Kapitel 18

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Reue – Ferring, August 1988

Der Rest des Abendessens lief friedlich. Auch, wenn Ophelia die misstrauischen Blicke bemerkte, die Felix Daisy zuwarf. Doch so wie sie das Oberhaupt der Belbys kannte, würde er keine Szene machen, egal wie unzufrieden er mit der Wahl von Damolces' Freundin war.

Xenophilius schaffte es sowieso die ganze Aufmerksamkeit auf sich und seine sehr spannend klingenden Tierwesen zu richten. Ophelia hätte gesagt, dass die Hälfte davon nicht einmal existierte, aber sie schwieg, denn Daisy schien es gut zu tun, dass sie nicht die Einzige am Tisch war, die etwas anders war.

Dennoch dauerte das Abendessen nicht lang. Ophelia und Alex verabschiedeten sich recht schnell nach dem Essen und kehrten nach Ferring zurück.

„Ich denke, ich gehe schlafen", verkündete Juliette und streifte sich ihren Umhang ab.

Sie wirkte seit dem Streit etwas blass und Ophelia fragte sich, was dieser in ihre ausgelöst hatte.

Alex strich seiner Nichte über das blonde Haar und drückte ihr einen Kuss auf den Scheitel. „Tu das, gute Nacht."

„Gute Nacht", murmelte sie und steig schnellen Schrittes die Treppe empor.

„Gehst du bitte auch nach oben, Vince?", fragte Ophelia und wandte sich an Vincent, der sich unbemerkt in die Küche schleichen wollte.

„Warum?" Ihn hatte der Streit nur noch mehr Adrenalin verschafft, als er sowieso schon hatte. „Es ist doch erst sechs Uhr."

„Es ist acht Uhr und du gehst bitte ins Bett", sagte Ophelia streng.

Vincent stampfte beleidigt mit seinem Fuß auf. Ophelia seufzte. War sie früher auch so bockig gewesen? Und wenn ja, wie hatten ihre Eltern das nur überstanden? „Och menno. Ich will aber noch nicht."

„Tja, musst du nun aber", sagte sie und versuchte einen strengen Ton zu behalten.

„Warum kann ich nicht einmal länger wach bleiben?" Vincent versuchte es mit einer anderen Tour und sah sie mit einem Hundeblick an, der dem von Marlene alle Ehre gemacht hätte.

„Ich denke drüber nach, wenn du älter bist und jetzt ab nach oben und Zähne putzen."

Vincent rollte mit den Augen und folgte seiner Schwester nach oben. Aber anders als sie, ließ er es jeden und wahrscheinlich auch die Nachbarn hören.

„Das war eine Geburt", sagte Ophelia erschöpft und ließ sich im Wohnzimmer auf einem Sessel nieder.

„Was du nicht sagst." Alex ließ sich auf dem Sofa nieder und fuhr sich über die Stirn. „Ich weiß nicht, ob ich es gut oder schlecht finden soll, dass ich in zwei Tagen wieder nach Paris muss."

„Wenigstens verpasst du dann das ganze Drama, was sich abspielen wird. Beziehungsweise, das Drama, für das Elias sorgen wird", sagte Ophelia, obwohl sie sich wünschte, dass Alex dieses eine Mal nicht nach Paris gehen würde. Aber was wollte er machen? Sein Job verlangte das von ihm und er war zu nahe an einer Beförderung, um nun die Abteilung zu wechseln.

„Ich wäre lieber hier, um Damocles den Rücken zu stärken", gestand er. „Ich glaube, dass er nun jede Hilfe brauchen kann, die er kriegt."

„Du warst so gefasst, als das Thema aufgekommen ist, wie kommt das?"

„Ich halte nicht so viel von Szenen, außerdem hatte ich schon eine Vermutung, als wir sie vor dem Haus von Felix und Jaqueline gesehen haben. Elias hat sie nur bestätigt."

„Ich frage mich, warum er so reagiert hat."

„Naja, sein Cousin ist gestorben. Martin und Elias standen sich genauso nah wie Damolces und ich es tun", sagte Alex. „Vielleicht ist es eine Mischung aus dem und der generellen Abneigung gegenüber Werwölfen."

cicatrize - the scars of the past [R.L.]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt