine neue Lehrerin:
„Es ist schon relativ spät, wir sollten langsam los", und reichte mir den Arm.

Verwirrt sah ich sie an. Was sollte ich mit ihrem Arm?!
„Halt dich fest", wies sie mich daraufhin erklärend an, „wir werden Seite-an-Seite-apparieren. Stell es dir als eine Art teleportieren vor. Es ist, besonders das erste Mal, leider sehr unangenehm ... aber man gewöhnt sich dran."

Ich nickte kurz und tat, wie mir geheißen. Ich hatte heute schon so viel fantastisches gehört, dass ich diese neue Art zu reisen einfach nicht mehr hinterfragte.

Es war ein überaus unangenehmes Gefühl das mich packte, sobald ich den Arm berührte.
Als würde man am Bauchnabel durch einen Schlauch gezogen werden.

Ich glaubte, keine Luft mehr zu bekommen, schnappte nach Luft - doch da war nichts.
Keine Luft, nur ein Wirbel aus Farben und Konturen, immer schneller und schneller drehte sich die Welt um uns herum.

Mein Kopf dröhnte, mir war so schwindelig ... reflexartig krallte ich mich fester an den Arm meiner zukünftigen Lehrerin.

Doch so schnell das Gefühl gekommen war, so schnell ließ es mich auch glücklicherweise wieder frei.

Ich keuchte und musste stark gegen das Gefühl der Übelkeit ankämpfen, lies den stützenden Arm noch nicht los. Die Professorin wartete, wie ich dankbar feststellte, geduldig, bis ich mein Gleichgewicht wieder gefunden hatte.

Eins stand fest, das war definitiv nicht meine liebste Art zu reisen.

Als ich aufsah, war jedoch jegliche Unannehmlichkeit vergessen.

Ich befand mich in einer belebten, altmodischen Straße mit urig aussehenden Häusern. Jedes sah individuell aus, alle wirkten sie einladend und freundlich.

Die Meisten hatten im unteren Teil des Hauses einen kleinen Laden, der die seltsamsten Dinge anbot.
Darunter waren eigenartige Gegenstände, die man sich nicht mal im Traum vorstellen konnte, luxuriöse Flugbesen oder sogar Eulen, Fledermäusen, Kröten und vielen weiteren Kreaturen.
Ich konnte mich gar nicht satt sehen.

Auch die Menschen wirkten anders als ich sie kannte. Sie waren meist farbenfroher gekleidet, trugen ausgefallene Hüte und lange Gewänder oder Umhänge.

„Nun, ich hoffe du hast die Liste mit den benötigten Gegenständen dabei?", unterbrach meine Begleiterin mein Staunen.
Schnell bejahte ich und zog besagte Liste aus meiner Hosentasche.

Wir gingen von Laden zu Laden, kauften Bücher, eine Garnitur Umhänge, Federkiele und Tinte. Meine Augen glänzten immer mehr.
Das war alles so wundersam ... schön.

Als nächstes betraten wir den Laden für Zaubertrankzutaten und mehr.
Beim Eintreten durch die dunkle Holztür schlug mir ein angenehm herber Duft nach Kräutern, exotischen Beeren und anderen undeutbaren Pflanzen entgegen. Eine kleine Glocke klingelte wie bei jedem Laden, den ich hier bereits betreten hatte.

Im Vergleich zu den anderen Geschäften herrschte hier eine angenehme Ruhe und ... Zeitlosigkeit, die in mir den Wunsch weckte, hier für eine Weile länger zu bleiben.
Eins stand fest: ich mochte diesen Laden jetzt schon.

Professor McGonagall suchte mit kritischem Blick nach dem richtigen Kessel, ich dagegen trat wie magisch angezogen zu den hohen Zutatenschränken auf der linken Seite.
In einem Gefäß war eine grüne Flüssigkeit, in einem weiteren roten Rauch. Interessiert durchstöberte ich die Apotheke, betrachtete eingelegte Beeren und auch das ein oder andere Tier.

Ein schneller Blick auf meine Zutatenliste sagte mir, dass ich noch Salamander Blut benötigte.
Angewiedert verzog ich die Nase.
Ich griff in das Regal vor mir und zog mit erstaunlicher Sicherheit eine Phiole heraus.
Als ich die Beschriftung sah stutzte ich. Salamander Blut. Ich zuckte die Achseln, Zufälle gibt es.

In memoria tenereWo Geschichten leben. Entdecke jetzt