Kapitel 13

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Damals und heute – London, Oktober 1987

Das St. Mungos Hospital war der einzige Ort der Zaubererwelt, der sich nicht zu verändern wagte. Das Zaubereiministerium hatte sich selbst in der Zeit, in der Ophelia dort arbeitete verändert, Hogwarts hatte jedes Jahr mindestens einen neuen Lehrer und in der Winkelgasse zogen auch immer wieder Läden ein und aus.

Es war ein ständiger Wechsel, den Ophelia schon seit Jahren beobachtete. Doch das St. Mungos Hospital veränderte sich nicht.

Der Eingangsbereich war immer noch träge dekoriert. Die Wände immer noch weiß und die Heiler immer noch gestresst.

Ein paar der Heiler kannte sie noch von ihrer Ausbildung und diese grüßte sie auch, aber die anderen ignorierten sie die meiste Zeit, was Ophelia auch begrüßte.

Wenn sie das St. Mungos Hospital besuchte, dann hatte sie meist keine Lust auf Small-Talk. Vor allem, wenn sie die Langzeitstation besuchte.

„Guten Tag, Miss Potter", sagte eine Heilerin, die sie häufiger sah.

„Guten Tag, Amanda, ist jemand bei ihnen?", fragte Ophelia und Amanda schüttelte den Kopf. „Danke."

Ophelia ging weiter und klopfte an der Tür an. Sie öffnete die Tür und fünf Betten kamen zum Vorschein.

Drei davon waren leer, aber die anderen beiden waren besetzt. Genauer gesagt, waren sie seit sechs Jahren besetzt.

„Hallo Alice", sagte Ophelia und die blonde Frau, die in dem einen Bett lag sah zu ihr auf. Sie reagiert also auf den Namen. Das ist ein Fortschritt.

Es war allgemein bekannt, dass der Schaden, der der Cruciatus Fluch bei Alice und ihrem Mann Frank hinterlassen hatte, wahrscheinlich nie mehr geheilt werden konnte, aber der Zustand schien sich über die Jahre wenigstens ein wenig gebessert zu haben.

„Hallo Frank", sagte Ophelia an den Mann mit den braunen Haaren gewandt. Er sah ebenfalls kurz auf, wandte sich dann aber gleich wieder ab.

Ophelia seufzte. Es war eine Tragödie, was den beiden zugestoßen war. Der Krieg war schon vorbeigewesen und man hatte sich in Sicherheit gewogen, als Bellatrix Lestrange und weitere Todesser ihnen aufgelauert waren und sie mit Folter in den Wahnsinn getrieben hatten.

Sie erinnerten sich an nichts. Nicht, wer sie waren, wen sie kannten. Nicht einmal an ihren Sohn, Neville, der in Harrys Alter war.

Doch Ophelia konnte nichts tun, außer sie zu besuchen, die Blumen in der Vase auszutauschen und wieder zu gehen. Sie hatte zwar nie viel mit den beiden zu tun gehabt, als sie im Orden waren, aber sie besuchte sie trotzdem. Sie erkundigte über den Gesundheitsstand und ging dann meistens wieder.

Es war ein Besuch von zehn Minuten. Einmal im Monat und das seit drei Jahren.

Wenn sie eine freie Minute hatte, hatte sie in den Büchern ihres Vaters gesucht, ob es vielleicht nicht doch eine Heilungsmöglichkeit gab, aber die standen bei null.

Ophelia wusste, dass sie nichts an ihrer Situation ändern konnte. Sie konnte ihnen nur Besuche abstatten und zeigen, dass man sie nicht vergessen hatte.

„Miss Potter?" Amanda stand nun ebenfalls im Raum. „Mrs Longbottom und ihr Enkel sind gerade eingetroffen."

„Dann mache ich mich wohl lieber auf den Weg", sagte Ophelia und tauschte den Blumenstrauß gegen einen neuen aus. Sie wollte nicht das Treffen von Neville und seinen Eltern stören, weshalb sie sich meistens aus dem Staub machte, wenn es soweit war.

„Bis zum nächsten Mal, Amanda", sagte Ophelia und ging an der Heilerin vorbei.

„Bis dann."

Ophelia verließ das Krankenhaus und ging zu ihrer nächsten Station an diesem Tag.

cicatrize - the scars of the past [R.L.]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt