Stadt der Türme [Abgeschlossen]

...der Freundschaft.

Clueso
Zimmer der Intensivstation
12:45 Uhr

"Was meinst du mit -Ich liebe Lotte-?"
"Das was ich gesagt habe. Ich... ich hab mich in Lotte verliebt, okay?"
"Lotte ist verheiratet"
"Mit einem Tyrann, Vincent!"
"Ich weiß, aber ich geb Dag nicht her. Ich kenne Dag mein halbes Leben. Wenn Dag stirbt dann..."
"Wir brauchen eine andere Lösung. Wir müssen zur Polizei"
"Und was sollen die machen? Wir wissen weder wo der Typ ist noch wo er Dag hat. Wenn er merkt, das wir die Polizei eingeschaltet haben dann ist Dag so gut wie tot"
"Wir faken mit einem Lockvogel eine Übergabe, zusammen mit der Polizei und holen Dag daraus"
"Lockvogel? Soll ich mich jetzt als Lotte verkleiden oder was? Du weißt schon das ich viel zu groß bin oder?"
"Nicht du. Aber jemand der weiblich und in etwa so groß wie Lotte ist"
"Und das wäre?"

Vincent
Berlin Tegel
SDP Studio
14:42 Uhr

"...Und deshalb brauchen wir genau deine Hilfe", schloss ich meine Ausführung. 
"Moment. Stop! Nur das ich es richtig verstanden habe: Lottes Mann misshandelt sie. Sie ist geflohen. Thomas hat sie aufgegriffen. Danach wurde Clueso ins Krankenhaus geprügelt und er hat sich Dag geschnappt, damit dieser... wie hieß er nochmal?"
"Oskar"
"...dieser Oskar Dag gegen Lotte tauschen will und jetzt soll ich mich als Lotte verkleiden und unnötig in Gefahr begeben?"
"Ja... Ja genau!" Elif guckte mich mit großen Augen an. "Du meinst das ernst oder?"
"Toternst, Elif. Ich kenne sonst niemanden der so groß wie Lotte ist. Komm schon! Braune Haare stehen dir bestimmt auch gut!"

Elif
Berlin Spandau
Wohnung von Vincent Stein
Am nächsten Tag 10:23 Uhr

"Perfekt!" Vincent nickte. "Jetzt sehr ihr euch zum verwechseln ähnlich" Er guckte zwischen mir und Lotte hin und her. "So kann ich nicht raus. Braun steht mir überhaupt nicht! Außerdem juckt die Perücke"
"Tut mir leid. Anders geht es nicht. Was sagst du Lotte?"
"Sieht gut aus!"
"Ist die Polizei schon informiert?", wollte ich wissen. Ich war ziemlich nervös. Ich legte mich hier gerade mit Mächten an, denen ich eigentlich nicht gewachsen war. "Ja ist sie. Liegen alle schon unauffällig auf der Lauer. Ich hoffe es geht nichts schief"
"Wie geht es weiter?"
"Wir fahren jetzt ohne Lotte zum ausgemachten Treffpunkt und starten die Übergabe. Sobald alle da sind und sich ein günstiger Moment ergibt greifen die Polizisten ein. Alles klar?"
"Okay" Ich wischte meine schweißnassen Hände an meiner Hose ab. "Ich bin zwar nicht bereit aber wir können los"

Die Fahrt zum Treffpunkt dauerte nicht lange. Die Übergabe fand in einem abgelegenen Waldstück statt. Zu meiner Erleichterung konnte ich keine Polizei oder Polizeiautos sehen. Das hieß, das der Entführer die Ordnungshüter ebenfalls nicht bemerken sollte. Nur ein schwarzer Wagen mit getönten Scheiben stand etwas abseits an einem Baum. Vincent hielt einige Meter entfernt und guckte mich ein letztes mal an. "Bereit?"
"Nein. Immer noch nicht" Ich stieg aus und Vincent folgte mir. Aus dem anderen Auto stiegen zwei Männer. Wer genau Oskar war, konnte ich nicht sagen. 

"Wo ist Dag?"
"Im Auto. Erst Lotte"
"Nein. Gleichzeitig" Der größere knurrte und gab seinem Kumpel ein Zeichen. Er öffnete hinten die Tür und hob Dag vom Rücksitz. Ich konnte an Vincents Gesicht sehen das ihm das ganz und gar nicht gefiel. "Geht's ihm gut?"
"Schluss mit den Spielchen! Rück sofort Lotte raus" Dann ging alles ganz schnell. Aus allen Himmelsrichtungen schwärmten Polizisten an. Mit gezogenen Waffen brüllten sie los. "AUF DEN BODEN!" Der Handlanger von Oskar ließ Dag fallen. Dieser schlug unsanft auf, rührte sich aber nicht. Ich wusste aber das er wach war. Ich vernahm trotz des ganzen Gebrülls ein schmerzhaftes keuchen aus seiner Richtung. 

Im ganzen Wirrwar riss mich, beim vorbei rennen, ein Polizist mit um wodurch ich mich leicht verletzte. Es dauerte einige Minuten bis die Situation unter Kontrolle war. 

Vincent
Treffpunkt der Übergabe
11:35 Uhr

In der ganzen Hektik bekam ich erst gar nicht mit das Elif gestürzt war. Ich sah, wie sie sich schmerzhaft aufsetzte und kontrollierte ob sie verletzt war. Elif kam klar also rannte ich los. Zu Dag. "Dag?" Bei ihm angekommen, versuchte ich sofort seine Fesseln zu lösen. Ich zog ihm die Augenbinde runter. "Dag!" Statt eines strahlens, wurde ich von riesen großen Pupillen begrüßt. "Was haben sie mit dir gemacht?" Mein bester Freund setzte sich mühevoll auf, fuhr sich träge durch die Haare und guckte sich immer wieder um. "Du scheinst etwas neben dir. Alles gut. Du bist in Sicherheit" Ich wollte Dag erst aufhelfen, aber er konnte sich nicht mehr von alleine auf den Beinen halten. Sein ganzer Zustand machte mir tierisch Sorgen. Nun kam auch Elif und die Polizisten dazu. "Er brauch ein Krankenwagen. Er steht unter Drogen oder sowas"

Eine freundliche Polizistin kniete sich zu Dag runter und lächelte ihn an. "Hallo. Können sie mir sagen wie spät es ist?" Dag schüttelte den Kopf. "Wissen sie welchen Tag wir haben?" Wieder schüttelte Dag den Kopf. "Wissen sie denn wo sie sind?" Dag guckte sich kurz unsicher um und schüttelte dann erneut den Kopf. "Wissen sie wer dieser Mann hier ist?" Sie zeigte auf mich und Dag nickte. "Vincent!" Im Anschluss leuchtete sie ihm erst in das eine und dann in das andere Auge. "Ich fordere sofort einen Krankenwagen nach. Es scheint mir als wüsste Herr Kopplin überhaupt nicht mehr was um ihn rum passiert" Ich nickte und legte vorsichtig meine Hände auf Dags Knie. "Alles wird gut okay? Wir bringen dich jetzt in das Krankenhaus und da guckt ein Arzt dich an" Wieder nickte Dag. Aber ich hatte eher das Gefühl das er das automatisch machte.

Auch für Elif wurde ein Krankenwagen gerufen, auch wenn sie sich scheinbar nicht doll verletzt hatte. Ich blieb die ganze Zeit bei Dag. Die Sanitäter nahmen ihm erstmal Blut für das Labor ab um es später zu untersuchen. Dags Puls war ungewöhnlich langsam. Die Rettungssanitäter hielten den Monitor mit Dags Herzschlag akribisch im Auge, falls er weiter sinken sollte. "Herr Stein?"
"Ja?"
"Ich kann nur Vermutungen anstellen, aber sein niedriger Puls, zusammen mit seiner Desorientiertheit wirken auf mich wie eine überdosiertes Beruhigungsmittel oder ähnliches. Ich halt sein Puls im Auge und im Krankenhaus guckt ein Arzt nochmal drüber und die Blutprobe wird im Labor untersucht" Ich nickte wieder. 

"Herr Kopplin? Sind sie müde?"
"Hmm" Der Sanitäter drehte sich jetzt wieder zu mir. "Er darf etwas schlafen. Ich hab alle Werte im Blick"
"Hast du das gehört Dag? Mach etwas die Augen zu" Da Dag nicht reagierte legte ich vorsichtig meine Hände auf seine Augen und dunkelte die Umgebung für ihn ab. "Alles gut. Wenn du müde bist, mach die Augen zu" Ich redete Dag eine Weile gut zu. Als ich die Hände dann von seinem Gesicht nahm, hatte mein bester Freund die Augen geschlossen und den Mund leicht geöffnet. Nun kümmerte sich der Rettungshelfer um Dags Kinn. Während des reinigens, wachte Dag immer mal wieder auf wurde aber recht schnell von dem, was auch immer da gerade durch seine Blutbahn gepumpt wurde, zurück in einen schlafenden Zustand gezwungen. Ich kann mich nicht erinnern mir jemals solche Sorgen um Dag gemacht zu haben. Egal was er sich als jugendlicher reingepfiffen hatte, so neben der Spur hab ich ihn noch nie erlebt.

Noch auf der Fahrt zum Krankenhaus rief ich seine ehemalige Psychologin an, damit Dag direkt Psychologische Hilfe hatte wenn er sie benötigen sollte. Ich hatte keine Ahnung wie es ihm psychisch gehen wird sobald er wieder richtig da war. Aber auch für Lotte besorgte ich auf eigene Kosten einen Psychologen für sie. Erst dann fiel mir ein, das ich noch Lotte und Thomas bescheid sagen sollte. Vier verpasste Anrufe von Clueso.