Kapitel 15

8 3 1
                                    

Lily

Eine knappe Woche nach dem Pflanzen-Fiasko schaute ich unschlüssig auf mein Handy. Darauf war der Chat zwischen Lucas und mir geöffnet. Die Tagesanzeigen verrieten, dass zwischen den vorangegangenen Gesprächen einige Tage vergangen waren. Die letzte Nachricht meinerseits zeigte nur ein kleines schwarzes Fragezeichen-Symbol. Dahinter prangten zwei blaue Häkchen welche mir zeigten, dass er die Nachricht definitiv gelesen hatte.
Darunter nun nach endlosem Warten eine neue WhatsApp.

Hallo Lily,

entschuldige tausend Mal, dass ich nicht die Zeit dafür gefunden habe, mich bei dir zu melden! Auf meiner Arbeit ging es ziemlich rund... wir arbeiten aktuell an einem neuen Projekt, ich springe für einige Kollegen ein und muss mich gefühlt um alles gleichzeitig kümmern. Mein Kopf ist so voll, ich befürchte, dass er bald mit einem lauten Knall explodiert. Du warst aber immer ein wichtiger Bestandteil, der mich motiviert hat weiterzumachen. Ich bete innerlich, dass du mir zu böse deswegen bist. Doch ich kann auch verstehen, wenn du jetzt wütend auf mich bist. Immerhin kennen wir uns noch nicht lange genug und da kommt es richtig scheiße, wenn ich dir nicht mehr schreibe. Es würde mich freuen, auch von dir zu hören. Wie waren die letzten Tage? Ich hoffe Siri war nicht zu streng? Und wie geht es Smilla und den Katzen? 

Dein Lucas

"Smilllaaa", rief ixh aufgeregt in Richtung des Bades, wo sich meine Mitbewohnerin gerade einer halbstündigen Dusche unterzog. Ich konnte die Musik bis in den Flur dröhnen hören. Irgendwas Metal-Artiges konnte ich heraushören, genauso den schiefen Gesang, der aus Smillas Kehle drang. Gut, sie hatte mich also nicht gehört. Mit einem der Schokoladenkekse zwischen den Fingern und meinem Handy in der linken Hand tapste ich barfuß den kurzen Weg zum Badezimmer, schluckte den letzten Rest herunter und donnerte mit der nun freigewordenen Hand gegen die hölzerne Tür. Meist schloss Smilla die Türen ab, da unsere Katzen sonst keine Ruhe geben würden und hoffte darauf, dass sie endlich reagierte. Siehe da, das Klopfen hatte funktioniert! Ich hörte, dass das Wasser leiser wurde, das Aufgehen der Duschtür und das Leiserstellen der Musik.
"WAS?!", brüllte meine Mitbwohnerin lautstark.
"Lucas!", schrie ich zurück und fragte mich insgeheim, ob unsere Nachbarn uns mittlerweile für komplett verrückt halten würden. Nicht nur, dass wir letzte Woche mit einer Kiste voller Pflanzen einen Haufen Dreck im Hausflur hinterlassen hatten, nein. Auch waren unsere Gespräche für niemanden wirklich zum Zuhören geeignet.
"Was ist Lucas?!", kam es aus dem schallenden Badezimmer zurück. 
"Er hat mir geschrieben!", meldete ich mich zurück und wartete ungeduldig vor der Tür. Ein leises Scheppern der Duschtür, bevor Smilla mit triefenden Haaren vor mir zum Stehen kam. Das weiße Handtuch deckte nur das Nötigste ab; nicht das ich Smilla und ihre Liebschaften schon in schlimmeren Situationen gesehen hätte.
"Zeig her!", sagte Smilla und fummelte mir mein Handy aus der leicht angeschwitzten Hand. Ihre Lippen bewegten sich tonlos und lasen den Text durch, den er mir geschrieben hatte. Fast eine Unendlichkeit später reagierte Smilla zuerst mit einem Augenbrauen zusammenziehen, bevor ihre Mundwinkel ein breites Lächeln annahmen.
"Schau, ich hab doch gesagt, er schreibt dir, wenn er es wirklich ernst meint". Ihr Grinsen verweilte, doch in meinem Inneren schienen tausend verschiedene Achterbahnen gleichzeitig zu fahren. Mein schlechtes Bauchgefühl setzte ein. Was, wenn er jemanden anders abserviert hatte und mich nun als eiserne Reserve ausnutzen wollte?
Meine Mitbewohnerin schien meine Gedanken lesen zu können, denn ihre Mundwinkel ließen langsam nach.
"Du freust dich nicht?", stellte sie fest und gab mir das Handy wieder zurück. Unentschlossen schaute ich noch einmal auf die Nachricht, las sie ein zweites Mal durch und konnte nicht glauben, dass das die Realität war.
"Was, wenn er das nur schreibt, aber nicht ernst meint? Was, wenn er mich wirklich vergessen hat? Was, wenn er sich das nur ausdenkt, damit ich darauf reinfalle?"
Smilla presste ihre Lippen fest aufeinander und rückte ihr Handtuch zurecht.
"Ach Maus...", fing sie an und seufzte laut.
"Ich glaube ihm. Und du solltest ihm auch glauben. Ihr habt so gut miteinander harmoniert, dass wird was. Versprochen! Du musst ihm nur die Möglichkeit geben, sich zu entschuldigen. Wir alle machen täglich Fehler. Und er hat nun mal so viel um die Ohren gehabt, dass er einfach nicht Schreiben konnte. Mal davon abgesehen, dass du mir immer noch nicht geantwortet hast, welche Lasagne wir für heute Abend einkaufen sollen!"
Ich verdrehte meine Augen.
"Das ist was komplett Anderes! Mal davon abgesehen, dass wir beide in der gleichen Wohnung leben und uns jeden Tag sehen!", ahmte ich Smilla nach, die nun leicht zu zittern begonnen hatte. Ich bat sie, wieder unter die warme Dusche zu huschen und schleppte mich wieder auf die Couch zurück, auf der die beiden Main Coon Katzen ihren Platz eingenommen hatten.
Weggegangen, Platz gefangen. So ging doch der Spruch irgendwie, dachte ich mir und gab ihnen ihren Willen. Im Fernsehen lief gerade The Big Bang Theorie.
Ich schaute zu, wie Leonard verzweifelt versuchte, Pennys Herz zu erobern und immer wieder scheiterte. Würde ich die Staffeln nicht alle auswendig und ihr Ende kennen, könnte ich wirkliches Mitleid mit ihm teilen. Er war genauso ein Außenseiter wie ich. Vielleicht nicht ganz so sehr und schmerzlich getroffen. Doch es fiel ihm ebenfalls nicht leicht, bei der Person zu punkten, die er umschwärmte. Meine Gedanken rutschten wieder zu Lucas.
Was, wenn es ihm genauso ging?
Smilla hatte recht. Ich sollte ihm eine zweite Chance geben. Automatisch flogen meine Finger über den Chat, öffneten das Schreibfeld und trugen ein paar kurze Worte zusammen:

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Jun 09 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

Don't Trust NobodyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt