Kapitel 7

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Die nächsten Tage waren genau so spannend wie der erste es gewesen war. Ich konnte ewig viel neues lernen, erkundete zusammen mit Ari das Schloss, spielte Spiele mit ihr und manchmal auch mit Titus und Darwin.

Ein besonderes Highlight der Woche war der Unterricht in ,,Verteidigung gegen die dunklen Künste" bei Professor Lloyd gewesen. Die junge Lehrerin war neu an Hogwarts und hatte mit viel Energie ihren Unterricht gestaltet.

Sie hatten über dunkle Magie gesprochen und den Schutzzauber ,,Protego" gelernt. Es war ein überwältigendes Gefühl gewesen, sich selbst ein Schutzschild erschaffen zu können. Klar, es war nur sehr schwach gewesen und schwer aufrecht zu erhalten noch dazu. Doch die Professorin hatte uns allen Mut zugesprochen, wir würden es weiter üben und damit immer stärker werden.

Auch Zaubertränke war spannend gewesen. Wir hatten selbst einen Trank brauen dürfen und meiner war einer der wenigen gewesen, der der Beschreibung im Buch nahe gekommen war.

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Der laute Glockenschlag beendete wie immer die Stunde, heute in Zauberkunst, in dem wir Slytherins gemeinsam mit den Gryffindors am präzisen Schweben-lassen von Gegenständen geübt hatten.

,,Wochenende, yey!", jubelte Ari und grinste mich freudestrahlend an.
,,Wollen wir gleich am Baum beim See die Hausaufgabe für Geschichte machen? Dann haben wir den Rest des Wochenendes frei."
,,Nur, wenn wir danach versprochen eine Runde Rommee spielen!", nörgelte Darwin.
,,Ich finde das eine super Idee, Ari. Ich möchte mir aber noch ein Buch dafür ausleihen. Ich würde dann direkt nachkommen ..."

Gesagt, getan - Darwin und Ari waren bereits nach draußen gestürmt, wo ein leichter Herbstwind die ersten bunten Blätter zu Boden trug und das Ende des Sommers ankündigte.
Mein Weg führte mich in den vierten Stock, wo die Bibliothek einen riesigen Wissensschatz für uns Schüler bereitstellte.

Ich zog die Tür auf und trat ein in den Raum mit den hohen Wänden, die bis oben mit Regalen geziert wurden. Angenehme Ruhe, die hier immer zu herrschen schien, umgab mich und ich fühlte, wie sich mein Geist sofort beruhigte.

Hier und da hörte man, wie jemand eine Seite umschlug oder ein schweres Buch auf seinen Platz stellte. Es roch nach Pergament und diesem unbeschreiblichen Geruch, den Bücherorte eben immer hatten.

Ich sah mich um - oft war ich hier noch nicht gewesen. Die Regale waren mit verschiedenen Themenbereichen beschriftet, die Bücher darin waren nach Autoren sortiert.
An den bodentiefen Fenstern, aus denen man sicher einen weiten Blick hatte, standen gemütlich aussehende Sessel oder ein Tisch mit mehreren Stühlen zum Hausaufgaben erledigen oder lernen.
Vereinzelt saßen dort auch bereits Schüler aus höheren Jahrgangsstufen.

Mit leisen Schritten ging ich zum ersten Regal, auf dem ,Historisches" stand, suchte nach dem richtigen Thema und nahm ein Vielversprechendes mit.
Nachdem ich es bei Miss Pince ausgeliehen hatte machte ich mich gemächlich auf den Weg zu meinen Freunden.

Noch immer fand ich an jeder Ecke dieses Schlosses etwas neues, fantastisches, weshalb ich am liebsten langsam ging um so viel ich konnte davon in mir aufzunehmen.

Gerade entdeckte ich in die Mauersteine, etwas unter meiner Augenhöhe, eingemeißelte Schriftzeichen. Derartige hatte ich noch nie gesehen. Konnten das Runen ein?
Mit den Fingerspitzen fuhr ich an ihnen entlang, schloss für einen Moment die Augen. Sie hatten eine merkwürdige Energie an sich ...

Als ich die Augen wieder öffnete viel mein Blick direkt auf die angelehnte Tür am Ende des Korridors. Bisher war sie mir noch nie aufgefallen, denn das Treppenhaus war weiter vorne und meines Wissens nach waren die Klassenzimmer dort ungenutzt.

Neugierig darauf, was sich dort drin wohl noch befand, ging ich darauf zu, stupste die Tür etwas auf und schlüpfte durch den entstandenen Spalt hinein. Der Raum war erstmal nichts besonderes - ein einfaches Klassenzimmer für Verteidigung, also ohne Schultische und Bänke.

Staub schwebte in der Luft und zeugte davon, dass hier schon länger kein Unterricht mehr stattgefunden hatte, auch die Luft war abgestanden.

Mein Blick wanderte weiter und blieb an einem bodentiefen Spiegel hängen, der wirkte, als hätte ihn jemand hier abgestellt und dann über die Zeit vergessen. Es brauchte nur drei Schritte, dann stand ich schon davor und blickte in mein eigenes Spiegelbild.

Moment.
Was war mit dem Hintergrund los? Statt des Klassenzimmers war dort - Rauch?!
Er waberte um mein Spiegelbild, es wirke, als würde er immer neue Formen bilden und dann wieder auflösen, bevor sie genauer zu definieren waren. Ich trat einen Schritt zurück um diesen Sturm zu stoppen, doch das Bild blieb unverändert! Ungläubig schüttelte ich den Kopf (was mein Gegenüber ebenfalls nicht spiegelte) und konnte kaum glauben, was ich da sah.

Der Spiegel musste verzaubert sein!

Die Konturen im Rauch schienen nun klarer zu werden und ich überlegte gerade, ob ich nicht doch wieder einen Schritt darauf zu machen sollte, als ich plötzlich Stimmen vom Gang her vernahm, die mich zusammenzucken ließen.

Rasch wendete ich mich ab und verließ das alte Klassenzimmer wieder.
Aber irgendwann würde ich wiederkommen und mir den Spiegel genauer ansehen, ganz bestimmt.


{pw}

Abgesehen vom gleichmäßigen Blubbern war es still in meinem Labor. Mit routinierten Bewegungen schnitt ich die Kräuter klein, genoss die konzentrierte und entspannte Ruhe.
Es war selten geworden, dass ich mir die Zeit nahm um mehrere Stunden einfach alleine mit meinen Gedanken meiner Lieblingsbeschäftigung nachzugehen. Viel zu selten, wie ich bemerkte.
In Gedanken dankte ich Poppy Pomfrey, der Heilerin der Schule, für ihren Auftrag (Jetzt am Schuljahresanfang waren einige Heiltränke leer, die es nachzufüllen galt).

Während ich so braute merkte ich, wie ich langsam ruhiger wurde und entspannen konnte. Ich war ganz bei mir und meinem Tun.

Und da waren sie wieder.
Die Bilder und Erinnerungen, für die ich im stressigen Alltag keine Zeit hatte, in der Zeit, in der ich meine Maske trug um mich dahinter zu verbergen. Meine Schwächen. Jetzt waren sie dafür umso intensiver.


Wir standen in unserem geräumigen Labor, das so ganz anders war als meines in Hogwarts.
Die Wände waren in einer warmen, beigen Farbe gestrichen, was wohlbemerkt nicht mein Werk gewesen war, und die Holzmöbel waren allesamt aus heller Buche.

Anders, als man es von einem wahren Labor erwartete, waren die Regale voller Zaubertränke und Zutaten nicht (damit möglichst viel hineinpasste) bis zur Decke hochgezogen, nein, sie waren nur in etwa brusthoch. Auf ihnen lagen ein paar Bücher und Zeitschriften über Tränke und Kräuter, unter dem Fenster stand eine große Blumenvase in die wir stets frische Blumen stellten; gerade waren es größtenteils Margeriten. An der Wand oben drüber hingen hübsche Ölgemälde, die verwunschene Landschaften im Frühling oder Sommer zeigten.

Da der Raum sich im Erdgeschoss befand fiel goldenes Licht durch das große, oben runde Fenster und erleuchtete den Dampf der Zaubertränke.


Ich sah, wie eine jüngere Version von mir mit blitzenden Augen etwas erzählte, dabei den Löffel herumwedelte und als Reaktion darauf ein fröhliches Lachen seiner Partnerin bekam.
Sie antwortete etwas und zwinkerte vergnügt.

Mein Blick lag wehmütig auf Kathy. Neben ihren wunderschönen blauen Augen hatten sich Lachgrübchen gebildet, die verrieten, was für ein lustiger Mensch sie war. Sie trug eine dezente Kette aus Gold mit einem blaugemusterten Larimar um den Hals, der ihre Augen noch mehr zum Strahlen zu bringen schienen. Er hatte sie ihr im Frankreich-Urlaub vor zwei Jahren geschenkt und seitdem hatte sie sie jeden einzelnen Tag um.

Ihre braunen Haare trug sie in einem unordentlich zusammengebundenen Dutt, aus dem sich bereits eine vorwitzige Strähne gelöst hatte, die ihr nun ins Gesicht fiel. Liebevoll strich meine junge Version sie ihr hinters Ohr, lies die Hand dort ruhen und murmelte etwas, das ich nicht verstehen konnte. Musste ich auch gar nicht, ich konnte mir auch so denken, wie diese drei Worte gelautet hatten - waren sie doch so oft zwischen ihnen getauscht worden.

Die junge Frau sah jetzt zu ihm auf, ihre Wangen hatten einen leicht rosafarbenen Hauch. Sie erwiderte etwas und neigte sich zu ihrem Mann.
Ich hätte sie ewig nur ansehen können.

Auf einmal ging die Tür auf, doch ich konnte nicht erkennen, wer in den Raum trat. Kathy und der junge Snape schienen sich allerdings zu freuen ...


Die kleinen Schmetterlinge in meinem Bauch bewegten sich noch immer zaghaft, als die Umrisse und Bilder vergangener Tage schon längst wieder verblasst waren.

Unsere Zeit war so wunderschön gewesen, wunderschön und viel zu kurz. Trotzdem waren die Gefühle nicht verloschen, genau wie die Erinnerungen, die, ähnlich meiner Zaubertränke im Regal, in bunten Gläsern verschlossen und in meinem Herz sortiert waren - bereit ihre Magie wieder tanzen zu lassen, entschloss man sich, sie mal zu öffnen.

In Gedanken versunken rührte ich den köchelnden Heiltrank um, lies die Bilder erneut vor meinem inneren Auge vorbeiziehen.
Wer war das gewesen, der am Ende hineingekommen war?


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