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"Guten Morgen", begrüßte mich der Mann auf welchem ich lag. Ich schreckte hoch. "Neal", entfuhr es mir erschrocken. "Der aller echte", erwiderte er, "Ich wollte dich nicht wecken letzte Nacht, deswegen bin ich einfach liegen geblieben, ich hoffe das war okay" "Ja klar", antwortete ich schnell. Ich brauchte einen Moment um zu realisieren was passiert war. Ich war auf seiner Brust eingeschlafen. "Okay, ich gehe mich jetzt umziehen und danach mache ich uns Frühstück" "Alles klar, ich werde mich dann auch umziehen, wo ist denn dein Bad?", fragte er. "Den Flur entlang die letzte Tür rechts" Erschnappte sich seine Klamotten von gestern und verschwand es in Richtung des Bades.

Ich verschwand auch in mein Schlafzimmer und zog mir meine Anzughose, mein Hemd und meine Anzugweste an und ging dann zurück in die Küche. Als Neal den Raum betrat kommentierte er pfeifend mein Outfit: "Du siehst richtig gut aus" "Danke" Ich klaute mir seinen Hut, der noch auf der Küchenablage lag und setzte ihn auf. 

Mir fiel in dem Moment auf, dass wir uns schon wie ein richtiges Paar verhielten, abgesehen davon dass wir noch nicht miteinander rummachten oder uns voreinander umziehen. Obwohl, es soll auch Paare geben die sich nicht voreinander umziehen. So schnell wollte ich mich doch gar nicht auf ihn einlassen!

"Der Hut steht dir", hauchte er als er mir nahe gekommen war, "aber das ist meiner" Er nahm den Hut von meinem Kopf und setzte ihn sich selbst mit einer eleganten Handbewegung auf. "Diesen Flip musst du mir beibringen!", forderte ich. "Das bleibt mein Geheimnis", sagte Neal, "mich soll ja nicht jeder kopieren können"

"Dann bringe ich es mir selbst bei" Selbstsicher klaute ich seinen Hut und versuchte die Bewegung, die ich bei Neal gesehen hatte, nachzumachen. Die Betonung lag auf dem Versuch. Neal begann zu lachen, was meinen Verdacht bestätigt, dass ich komplett affig dabei aussah. "Hör auf mich auszulachen Caffrey" "Würde ich nie wagen" Sein Lachen wurde ansteckend und somit lachte ich mit. 

"Setz dich, ich mach Frühstück", verlangte ich von ihm. "Das lass ich mir nicht zweimal sagen" Neal setzte sich an den Esstisch und sah mir dabei zu, wie ich Pancakes machte und etwas Obst aufschnitt, dazu gehörten unter anderem auch Erdbeeren und Trauben. Die Teller waren angerichtet, also stellte ich ihm seinen vor die Nase und setzte mich mit meinem gegenüber. "Lass es dir schmecken", sagte ich ihm. "Danke, dir auch einen guten Appetit"

Er begann zu essen und ich beobachtete ihn ganz genau, um zu wissen ob es ihm schmeckte. Er schien es zu genießen. "Köstlich", untermalte er seinen Gesichtsausdruck. "Freut mich, dass es dir schmeckt"

Danach war Stille am Tisch. Während Neal offensichtlich einfach das Essen genoss, war ich unsicher ob ich schon soweit war. Mich mit ihm wie in einer Beziehung zu verhalten, überhaupt auch irgendwann eine Beziehung mit ihm einzugehen. Wollte ich das? Ich weiß es nicht... Mir gefiel die Situation in der wir beide uns gerade befanden, andererseits sagte mir etwas dass ich ihm nicht trauen konnte.

Aber war das vielleicht ein Ich Problem und nicht ein Er Problem? Ich meine meine Ex Freunde haben viel dafür getan, dass ich Schwierigkeiten habe mich auf Männer einzulassen.

Der erste den ich im frühen Jugendalter hatte, war mit mir zusammen gekommen um näher an meine damalige beste Freundin ranzukommen. Toller Start in Sachen Liebe und vertrauen zu fassen. Nicht, dass ich richtig verknallt gewesen wäre, aber es ging um das Prinzip, dass ich gelernt hatte, dass man nie die Absichten anderer Personen kennen kann.

Der zweite hätte mir die Welt zwar zu Füßen gelegt, war jedoch sehr schweigsam. Meine beste Freundin wusste mehr über ihn als ich und eine dumme Prank Idee von ihm hat dafür gesorgt, dass meine beste Freundin und ich heftig Streit hatten... auch wenn er das nicht beabsichtigt hatte und ich mitgemacht hatte, gab ich irgendwie ihm die Schuld. Er hat mich auch einfach an manchen Stellen unwohl fühlen lassen.

Die Kurzfassung vom dritten Freund waren Beleidigungen, Entmutigungen und die Tatsache, dass Menschen nicht immer so sind wie sie sich nach außen und im Internet geben. Ich weiß heute noch, was für eine Last von mir fiel, als ich mit ihm Schluss machte.

Aber konnte ich das auch alles Neal zurechnen? Bis jetzt war er zu mir immer ein aufrichtiger Mann gewesen. Er gab sich Mühe, dass ich mich wohl fühlte, er war schlau und hat eine extrem gute Menschenkenntnis. Des Weiteren arbeitete er mittlerweile fürs FBI, schien seine kriminelle Vergangenheit hinter sich gelassen zu haben. 

"ANNA!", rief Neal und riss mich aus meinen Gedanken. "Erschreck mich doch nicht so", fluchte ich, ärgerte mich über mich selbst, den die Erkenntnis kam erschütternd. Die Vertrauensprobleme die ich zu ihm hatte lagen nicht an Neal, sondern an mir. Etwas was ich mir die letzten Jahre verweigert hatte einzugestehen.

"Tschuldigung, aber du hast ja nicht auf mich reagiert", sagte er, "Ist alles okay bei dir?" Ich bejahte das schnell, ich war noch nicht bereit diese intimen Gedanken mit ihm zu teilen, das musste ich erst einmal selbst verarbeiten. Er schien mir nicht zu glauben. "Bist du sicher?", harkte er also nach. "Nichts was dich jetzt beschäftigen müsste", antwortete ich stattdessen einfach. "Peter hat angerufen, ich muss jetzt los. Ruf mich an, ja?" Er deutete auf einen Zettel wo seine Nummer draufstand.

Ich nickte. Wann hatte er das denn gemacht? War ich wirklich so in Gedanken gewesen? "Wir sehen uns", rief ich ihm noch hinterher als er das Haus verließ. "Darauf kannst du Gift nehmen", erwiderte er. Dämliches Sprichwort. Aber viel wichtiger war, dass ich jetzt wusste was los war.

Zwei Welten kollidierenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt