Kapitel 11

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Josephine Creevey - Ferring, Oktober 1984

Alex und die Kinder kamen eine Woche später in London an. Ophelia holte die drei am Bahnhof King's Cross ab und versuchte sich so schnell wie möglich sich vom Acker zu machen, um der Reporterin Rita Kimmkorn und ihren Fragen aus dem Weg zu gehen.

Wo sie davon erfahren hatte, dass Alex an diesem Tag ankommen sollte, blieb ihr ein Rätsel, aber sie war froh, dass die Dame wahrscheinlich nicht ein gutes Bild von ihnen bekam.

„Hier wären wir", sagte sie, als sie die drei vor die Tür des Anwesens brachte.

„Ich hatte es kleiner in Erinnerung", sagte Alex und sah an der Hausfassade hoch. „Bist du dir sicher, dass es das Haus deiner Eltern ist?"

„Nein, Alex, ich bin in das Haus eingebrochen und habe alle Einwohner vergiftet, damit ich es bekomme", gab sie zurück und öffnete die Tür.

„Wirklich?" Juliette sah etwas ängstlich zu Ophelia hinauf. Diese schüttelte schnell den Kopf. „Nein, das war nur ein Scherz. Das ist wirklich das Haus meiner Eltern und es gehört mir... Die Hälfte jedenfalls."

„Die Hälfte?", fragte Alex verdutzt, als sie eintraten. „Ich dachte, dein Bruder sei gestorben."

„Ist er auch, aber er hatte einen Sohn, Harry. Der noch quicklebendig ist", sagte sie. „Da er aber erst vier ist, kann ich seine Hälfte verwalten, bis er volljährig wird und darum werde ich mich kümmern, wenn es soweit ist."

„Stimmt, dein Neffe", murmelte Alex, der sich wieder an Harry erinnerte. „Schonmal was von ihm gehört?"

Ophelia schüttelte den Kopf. „Die Muggel wollen ihn wahrscheinlich von aller Magie fernhalten, bis er elf ist und dazu zähle auch ich."

„Ich bin immer noch der Meinung, dass du dich einfach mal bei ihnen vor die Tür stellen und klingeln solltest. Was wollen die machen?"

Ophelia seufzte. „Alex, glaub mir, das ist alles komplizierter, als du gerade denkst. Ich werde Harry treffen, wenn es an der Zeit ist und bis dahin heißt es abwarten."

Sie selbst hatte diesen Plan schon immer verabscheut. Sie hatte Dumbledore noch wochenlang nachdem Tod ihres Bruders verflucht. Sie hatte geweint, darüber nachgedacht, Harry einfach mitzunehmen. Gar nicht darüber nachdenken. Die Muggel hätten sicher nichts dagegen gehabt. Sie hätten Harry sicher gleich wieder weggegeben. Petunia hatte ihre Schwester nicht leiden können. Sicher konnte sie dann den Sohn ihrer Schwester noch weniger leiden.

Doch irgendwann hatte sie es akzeptiert. Irgendwann hatte sie sich selbst gesagt, dass sie nur auf den richtigen Zeitpunkt warten müsste, damit sie Harry treffen könnte und zum Glück war Ophelia in Paris geduldiger denn je geworden.

„Ich denke, die Kinder wollen sicher ihre Zimmer sehen", sagte Ophelia, um das Thema zu wechseln. „Habe ich recht?"

Juliette sah wieder zu ihr auf. Sie wirkte ein wenig unsicher, als sie nickte. Eigentlich war sie ein aufgewecktes Mädchen gewesen, doch nun sprach sie nur noch, wenn es nötig war und hielt sich meist zurück.

Hoffentlich wird das wieder vergehen, dachte Ophelia und führte die drei nach oben.

„Das ist das Zimmer von Vincent", sie deutete auf die erste Tür rechts, „und das hier ist das von dir, Juliette." Ophelia deutete auf das gegenüberliegende Zimmer.

„Und was sind die anderen Räume?", fragte Alex.

„Das hier ist ein Gästezimmer und die anderen beiden Räume sind einfach nur Räume, in denen ich Sachen unterstellen kann", erklärte Ophelia knapp. „Ich habe noch nicht die richtigen Möbel gefunden, aber ich bin mir sicher, dass wir in den nächsten Tagen einkaufen gehen können."

cicatrize - the scars of the past [R.L.]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt