Wir können das Schicksal nicht aufhalten...

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Triggerwarnung: Grafische Darstellung von Körperlicher Gewalt und Blut

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Clueso
Residenz Seehotel Berlin-Brandenburg
9:36 Uhr

Das nächste was ich hörte war meine Zimmertür, die knallend ins Schloss fiel. Darauf folgend klackte der Riegel, als der Eingang von innen verschlossen wurde. Mein Herz fing an zu rasen und der Puls schoss hoch. "Wo ist Lotte?", donnerte eine tiefe Stimme los. Ich bekam sofort eine Gänsehaut. Das war er. Der Mann der mir gestern in der Tankstelle entgegen kam. Was mich betrifft ,realisierte ich das er uns von Anfang an gefolgt sein musste. "Ich weiß es nicht"
"Ich bin mir sicher das du mit ihr hier bist" Der Hüne holte mit dem Stiefel aus und verpasste mir einen kräftigen Stoß in die Seite. Unverzüglich breitete sich ein stechender Schmerz in meiner Rippenbogengegend aus. "Wo ist Lotte?"

"Ich weiß es nicht", wiederholte ich nochmals. Ich würde Lotte niemals in Gefahr bringen. Sie hatte so viel durchgemacht. Ich war so froh das Lotte 5 Minuten vorher gegangen war. Das sie die Tür offen gelassen hatte, machte ich ihr nicht zum Vorwurf. Schließlich hätte ich auch aufstehen und sie schließen können. Der nächste Tritt landete schmerzhaft in meinem Gesicht. "Wo ist sie?"
"Keine Ahnung" Sofort versuchte ich mich klein zu machen. Leider hielt ihn diese Geste nicht auf und er trat weiter auf mich ein. Meine Nase fing an zu bluten, vor meinen Augen flimmerten Sterne. Ich hoffte nur noch das es schnell vorbei war. Oder das ich mein Bewusstsein verlor, damit ich die Schmerzen nicht länger ertragen musste. "WO IST LOTTE?"

"Ich weiß nicht...", meine Stimme war nur noch ein leises wimmern. Noch nie in meinem Leben hatte ich mich so verdammt hilflos gefühlt. Ich konnte nicht mal nach Hilfe rufen, da ich mein Gesicht zu Boden drückte und verzweifelt versuchte meinen Kopf vor weiterer Gewalt zu schützen. Die Geräusche um mich rum wurden immer dumpfer und mein Sichtfeld schränkte sich weiter ein.  Ich fühlte mich benommen. Als der nächste Tritt in meinen Rippen landete, schloss ich die Augen. Ich merkte, wie meine Muskeln sich anfingen zu entspannen und mein Arm vom Kopf rutschte. 

Lotte
Residenz Seehotel Berlin-Brandenburg
9:43 Uhr

Ich fand es echt nett das Thomas mir einen Rock besorgt hatte. Es war zwar nicht meine Farbe, aber ich fand ihn echt schick. Lächelnd zog ich den Stoff glatt und blickte in den Spiegel. Perfekt. Vor meiner Zimmertür hörte ich ein Ehepaar mit Kind den Flur runter gehen. Da ich momentan ungerne Leuten begegnen wollte, verschwand ich nochmal in das Badezimmer und kämmte meine Haare. Erst als ich nichts mehr hörte, ging ich auf den Flur und steuerte das Nachbarzimmer an. Die Tür stand sperrangelweit auf. Was Thomas gegangen? "Thomas?" Unsicher klopfte ich nochmal an und betrat dann das Zimmer. Mir wurde richtig schlecht. Thomas lag mitten im Raum am Boden. Seine Nase blutete, die Stirn zierte eine große Platzwunde und die Arme sowie das Gesicht waren übersät mit großen und kleinen blauen Flecken. "THOMAS!" Ich stürmte sofort auf ihn zu und packte ihn an seiner Schulter. "Thomas! Bitte mach die Augen auf! Thomas!" Panisch schüttelte ich leicht an seiner Schulter.
Doch er regte sich nicht mehr. Ich holte Luft und fing an um Hilfe zu schreien. Es dauerte zum Glück nicht lange, bis andere Hotelgäste und Mitarbeiter dieser Unterkunft zur Hilfe kamen. 

Nur am Rande bemerkte ich, wie jemand einen Krankenwagen und die Polizei rief. Ich selber zitterte total und stand völlig neben mir. Die Panik in mir stieg wieder hoch und ich musste ebenfalls medizinisch versorgt werden. Als es mir einigermaßen gut ging, fing die Polizei mich an zu befragen doch... ich schwieg. Meine Angst war viel zu groß um die Karten auf den Tisch zu legen. Ich bat lediglich darum, mich zu Thomas in das Krankenhaus zu fahren. Als die Polizei meine bitte ablehnte, bot mir eine Frau ihre Hilfe an. Sofort fuhr ich, mit ihr zusammen, dem Krankenwagen nach. Leider musste ich dort angekommen, eine ganze Weile warten bis Thomas versorgt und auf seinem Zimmer war. Ich erfuhr nur, das er in den Stunden wo ich am Empfang saß, schnell in den OP musste. 

Clueso
Charite Berlin
Intensivstation
15:33 Uhr

Als ich die Augen einen Spalt öffnete, fühlte ich mich zwar benommen aber gleichzeitig richtig gut. Mein Sichtfeld war noch verschwommen. Ich hörte Stimmen aber ich wusste nicht zu wem sie gehörten. Jemand berührte mich am Arm und ich konnte ein leichtes stechen in der Armbeuge spüren.
"Er war ganz Tapfer"
"Wirklich?"
"Ja. Die Narkose ist noch nicht raus. Er wird wohl noch etwas brauchen um richtig zu sich zu kommen. Wir haben ihm etwas Morphium..." Mir fielen die Augen wieder zu. 

Das nächste war als ich die Augen öffnete, stand eine Dame im blauen Gewand neben mir. "Herr Hübner? Schön das sie langsam wach werden. Bitte bleiben sie liegen und kommen sie langsam zu sich. Ich bin Schwester Lara und versorge sie heute etwas" Ich musste so blöde grinsen das Schwester Lara mich nur verwundert ansah. "Ich fühl mich richtig gut" Über meine eigene Stimme erschrak ich mich etwas. Ich nuschelte total und klang als wäre ich so besoffen das ich nur noch lallte. "Alles gut Herr Hübner. Die Narkose lässt langsam nach und sie haben Morphium bekommen. Es ist wirklich nicht schlimm wenn sie etwas durcheinander sind"
"Wo ich meine Frau?",murmelte ich.
"Ihre Frau? Sie meinen ihren Ehemann?"

"Ehemann?"
"Ja? Er wartet vor der Tür bis wir hier fertig sind. Wenn sie noch etwas müde sind, dann schließen sie gerne noch etwas die Augen. Haben sie Schmerzen?"
"Nein" Mir tat überhaupt nichts weh. Ich bekam nur etwas Panik. Wieso erinnerte ich mich nicht mehr an meinen Ehemann? Oder daran das ich überhaupt auf Männer stand?
"Gut, dann helfe ich ihnen kurz was zu trinken und dann können sie sich weiter ausruhen. Ihren Mann schickte ich dann später rein" Lara half mir etwas mich aufzusetzen. Ich kam mir total blöd vor. Ich stand völlig neben der Spur. So sehr das die Schwester mir das Glas an die Lippen und mein Kinn etwas hochdrücken musste, damit ich vernümftig trank. 

Vincent
Charite Berlin
Vor dem Zimmer der Intensivstation
16:03 Uhr

Angespannt starrte ich auf mein Handybildschirm. Dag war jetzt gefühlt eine halbe Ewigkeit draußen am Rauchen, während Lotte auf Klo verschwunden war. Außer mir wartete niemand in diesem Flur. Als ich mir das Smartphone schnappte um Dag anzurufen, kam dieser ganz entspannt um die Ecke geschlendert. "Alter, wo warst du so lange?"
"Rauchen",murrte Dag nur. "Guck mich mal an!" Ich schnappte mir sein Kinn und drehte Dags Kopf zu mir. "Das ist jetzt nicht dein ernst oder?"
"Du weißt wie ich bin",verteidigte er sich halbherzig und befreite sich aus meinem Griff. "Ja, aber wir sind hier in einem Krankenhaus und nicht in Amsterdam"
"Da solltest du auch mal hinfahren um etwas runter zu kommen... Ah! Aua!",meckerte mein bester Freund als er mein Ellenbogen in die Rippen bekam. "Kannst du dich nicht einmal zusammenreißen wenn Nico uns bittet nach Thomas zu sehen?"
"Wieso ist er nicht selbst gefahren?"
"Weil er auf Tour ist? Wo wir auch waren?"
"Achja... stimmt..."

Stadt der Türme [Abgeschlossen]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt