Kapitel 23

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4 Monate später:

"Kannst du mir vielleicht die Kartoffeln geben?" fragte ich, während ich mich über die frisch umgegrabene Erde beugte.

„Klar doch, Prinzessin."

Cain brachte mir die Kartoffeln, während er sich wieder daran machte, die Karotten anzupflanzen. Es war seit ein paar Wochen Frühling, und die Natur erwachte langsam aus ihrem Winterschlaf. Die Luft roch nach feuchter Erde und frischem Grün, und die Vögel zwitscherten fröhlich in den Bäumen. Wir hatten beschlossen, mit dem Anbau von Obst und Gemüse zu beginnen, um unsere Vorräte aufzustocken.

Dieses Mal waren wir zu zweit, und das machte alles einfacher. Gemeinsam hatten wir das Feld erweitert, so dass wir bei der Ernte genügend Essen für uns beide hatten.

Ich konnte immer noch nicht glauben, dass Cain seit über einem halben Jahr bei mir war. In Laufe der Zeit wurden wir immer enger zueinander und jetzt kannte ich fast alle seine Stärken, Schwächen und Gewohnheiten. Seitdem er bei mir war, fühlte ich mich vollständig und Glücklich.

Ich konnte mir gar nicht mehr vorstellen, hier draußen allein zu sein. Die Einsamkeit, die mich früher umgeben hatte, war wie weggeblasen, und an ihrer Stelle war Liebe und Wärme getreten. Trotz der schwierigen Anfangsphase war ich froh ihn zu haben. Aber in unserer Beziehung lief alles großartig und auch er wirkte sehr glücklich.

Die Vögel zwitscherten über uns. Es war ein warmer Frühlingstag, und ich genoss es, Zeit mit meinem Lieblingsmenschen zu verbringen und den Moment zu genießen. Der Winter war zwar nicht schlimm gewesen und wir hatten meistens etwas zum Essen, aber ich mochte die Wärme dann doch viel lieber.

Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als Cain aufsprang. Verwirrt schaute ich ihn an, aber dann hörte ich ebenfalls ein Rascheln aus der Ferne. Vielleicht ein Reh? Doch als ich den Ausdruck auf Cain's Gesicht sah, wusste ich sofort, dass es sich nicht um ein Tier handelte. Sofort stand ich ebenfalls auf und richtete meinen Blick in die Richtung des Geräuschs.

„Annabell, geh in die Hütte!" befahl er mir und ich hatte ihn noch nie so angespannt und ernst erlebt. Das war keine Frage gewesen, sondern ein Befehl und ich spürte den Drang in meinen Beinen, in die Hütte zu gehen. Aber mein Kopf gewann. Ich wollte ihn nicht hier draußen alleine lassen, schließlich hatte er mir das Kämpfen beigebracht.

Bevor wir auch nur die Möglichkeit hatten, darüber zu diskutieren, sprang ein grauer Wolf aus dem Gebüsch. Er war deutlich kleiner als Cain's Wolfsgestalt, aber dennoch strahlte er eine bedrohliche Aura aus. Cain stellte sich beschützend vor mich, aber ich machte einen kleinen Schritt zur Seite, um einen besseren Blick auf die Situation zu bekommen.

Cain fing laut und bedrohlich an zu knurren. Obwohl ich ihn schon bei spielerischen Momenten oder in Momenten der Frustration hatte knurren hören, war dieses Knurren anders. Es durchdrang die Stille der Lichtung und ließ alles um uns herum verstummen. Es war ein knurren voller tödlicher Entschlossenheit, das jeden in seiner Nähe erstarren ließ.

In mir stieg eine Welle der Angst hoch. Was würde passieren, wenn der Wolf uns angreifen würde? Ich konnte Cain nicht auch wegen eines angreifenden Werwolfs verlieren. Nicht so wie meine Eltern und meinen Bruder.

Doch anstatt auf uns zuzurennen, neigte der Wolf den Kopf und machte sich klein. Es sah fast so aus, als hätte er Angst vor uns, oder genauer gesagt vor Cain, welcher den Eindringling wütend und genau beobachtete.

„Verwandle dich zurück!" befahl Cain mit einer Ruhe in seiner Stimme, die ich mir auch wünschte zu besitzen.

Tatsächlich gehorchte das Wesen und in der nächsten Sekunde stand ein nackter Mann vor uns. Er war klein und etwas pummelig, mit ein paar Falten auf seiner Stirn, die ihn älter erscheinen ließen, vielleicht in seinen späten Dreißigern.

Herzen in Fesseln: Mein Gefangener, mein MateWo Geschichten leben. Entdecke jetzt