Kapitel 28 - Gewöhnungsbedürftig

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„Warum hast du das getan?", fragte Harry ganz ruhig. „Ich bin davon ausgegangen, dass du uns heimlich beim Sex aufgenommen und das Video anschließend veröffentlicht hast, um mir irgendetwas heimzuzahlen. Ich war frustriert und ein bisschen betrunken", sagte Louis ehrlich. „Und jetzt möchtest du wieder mit ihm zusammen sein?", fragte Harry sichtlich verunsichert, doch Louis schüttelte den Kopf. „Wird das wieder passieren?", fragte Harry weiter. Erneut schüttelte Louis den Kopf. „Harry, ich möchte mit dir zusammen sein, aber ich vertraue dir nicht. Ich weiß nicht, ob ich das irgendwann kann. Ich war mir von der ersten Sekunde an sicher, dass nur du Schuld an der Situation haben konntest. Ich habe nicht einmal darüber nachgedacht, dass es hätte anders gewesen sein können", sagte Louis leise.

„Aber ich war doch selber auf dem Video zu sehen? Warum hätte ich es veröffentlichen sollen?", fragte Harry. „Ich weiß es nicht. Ich war so frustriert und unglaublich enttäuscht, dabei habe ich vergessen, dass es für dich vermutlich nicht weniger beschissen war", sagte Louis. „Ja, das war es. Aber viel schlimmer waren die letzten fünf Tage", sagte Harry. „Ich liebe dich, Harry. Es tut mir leid, dass ich abgehauen bin, anstatt mit dir zu reden. Dieses ernsthafte Beziehungs - Ding ist einfach komplett neu für mich", sagte Louis. „Für mich doch auch. Können wir nicht versuchen, da gemeinsam reinzuwachsen?", fragte Harry. „Wenn du mir verzeihst, dass ich abgehauen und den nächstbesten Mann geküsst habe?", fragte Louis. „Wenn du mich im Gegenzug auch küssen würdest, könnte ich darüber nachdenken, dir diesen Ausrutscher zu verzeihen", sagte Harry, untermalt von einem zufriedenen Nicken.

Louis nickte ebenfalls und beugte sich Harry etwas entgegen, bis ihre Lippen sanft aufeinander trafen, doch er zog sich sofort wieder zurück, da er einen erneuten Tränenausbruch nicht verhindern konnte. Er drehte sich von Harry weg, der ihn jedoch vorsichtig wieder zurückdrehte und seine Arme um ihn legte. „Du sollst mich nicht weinen sehen", sagte Louis mit zittriger Stimme. „Der Vorsatz mit dem gemeinsam reinwachsen hat ja wirklich lange gehalten", sagte Harry leise. Als Louis ihn leise lachend ansah, entdeckte er die Tränen, die sich auch in Harry's Augen sammelten. „Wir sind ein schreckliches Paar", sagte Louis leise lachend. „Sind wir nicht. Wir sind gewöhnungsbedürftig", erwiderte Harry und presste seine Lippen auf die von Louis.

Während Louis seinen Kopf in Harry's Halsbeuge versteckte, spielte er mit seinen braunen Löckchen und wickelte sie immer wieder um seine Finger. „Hat es gerade geklopft?", fragte Harry irritiert. „Hm?", fragte Louis, der alles um sich herum ausgeblendet hat. Es benötigte ein weiteres Klopfen, bis Louis sich notgedrungen aufrichtete und zur Tür ging. Er öffnete sie einen Spalt und blickte in die besorgten Augen seiner Mutter. „Hi Mom, was gibt's?", fragte er leise, um seine Geschwister nicht zu wecken. „Die Wände sind sehr dünn. Du hast Besuch?", fragte sie. „Ja, Harry ist da", sagte Louis mit leuchtenden Augen und aufeinander gepressten Lippen. Sanft schob sie ihren Sohn zur Seite, um einen Blick auf Harry zu erlangen. „Hübscher junger Mann", flüsterte sie Louis mit einem Zwinkern zu und verschwand wieder im Schlafzimmer.

Kopfschüttelnd und grinsend schloss Louis die Tür hinter ihr. „Ich konnte mich ihr gar nicht vorstellen. Sie hat sich nicht vorgestellt. Louis, war das jetzt mein erster Eindruck? Kannst du sie nicht nochmal herbringen?", fragte Harry nervös. „Bleib ruhig. Wir können morgen zusammen frühstücken, bevor wir zurück nach Cambridge fahren", sagte Louis schmunzelnd. Angespannt quälte Harry sich ein Nicken hervor. „Hast du noch nie die Eltern von einer Person kennengelernt?", fragte Louis. „Doch, schon. Aber da hatte ich nicht das Gefühl, zwingend einen guten Eindruck machen zu müssen", sagte Harry noch immer sichtlich nervös. „Meine Mom ist super entspannt und empfängt jeden mit offenen Armen", sagte Louis, was Harry erleichtert ausatmen ließ. „Du musst dich eigentlich nur vor meinen Schwestern in Acht nehmen", sagte Louis mit einem Zwinkern.

„Nicht witzig. Ich bin irgendwie ein kleines bisschen angespannt. Was ist, wenn sie mich nicht mögen?", fragte Harry. „Kann ich mir nicht vorstellen. Andererseits hasst deine Schwester mich auch", erwiderte Louis. „Sie ist dir gegenüber neutral eingestellt", widersprach Harry. „Das ist der Inbegriff von Hass, Harold. Willst du eigentlich in deinen Klamotten schlafen?", fragte Louis. „Darf ich denn überhaupt hier schlafen?", fragte Harry vorsichtig. „Wo willst du denn sonst schlafen? Im Auto?", fragte Louis irritiert. „Ich habe mir einen Schlafsack mitgebracht für den Notfall, ja", sagte Harry leise. „Zieh dich schon aus und komm mit mir unter meine für dich viel zu warme Decke", sagte Louis zufrieden und entledigte sich seiner eigenen Kleidung.

***

Als Louis am nächsten Morgen die Augen öffnete, traf er direkt auf Harry's Blick. „Sag mal, beobachtest du mich?", fragte Louis und begann, sich ausgiebig zu strecken. „Ja", antworte Harry zufrieden. „Dann lass das wieder, das ist unheimlich", sagte Louis lachend und zog die Decke über den Kopf. Sanft schloss er seine Arme um Harry's durch die Decke spürbar aufgeheizten Körper. „Meine kleine Heizung", murmelte Louis zufrieden und verteilte kleine Küsse auf Harry's Oberkörper. „Lou, ich habe gar keinen Hunger. Vielleicht frühstückst du einfach allein mit deiner Familie und ich klettere solange aus dem Fenster und warte im Auto?", fragte Harry schmunzelnd. „Klingt das für dich wirklich nach einer guten Idee?", fragte Louis lachend.

„Denkt deine Mom, dass ich ein Sextape von uns veröffentlicht habe?", fragte Harry, der sich allmählich aufrichtete. Louis nickte. „Ja, dann ist es sogar eine hervorragende Idee", sagte Harry zuversichtlich und lief zum Fenster, um es zu öffnen. „Harry, sei kein Idiot und komm wieder her", bat Louis lachend und zog ihn am Arm zurück. „Vielleicht geh ich zuerst in die Küche und wenn ich dir das Zeichen gebe, kommst du nach. Wollen wir es so machen?", bot Louis an, was Harry zufrieden nicken ließ. Louis zog sich seine Kleidung über und lief die schmale Treppe zur Küche nach unten, in der es bereits hervorragend duftete. „Guten Morgen, Mom", sagte Louis und schloss sie von hinten in die Arme, während sie das Rührei vorbereitete.

„Guten Morgen, mein Schatz. Schön, dich endlich wieder lächeln zu sehen", sagte sie, als sie sich in der Umarmung zu ihrem Sohn drehte. „Harry hat Angst, dass du ihn hassen könntest. Er traut sich nicht nach unten", sagte Louis grinsend. „Warum sollte ich ihn hassen, wenn du ihm offenbar verziehen hast?", fragte sie. „Er war es nicht. Er hat es mir gestern erklärt und ich denke, ich glaube ihm", sagte Louis schulterzuckend. „Und er ist extra mitten in der Nacht nach Doncaster gefahren?", fragte sie weiter. „Und hat vorher Liam's Handy gestohlen", fügte Louis an. „Mein Sohn ist also mit einem Kriminellen zusammen. Welche Mutter wünscht sich das nicht", sagte sie leise lachend.

Louis half seiner Mutter bei der Dekoration des Tisches und lief kurz darauf wieder nach oben, um Harry zu holen. „Sie hasst mich wirklich nicht?", fragte er noch einmal zur Absicherung. „Nein, jetzt komm schon", sagte Louis kopfschüttelnd. Er griff nach Harry's Hand und zog ihn nach unten in die Küche. „Na du traust dich ja was, in unserem Haus aufzutauchen", sagte Louis' Mutter zur Begrüßung ernst. Harry fuhr sofort zu Louis rum. „Du hast doch gesagt, dass alles gut ist. Das hast du gesagt. Du hast mich angelogen", sagte Harry panisch. „Sie verarscht dich doch nur", klärte Louis ihn laut lachend auf. „Ich bin Jay, schön dich kennenzulernen, Harry", sagte sie mit einem so sanften Lächeln, wie es nur für die besten Mütter üblich war.

Erleichtert atmete Harry aus und reichte Louis' Mutter die Hand. „Freut mich auch, Jay", sagte er. „Wo sind die Mädchen?", fragte Louis. „Die sind alle schon in der Schule, es ist schon fast zehn Uhr, ihr Schlafmützen", sagte sie. „Siehst du, du lernst meine Familie in kleinen Dosen kennen. Alles halb so wild", sagte Louis zufrieden und setzte sich mit seiner Mutter und Harry an den Frühstückstisch. Harry konnte die Nervosität nicht ablegen, was Louis den einen oder anderen Lacher hervorlockte, da er Spaß daran hatte, ihn aufzuziehen. Das Frühstück war dennoch vollkommen gelungen und er freute sich über die Tatsache, dass Harry wieder bei ihm war. Auch wenn er es sich nur schwer eingestehen konnte, so hatte er Harry doch ganz schrecklich vermisst.

Sie halfen nach Abschluss des Essens beim Abräumen und teilten sich den Abwasch auf. „Wieso habt ihr keinen Geschirrspüler?", fragte Harry, der seit schätzungsweise fünf Minuten versuchte, einen festgeklebten Krümel vom Teller zu entfernen. „Weil meine Familie nicht über einen Regenbogen gelaufen und an dessen Ende in einen Goldtopf gefallen ist, du kleine Bonze", erwiderte Louis. „Ich sollte deine Mutter zum Geburtstag einen Geschirrspüler schenken, abwaschen ist eine unwürdige Aufgabe", sagte Harry. „Du wirst meiner Mutter keinen Geschirrspüler schenken, du Idiot", sagte Louis lachend und tauschte mit Harry, dass dieser nun lediglich abtrocknen musste.

„Fahrt bitte vorsichtig und sagt Bescheid, wenn ihr angekommen seid", sagte Louis' Mutter zur Verabschiedung. Sie schloss nicht nur Louis, sondern auch Harry in ihre Arme, ehe die beiden zum Fahrzeug liefen. „Ich hab's geschafft. Ich habe deine Mutter überlebt", sagte Harry zufrieden, nachdem die Tür sich hinter ihnen schloss. „Willst du mich eigentlich verarschen? Deine Schwester hat nachts mit einem Messer vor deiner Tür darauf gewartet, dass sie mich endlich alleine erwischt und du machst dir Sorgen um meine Mom?", fragte Louis lachend. „Meine Schwester ist nur darauf bedacht, dass es mir gut geht. Sie würde dir niemals etwas tun. Also nichts wirklich schlimmes zumindest", sagte Harry. „Arschloch", sagte Louis mit aufeinander gepressten Lippen, während er eine Hand auf Harry's Oberschenkel ablegte und sanft darüber streichelte.

Cambridge Apostles | L.S.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt