Kapitel 18

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Soona

Warum konnte er mich nicht einfach in Ruhe lassen? Fast sechs Jahre hatte ich nichts mehr von ihm gehört. Und nun war er auf einmal wieder da. Ich hatte gehofft, dass ich mich nie wieder mit ihm auseinandersetzen müsste. Nicht nachdem, was vor fast zehn Jahren passierte, als er mein Baby tötete und mich beinahe auch ermordete. 

Ich dachte er hätte aufgegeben. Ich dachte er hätte sich ein neues Opfer gesucht. Aber anscheinend war er noch immer hinter mir her. Er wollte mich noch immer in die Finger bekommen...

Und ich wollte mir lieber nicht vorstellen, was er mir diesmal antun würde. Denn diesmal war er sauer. Sauer, dass ich damals abhaute.

«Soona?»

Vollkommen in meiner Panik gefangen, hatte ich nicht gemerkt, dass Keylum mit mir sprach. Doch nun war sein Blick auf mich gerichtet und er sah deutlich, wie ich mich in dem Polster meines Sitzes festkrallte und mit irren Augen immer wieder in den Seitenspiegel sah. 

Sie verfolgten uns noch immer... Und nun sprang auch noch die Ampel vor uns auf rot. 

Keylum hob leicht seinen Fuß, um vom Gas zu gehen, aber ich drückte einfach seinen Oberschenkel nach unten: «¡NO! ¡SIGUE CONDUCIENDO! (NEIN! FAHR WEITER!)» Und riskierte damit, dass wir über rot fuhren und uns ein Auto vielleicht gleich von der Seite rammen könnte.

Aber lieber starb ich, verwickelt in einen Autounfall, als durch die Hand des Mannes, welcher mich jahrelang terrorisierte!

«Yebena mat'! (Verdammte Scheiße!)» Knurrte Keylum zwar erschrocken, aber tat dennoch genau das, worum ich ihn bat. Er stoppte nicht. Er hielt nicht an. Er fuhr einfach weiter, obwohl wir beide von rechts, plötzlich grelle Autolichter auf uns zurasen sahen.

Ängstlich krallte ich mich in sein Bein und schloss die Augen. Ich murmelte leise Gebete auf Spanisch. Mehr zu mir selbst, als zu einem Gott. Hauptsache meine Worte wurden gehört...

Bitte, lass uns knapp daran vorbeifahren. Bitte, lass uns nicht von dem Auto gerammt werden. Bitte, lass uns das überleben.

Als unser Auto ruckartig stoppte, ließ ich einen erschrockenen Laut aus meiner Lunge entweichen. Auch, weil ich so plötzlich in den Sitz gepresst wurde. Und erst glaubte ich, dass das andere Auto uns tatsächlich getroffen hatte. 

Aber da war nichts... Ich spürte keine Schmerzen und auch keine Verletzungen. Doch als ich die Augen wieder zaghaft öffnete, spürte ich wie Keylum mich beobachtete. Und wie ihm mindestens eintausend Fragen deutlich auf der Zunge brannten.

«Fuck, Soona! Wolltest du uns umbringen?» Zurecht war er wütend und überrumpelt. Er sah ein wenig verstört aus, so wie er sich nervös durch die Haare fuhr und wahrscheinlich selbst erst einmal begreifen musste, dass wir gerade fast einen Autounfall gehabt hätten.

Und alles nur wegen mir. 

Doch ich tat es nicht ohne Grund und da wir nun am Straßenrand standen, hatte ich die Furcht, dass der Jeep auf einmal wieder auftauchen könnte: «Fahr weiter. Bitte, Keylum. Fahr weiter!»

Er runzelte die Stirn und bemerkte meine unruhige Atmung. Wieder sah ich in den Seitenspiegel, doch konnte Gott sei dank noch keinen schwarzen Jeep wieder entdecken. Noch nicht...

«Was ist los? Wovor hast du Angst?»

Wahrscheinlich hatte ich einen wilden Glanz in meinen Augen, als ich mich umdrehte und nach hinten hinaussah. Dann sah ich wieder zu Keylum: «Fahr einfach! Bitte!» Ich hoffte, dass er es einfach tun würde, wenn ich ihn darum bat.

Doch Keylum dachte nicht eine Sekunde daran: «Zuerst wirst du mir sagen, was hier los ist! Wovor hast du solche Angst?»

«Hast du nicht das Auto hinter uns bemerkt? Es verfolgt uns schon seit längerer Zeit!»

Mine. (Mafia)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt