Campingidylle (David Raum)

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Für nordic_writer 💙 In der Hoffnung, dass es eine kleine Überraschung ist und du vielleicht ein wenig schmunzeln musst😅

„David, warum nochmal sind wir hier zum Urlaub machen?“, frage ich meinen Freund skeptisch, „Andere entspannen zu Hause, wieder andere fliegen weg um Abstand von allem zu bekommen und du? Du kommst auf die Idee zu campen?“ „Das ist doch toll! Keine überfüllten Strände, keine Menschenmassen. Oh und kein Gedränge am Buffet.“, grinst er mich an, als er die nächste Stange durch die dafür vorgesehene Öffnung geschoben hat. Gut, damit mag er Recht haben, aber mir fallen auch genug Dinge ein die dagegen sprechen. Mücken oder allgemein Insekten, schlechtes Wetter, was gerade in Deutschland mehr als nur wahrscheinlich ist – auch im Sommer und kalte Nächte. Das klingt eher ungemütlich als entspannend. David scheint mein ungutes Gefühl nun doch nicht mehr ignorieren zu können. Er lässt vom Zelt, wo man noch nicht wirklich erahnen kann, dass es mal eines werden soll, ab und legt seine Arme um mich. „Wir bleiben ja nur  fünf Tage, aber ich dachte es tut gut, mal etwas Ruhe zu haben. Nur Natur um uns herum, keiner der was von uns will, Sternenhimmel, nur du und ich.“ , zählt er verträumt auf, bevor er mir einen Kuss auf die Stirn haucht und sich dann wieder dem Zelt zuwendet, „Außerdem schwört auch Joshua auf Camping!“
„Joshua hat doch aber bestimmt einen Wohnwagen und nicht nur ein Zelt?“, seufze ich leise. Da wäre man wenigstens nicht ganz aufgeschmissen wenn es regnet. David schaut mich etwas ertappt an. „Das stimmt, aber wir haben auch nicht „nur ein Zelt“. Wir haben ein Zelt mit Vordach.“, grinst er nun wieder. Wie kann man denn bei diesem wechselhaften Sommer, nach Ausscheiden aus der EM und vor einem nicht annähernd stabil stehenden, oder überhaupt stehenden Zelt - mit Vordach – so gute Laune haben?
„Warum schaust du dich nicht einfach etwas um? Lernst die Umgebung etwas kennen und wenn du wieder da bist steht alles und wir können dank dem Erfinder des Campingkochers was leckeres und vor allem schön warmes Essen.“, schlägt David irgendwann vor, was keine schlechte Idee ist, da er sich sowieso nicht helfen lassen wird und ich nicht so verloren in der Gegend herum stehe. Also mache ich mich auf den Weg und schaue mich ein wenig um. Zugegeben, der See und die kleinen Lichtungen sind wirklich schön, aber hier mehrere Tage oder gar Wochen verbringen? Ich könnte es mir absolut nicht vorstellen. Auch wenn ich zu David gesagt habe, dass ich überall mit ihm hingehen würde, an einen Campingplatz hätte ich als letztes gedacht.
Als ich eine halbe Stunde später den Weg zu unserem Platz zurück gefunden habe, staune ich nicht schlecht. Tatsächlich steht unser Zelt, sogar recht stabil und David sitzt gut gelaunt in einem von den Campingstühlen und schneidet verschiedenes Gemüse. „Das hast du aber schön gemacht. Und was zauberst du da jetzt noch?“, frage ich mit Blick auf das Gemüse. „Ich dachte an Nudeln mit Gemüse. Oder möchtest du es lieber auf den Grill werfen? Wir können auch eine Suppe oder sowas draus machen. Ich dachte nur…“ „David! Entspann dich.“, lache ich leise, „Das ist echt süß von dir, nur dachte ich, dass wir das vielleicht auch einfach zusammen machen können? Oder du erstmal ein wenig entspannst, wenn du schon alles alleine aufbauen willst. Aber wenn du darauf bestehst dich jetzt ums Essen zu kümmern bin ich heute definitiv eher bei den Nudeln. Das geht am schnellsten und so wie die Wolken gerade aussehen, sollten wir auch schnell fertig werden.“ Etwas verwirrt schaut David nach oben, wo sich eine graue Wolkenfront zeigt. Aber das stresst ihn überhaupt nicht, er schneidet weiter in Ruhe das Gemüse und holt danach einen Topf aus dem Kofferraum und lässt das Nudelwasser kochen. Manchmal frage ich mich, wie man so entspannt sein kann. Diese Wolkenfront im Nacken würde mich wahnsinnig machen, bzw. macht sie mich wahnsinnig.

Pünktlich, als wir fertig mit dem Essen sind, bekomme ich einige Tropfen trotz des tollen Vordachs ab. Auf meinen leicht gequälten Blick hin, fängt David an alles schnell zusammen zupacken und mich uns Zelt zu ziehen, wo die nächste Überraschung auf mich wartet. „Du hast nicht wirklich Kissen gekauft, wo Mr. Und Mrs. Right draufsteht, oder?“ „Ähm…doch. Siehst du doch. Ich fand es niedlich und es ist definitiv nicht gelogen.“, sagt er und kratzt sich verlegen am Hinterkopf, „Findest du es doof? Oder zu kitschig?“ Ich weiß gar nicht was ich sagen soll. Einerseits würde ich gerne lachen, anderseits ein Foto von Davids Blick knipsen und wieder andererseits einfach rückwärts aus dem Zelt gehen. „Ja es ist kitschig. Aber es ist auch schon wieder so kitschig, dass es wieder süß ist. Danke.“, lächle ich ihn sanft an, was ihn deutlich entspannter werden lässt, „Aber was machen wir denn jetzt? Zum schlafen ist es doch noch zu früh?“
Als hätte David genau auf diese Frage gewartet, holt er ein Geschenk aus seinem Rucksack und hält es mir hin. Fragend schaue ich ihn an. Habe ich in dem ganzen EM-Stress irgendwas vergessen? Nein, das kann eigentlich nicht sein. „Du hast absolut nichts vergessen oder verpasst. Ich wollte es nur ein bisschen schön verpacken.“, beantwortet er meine Frage, als hätte er meine Gedanken hören können. Vorsichtig packe ich das Geschenk aus und halte eines der Bücher in den Händen, was ich mir schon lange holen wollte und es immer wieder nicht gemacht habe. Strahlend umarme ich ihn so fest ich eben kann und bedanke mich für die kleine Überraschung.  „Aber was machst du denn dann, wenn ich lese?“ „Ich kann doch auch lesen. Ich könnte aber auch andere Dinge tun.“, Schmunzelt David und ich weiß ganz genau was das heißt. „Du möchtest nebenbei auf der Switch spielen?“, frage ich gespielt entsetzt, muss kurz darauf aber lachen. Und so dauert es nicht lange bis wir beide in unseren Schlafsäcken unter großen Decke liegen und jeder sein Ding macht, aber wir trotzdem zusammen sind. Könnte also wesentlich schlimmer sein.

„David, ich fahre nie wieder campen!“, beschwere ich mich, als der nächste laute Donner zu hören war. Aus dem leichten Regen wurde plötzlich binnen Sekunden ein Unwetter und aus einem überraschend entspannten Nachmittag wurde jetzt ein Hoffen, dass das Zelt nicht wegfliegt und hier drinnen alles halbwegs trocken bleibt. Ich liebe Gewitter eigentlich, wenn ich sie aus einer sicheren Wohnung heraus beobachten kann, aber hier draußen zu sitzen und nur von einem Stück Stoff geschützt zu werden ist echt nicht cool. David hat schützend seine Arme um mich gelegt, was er dazu dienen soll mich zu wärmen, aber nicht so gut funktioniert, da er selber am Zittern ist. Was er natürlich nie zugeben würde. Als es dann in immer kürzer werdenden Abständen blitzt und donnert, hält mich gar nichts mehr. „Man das ist doch doof. Es ist nass. Es ist kalt. Ich habe Angst. Was ist das denn für ein Sommer!?“, meckre ich vor mich hin, was David kurz lachen lässt. „Das ist eben die Natur. Und sie stellt uns gerne mal vor Herausforderungen. Aber ich wäre doch nicht dein super toller Freund, wenn ich keinen Plan B hätte. Komm mit.“, sagt er und nimmt seinen Rucksack, den Schlafsack, die Decke und das Kissen. Schnell sammle ich auch meine Sachen zusammen und werde dann die paar Meter zwischen unserem Zelt und Davids Auto gezogen. Auf dem Beifahrersitz atme ich erstmal kurz durch, froh darüber in einem geschützten Raum zu sein. David klappt die Sitze der Rückbank um und da der Kofferraum komplett leer ist, eröffnet sich eine recht große Fläche, die man von außen gar nicht so vermuten würde. „Und warum kommst du mit dem Plan B erst jetzt!?“, frage ich etwas schockiert, doch David grinst nur verlegen. „Ich hatte ein paar Mal die Hoffnung es hört vielleicht doch noch auf. Aber das war wohl vergebens. Kommst du kuscheln?“ Das lasse ich mir nicht zweimal sagen. Aufgewärmt und wesentlich entspannter liege ich kurze Zeit später wieder in Davids Armen und verabschiede mich schnell ins Land der Träume.

Am nächsten Morgen bin ich vor David wach. Leise schleiche ich mich aus dem Auto und schaue erstmal ob das Zelt noch steht. Zu meinem Erstaunen steht es noch genau so wie wir es gestern verlassen haben. Dann gehe ich langsam zum See wo sich die Sonne im Wasser spiegelt. Alles ist ruhig, als ob es den Sturm nie gegeben hätte. Einzig und alleine der Regenbogen, der sich über den See erstreckt ist das letzte Anzeichen, dass es in der Nacht nicht trocken geblieben ist. Lächelnd mache ich ein Foto von diesem natürlichen Kunstwerk, bevor sich kurz darauf zwei Arme um mich legen. „Ich sag doch, dass die Natur unglaublich ist.“, flüstert David noch etwas verschlafen, „Und der Regenbogen ist doch echt der beste Beweis.“ Lächelnd lehne ich mich an ihn und schließe kurz die Augen. „Ja David, du hast Recht David. Du bist der Beste David.“, schmunzle ich und schaue dann zu ihm hoch, obwohl ich auch so weiß, dass er ein breites Grinsen im Gesicht hat. „Und weißt du was? Wer den Regenbogen sehen will, muss den Regen in Kauf nehmen.“, haucht er leise und küsst meine Wange. Entspannt schließe ich meine Augen wieder. Auch damit hat er Recht. Hat er eigentlich immer.

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