Kapitel 9

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° ᵖᵒᵛ ° ᵖʰⁱˡⁱᵖᵃ ˡˡᵒʸᵈ °

Mit einem dumpfen Knall fiel das Eingangsportal hinter mir zu, dahinter blieben die lauten Stimmen meiner Schüler, aber auch die wohltuende Wärme zurück. Hier draußen pfiff ein frischer Wind, der an meiner Kleidung zerrte und dazu führte, dass ich die Hände tiefer in den Taschen meines Mantels vergrub.
Zwischen den Bäumen und über dem großen See schlich der Nebel lautlos umher, wie es so typisch für diese Jahreszeit war.
Der Kies unter meinen Stiefeln war noch vom Regen der Nacht nass und knirschte bei jedem Schritt.

Alles in allem war es nicht sonderlich gemütlich, es gab sehr viele Orte, an denen ich gerade lieber wäre. Und doch brauchte ich genau das gerade. Diese klare Luft und die Stille, um in Ruhe nachzudenken.

Es war meine zweite Woche als Lehrerin in Hogwarts, bisher hatte alles sehr gut geklappt: die Schüler arbeiteten gut mit, waren größtenteils interessiert und alles in allem respektvoll. Aber heute, heute hatte eine kleine Erstklässlerin eine Panikattacke in meinem Unterricht bekommen.
Nur warum?

Ich war mir fast sicher, dass da mehr dahinter steckte als der einfache Angriffszauber, den wir durchgenommen hatten. Etwas dunkles, von dem wir alle nichts verstanden, uns die Dimensionen davon gar nicht vorstellen konnten. Vermutlich belastete sie dieses Etwas schon länger ... irgendetwas musste es vorhin wieder geweckt haben.
In meinem Unterricht.
Ich hatte es hervorgerufen.
Es war ... meine Schuld.

Ich seufzte und strich mir eine nasse Strähne meiner blonden Haare, die mir ins Gesicht geweht war, hinters Ohr.
Es blieb mir nichts anderes übrig als zu hoffen, dass es Samantha wieder gut ging. Dass Titus sich gut um sie gekümmert hatte.

Aber konnte ich wirklich nicht mehr für sie tun?
Um das beurteilen zu können musste ich wissen, was genau die Panikattacke hervorgerufen hatte ...

Auf jeden Fall sollte ich das Thema Angriffszauber fürs erste beenden, das war nicht weiter schwer. Wir könnten einfach mit magischen Kreaturen fortfahren.
Und dann, dann würde ich weitersehen.

Was war, wenn sie erneut einen solchen Zusammenbruch hatte? Sollte ich nicht besser meinem Kollegium davon berichten?
Nein, das fühlte sich nicht richtig an. Das würde Samantha sicher auch nicht wollen.
Aber auf der anderen Seite musste von nun an ein besonderes Auge auf ihr liegen, so etwas sollte nicht wieder passieren.

Also vielleicht eine Einzelperson? Professor Dumbledore wäre etwas zu hoch, wie ich fand.
Minerva vielleicht! Wobei sie mit ihren Löwen bereits genug zu tun hatte, besonders mit zwei Zwillingen aus der zweiten Klasse, wie sie klagte.

Aber natürlich!  
Abrupt blieb ich stehen.

Ihren Hauslehrer, Snape, der war ohnehin für sie, als Schlange, verantwortlich.
Mit diesem Plan in meinem nun wieder klaren Kopf machte ich mich auf den Rückweg hoch zum hell erleuchteten Schloss.

Nachdem ich den selben Weg, den ich eben gekommen war, wieder zurück gegangen war, durchquerte ich die überfüllte Eingangshalle, durch die sich die Schüler zum Abendessen drängelten und bog in einen eher abgelegenen Korridor ab.
Das Lehrerzimmer wird von zwei Wasserspeiern in Form von magischen Fabelwesen bewacht, die mir freundlich zunickten, als ich eintrat.

Ich hatte ein leicht mulmiges Gefühl, als ich meinen Mantel an die Garderobe direkt am Eingang hing und mich bedächtig umsah.
Es waren nicht allzu viele Lehrer anwesend, die meisten waren wohl gerad, zur Hauptzeit, beim Essen in der großen Halle. Minerva lächelte mir kurz zu, bevor auch sie den Raum, den ich eben betrat, wieder verlies.
Zurück blieben die beiden Professoren Sinistra und Sprout, die in den Sesseln hinten beim Kamin zusammen ein Tässchen Tee tranken und Professor Snape, der an dem runden Tisch saß, ein aufgeschlagenes Buch neben sich, auf einem Pergament etwas notierte.

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