Vertrauen ist ein Gefährte...

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Vincent
Auf dem Weg zu seiner Wohnung
12:02 Uhr

Ich brach alle Straßenverkehrsregeln die es in ganz Deutschland gab, als mein roter Porsche quer durch die Stadt jagte. Mit jeder Minute wurde meine Sorge um Dag, der in der Gewalt dieses Irren war, größer. Quasi in Rekordzeit schaffte ich es zu meiner Wohnung, sprang aus dem Wagen, schloss unten auf und rannte die Treppe hoch. Dort zögerte ich jedoch. Vielleicht sollte ich lieber klingeln bevor ich Lotte erschreckte? Ja, ist besser. Ich drückte auf meinen eigenen Summer und wartete. Es dauerte etwas bis Lotte endlich zur Tür kam. Allerdings öffnete sie nicht. "Ja?" Ihr Stimme klang ängstlich. 

"Ich bin's. Vincent. Bitte mach schnell auf"
"Passwort?"
"Was für ein Passwort?"
"Na das geheime Passwort, welches ich mit Vincent abgemacht habe"
"Wir hatten aber kein Passwort abgemacht"
"Richtig. Komm rein" Lotte öffnete endlich die Tür. "Lotte, er hat Dag", fiel ich direkt mit der Tür ins Haus. "Wer?"
"Na dein Mann. Oder Ex Mann. Oder Freund. Ex Freund. Ach, ist ja auch egal. Guck dir das hier an" Ich zeigte Lotte das Bild von Dag auf meinem Handy. "Ist... das echt?"

Lotte fing an zu zittern. "Ja ist es. Das ist verdammt echt. Du musst endlich auspacken Lotte. Das muss aufhören!"
"Ist Thomas sauer?"
"Nein, ist er nicht. Und ich auch nicht. Ich bin nur so aufgelöst weil... Dag ist mein bester Freund. Er muss da raus" Ich übte ordentlich Druck auf Lotte aus. Das musste ich auch. Sie war die einzige die erklären konnte was genau hier abging. Und wir hatten keine Zeit mehr, um auf sie Rücksicht zu nehmen. Lotte wiegte den Kopf hin und her. Sie schien zu überlegen. "Lotte bitte. Er wird Dag noch umbringen wenn wir nichts unternehmen"

Ich konnte förmlich sehen wie Lotte unter dem Druck einknickte. "Okay. Aber zusammen mit Thomas" 
"Danke" Ich atmete erstmal gedehnt aus. "Ich bin mit dem Auto hier. Pack bitte ein was du brauchst und dann fahren wir direkt ins Krankenhaus" Ohne ein weiteres Wort an mich, verschwand sie in das Schlafzimmer. 

Dag
???
???

Ich hatte keine Erinnerungen daran, wie ich hier her gekommen war. Als ich die Augen öffnete, war alles um mich herum schwarz. Mein ganzer Kiefer schmerzte so doll, das ich das Pochen schon in den Ohren hören konnte. "Hallo?" Wie bei einem Echolot, wurde meine Stimme von den Wänden zurückgeworfen und kam zu mir zurück. Ich konnte nur vermuten wie groß der Raum wirklich war. "Hast du Angst?" Die dunkle Männerstimme schien gleichzeitig von überall und nirgends zu kommen. Das verschaffte mir sofort eine Gänsehaut. "Ich hab nie Angst", behauptete ich. "Das solltest du aber, Kopplin. Du willst doch nicht das wir ihm weh tun oder?"
"Vincent?" Sofort raste mein Herz. "Ja genau. Vincent. Das blaue Auge steht ihm"
"Was habt ihr gemacht?"
"Ach wir... haben nur etwas mit ihm gespielt. Du willst doch nicht das Vincent etwas... zustößt oder?"
"Nein, ich..."

"Gut. Dann hältst du schön die Füße still und machst was ich sage, klar?" 
"Ja" Mir wurde richtig schlecht. Sie hatten Vincent. Und er war verletzt. "Trink erstmal etwas" Schritte näherten sich. Als die Person, wer auch immer es war, bei mir ankam hielt sie mir eine Flasche an den Mund. Obwohl das Wasser komisch schmeckte, trank ich die Flasche leer. Mein ganzer Mund war trocken, ich hatte schon seit Stunden nichts mehr getrunken. "Das Wasser schmeckt komisch"
"Das weiß ich. Ich mach dich nur für den Transport bereit"
"Was für ein Transport?"
"Das hier ist nur eine Zwischenstation. Wir fahren gleich weiter"
"Wohin?"
"Zur Endstation. Aber davon wirst du nicht viel mitbekommen, keine Sorge"
"Was soll das heißen?"
"Das ich dein Wasser mit Diazepam versetzt habe" Ich fühlte mich sofort unwohl.

"Damit du während des Transportes nicht aus der Reihe tanzt"
"Und Vincent?"
"Der ist woanders"
"Okay" Schon wenige Minuten später fing ich an mich sichtlich zu entspannen. An den Rest kann ich mich nur noch Lückenhaft erinnern. Ich weiß noch wie ich plötzlich saß. "Ist er bereit?" Zwei Stimmen. Jemand griff nach meinem Kinn und zog mein Kopf leicht hoch. "...etwas viel..." Als ich runter guckte sehe ich meine Füße. Ich laufe. Nur... wohin? Abrupt werde ich getragen. Aus einem Autofenster sehe ich Bäume. "Dag?" Vincent? "Dag!"

Vincent
Zimmer der Intensivstation 
12:32 Uhr

Im Eiltempo stolperte ich mit Lotte in Thomas sein  Zimmer. "Hier sind wir"
"Thomas ich..." Lotte hatte sofort Tränen in den Augen doch Clüsen wank ab. "Es ist nicht deine Schuld. Aber bitte klär uns auf. Nur so können wir das ganze hier endlich beenden" Lotte nickte ziemlich geknickt und setzte sich erstmal. Dann begann sie langsam zu erzählen. 

"Der Typ ist mein Mann. Ich und Oskar haben uns vor 5 Jahren kennen gelernt" Kurz lächelte sie sogar. "Ich hatte mir den Knöchel verstaucht und musste ins Krankenhaus. Oskar ist Arzt und hat sich meinen Fuß angeguckt. Er war echt süß und charmant... Etwas später haben wir uns per Zufall nochmal auf Tinder gematcht und sind ausgegangen. Ich war über beide Ohren verknallt, Oskar war einfach perfekt. Er hat mich auf Händen getragen. Er hat mir jeden Wunsch von den Lippen abgelesen. Ich hab Anfangs gar nicht gemerkt wie übergriffig er geworden ist. Es fing mit Eifersucht an. Er hat mein Handy kontrolliert. Ich musste zu allen Männern den Kontakt abbrechen. Nicht mal mehr mit meinem Vater durfte ich reden. Er hat mich total isoliert. Von all meinen Kontakten. Irgendwann fing er an mich zu schlagen. Doch er hatte mich schon so manipuliert das ich mich nicht mehr getraut hatte meine Sachen zu packen und zu gehen. Ich hatte doch niemanden mehr. Ich wusste nicht wohin. Selbst zu der Hochzeit hatte er mich gedrängt"

"Was ist an dem Abend als du mir vor das Auto gelaufen bist passiert, Lotte?",flüsterte Thomas.

"Ich... Ich hatte vergessen das er Abends Schnitzel essen wollte und hab Spagetti gemacht, da ist er ausgerastet und hat angefangen auf mich einzuschlagen. Ich hatte solche Angst ich... er hat gesagt er bringt mich um ich... Ich bin in den ersten Stock geflüchtet und aus dem Fenster geklettert. Ich bin auf ein Vordach geklettert und bin von da runter. Dann bin ich einfach los gerannt und er kam hinterher. Ich bin gerannt bis mir die Lungen weh taten, da hab ich dein Auto gesehen und bin davor gerannt, weil ich dringend Hilfe brauchte..." Lotte zitterte so sehr. Ich legte meine Hand vorsichtig auf ihre Schulter. "Alles gut. Möchtest du kurz raus und etwas Luft schnappen?" Sie nickte. "Ich muss kurz was trinken" Fluchtartig verließ sie das Zimmer und ließ mich mit Thomas alleine zurück.

Es herrschte eine bedrückte Stille. Jeder von uns schien sich seinen Teil zu denken. "Was machen wir jetzt, Vincent?" Thomas guckte mich verzweifelt an. Er selbst war gerade nicht fähig irgendwas zu unternehmen. "Ich sag es ungerne Thomas, aber wir müssen Lotte gegen Dag tauschen!"
"Was? Bist du bescheuert? Nein"
"Doch Thomas! Du weißt wie viel mir Dag bedeutet. Er ist psychisch krank, brauch seine Tabletten und kriegt womöglich noch ein Trauma wenn wir weiter warten. Was weiß ich, was sie mit ihm machen"
"Ich weiß wie viel Dag dir bedeutet aber ich tausche Lotte nicht gegen Dag ein"
"Jetzt reiß dich zusammen. Dag ist unser Freund und sie zieht uns gerade in Sachen rein, mit denen wir gar nichts zu tun haben"
"Ich tausche nicht"
"Hör auf so stur zu sein. Mir bedeutet Dag eine Menge und..."
"Ich tausche Dag nicht gegen Lotte, weil ich Lotte liebe!"
"...Was?"





Stadt der Türme [Abgeschlossen]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt