Hitze. Diese unerklärliche Hitze die sich wieder in mir unkontrolliert, langsam ausbreitet und mich zu verschlingen droht. Ich schlage mit meinen Wimpern mehrfach und öffne somit meine Augen.
Eine Frau erscheint vor meinen Augen. Ihre langen braunen Haare fallen nach vorne. Leichte Schweißperlen haben sich auf ihrer Stirn gebildet. Ihre dichten und langen Wimpern bringen ihre braunen Augen hervor.
Ich erkenne mein eigenes Spiegelbild welches sich in dem klaren Wasser spiegelt und noch von dem leuchtenden Vollmond erhellt wird, der sich ebenfalls darin spiegelt.
Meine Finger gleiten langsam in das Wasser und die glatte Oberfläche vor meinen Augen fängt an sich in Wellen zu bewegen. Doch das Spiegelbild bleibt weiterhin erhalten.
Mit der ersten Berührung spüre ich die leichte Kälte an meinen Fingerspitzen. Sie dringt in meine Finger ein. Wandert mit meinem pochenden Blut langsam unter meiner Haut hinauf.
In einer ruhigen Bewegung tauchen meine Finger tiefer in das Wasser. Ich spüre wie die erfrischende Kälte meinen Oberkörper erreicht und mir entweicht ein erleichterter Seufzer.
Für eine Sekunde überlege ich kurz wie ich das kühlende Wasser an mein Gesicht bringe. Jedoch tauche ich ohne einen weiteren Gedanken daran zu verschwenden, mein Gesicht tief in das Wasser. Ich genieße die Erfrischung in dieser heißen Vollmondnacht, so wie jedes Jahr, seit ich zum ersten Mal meine Periode bekommen habe.
Nach nur wenigen Sekunden unter Wasser tauche ich wieder auf. Blinzelnd öffne ich meine Augen und möchte mich wieder im Wasser betrachten. Ich entdecke in der Spiegelung mir 2 vertraute Gestalten.
Dabei kann ich mich noch genau daran erinnern, wie Sie mir als kleines Mädchen Angst eingejagt haben. Anfangs bin ich immer Panisch vor Ihnen fortgelaufen und suchte ängstlich meine Eltern. Aber mit der Zeit begriff ich sehr schnell, dass Sie mir nie etwas Böses wollten. Sie waren einfach da. Jedes Jahr aufs Neue gesellten Sie sich zu mir an den kleinen Bach, mit diesem klaren Quellwasser.
Neugierig betrachte ich die Gestalt zu meiner rechten. Das Silberweiße Fell schimmert in dem klaren Mondlicht. Das funkeln erinnert mich an kleine Diamanten die das Licht dabei brechen. Während ich die Schönheit dieser Kreatur bewundere, wandert mein Blick an jedem kleinen Detail entlang. Die hellen Augen, eine Mischung aus dem Silbernen Fell und die Farbe einer Perle. Auf der Stirn das in sich gedrehte Horn, welches sich spitz und in einer geraden Linie hervorhebt.
Oft genug habe ich mich gefragt, ob das Einhorn neben mir einen Namen trägt. Als kleines Mädchen habe ich es schonmal danach gefragt. Jedoch habe ich nie eine Antwort bekommen. Also habe ich einfach weiterhin diese Schönheit stillschweigend betrachtet. Aus Angst es vertreiben zu können.
Nachdem mein Blick eine Weile auf dem schönen Geschöpf ruhte, drehe ich meinen Kopf und betrachte die Spiegelung zu meiner linken Seite.
Das dunkle Fell, welches in einem dunklen Rot, fast Braun wirkt und durch das Mondlicht einen seltsames schimmern reflektiert. Dunkle furchterregende Augen. Dessen Blick mich genau beobachtet. Die spitzen aufgestellten Ohren, sie lauschen nach jedem erkennbaren Geräusch.
Der Anblick dieses Wolfes hat mir früher mehr Angst eingejagt als das Einhorn. Dennoch begriff ich schnell, dass dieser Wolf immer nur friedlich neben mir Stand. Manchmal trank der Wolf von dem Wasser und danach ruhte der Blick auf mir. Es wirkt immer beruhigend auf mich. Als wenn dieser Wolf wache hält.
Plötzlich richtet der Wolf seinen Blick auf und ich folge neugierig seinem Blick in die Richtung.
Ich entdecke auf der anderen Seite des Baches einen weiteren Wolf. Dieser ist mir auch früher schon öfters begegnet. Leicht rotes Fell und ein graues Muster zeichnen sich in der roten Farbe ab. Es wirkt als ob der Wolf in alt geworden ist. Neben jenem Wolf gesellt ich ein weiterer Wolf mit Hellbraunen Fell. Auch hier zeichnen sich leichte Grautöne ab.
Sie beobachten mich und ich lausche der Stimme, welche leise an mein Ohr gelangt:
„Finde deine Bestimmung ... Bleibe in Bewegung! Nora vertraue Niemanden!"
Plötzlich verschwimmen die Wölfe vor mir und ein fremder Wolf steht an dessen Stelle. Seine Größe erinnert an einen Grizzlybären. Sein Fell ist schwarz wie Nacht. Seine Augen starren mich mit diesem eisblau direkt in meine Augen an. Als wenn Sie in mein innerstes Blicken. Meine Ohren vernehmen ein dunkles Knurren. Es soll mir Angst machen. Etwas in mir möchte sich umdrehen und die Flucht ergreifen. Er setzt eine Pfote in das Wasser und ich sehe seine spitzen Zähne, drohend und furchterregend.
Panik breitet sich in meinem Kopf aus und mein Herz rast vor Nervosität. Ich möchte aufspringen, aber meine Beine bewegen sich nicht. Wie aus Stein gemeißelt bleibe ich an meinem Ort verweilen. Das Einhorn neben mir schreit auf. Es stellt sich auf seine Hinterbeine und ich spüre dessen Angst. Doch der Wolf neben mir, bleibt ruhig und zeigt keine Furcht.
Ich kneife die Augen zusammen und versuche einen Ausweg zu finden.
Was mache ich jetzt?
Dieser Wolf ist neu?
Blinzelnd öffne ich meine Augen und hoffe der fremde Wolf ist verschwunden.
Erschrocken schnappe ich nach Luft und sehe die Rückenlehne vor mir.
Nur ein Traum
Stelle ich erleichtert fest. Der Traum der mich mein ganzes Leben schon verfolgt. Bis auf den schwarzen Wolf. Dieser ist erst seit meinem letzten Besuch im Wald dazu gekommen.
„Miss. Endlich! Ich versuche Sie seit 30 Minuten zu wecken! Endstation!" erklingt eine fremde Männliche Stimme neben mir.
Ich drehe meinen Kopf zur Seite und erkenne den Busfahrer. Schweigend und noch leicht verwirrt von meinem Traum, nehme ich meinen großen Wanderrucksack und quetsche mich damit an Ihm vorbei.
Verdammt... hat er Endstation gesagt? Ich wollte schon vor einer Ewigkeit in einem kleinen Vorort ausgestiegen sein. Wo bin ich jetzt?
Ich setze den ersten Fuß aus dem Bus und bemerke die riesigen Gebäude, die in den Himmel ragen. Neugierig blicke ich mich um, während ich meinen anderen Fuß nachziehe.
Hastig drehe ich mich zum Busfahrer um und möchte Ihn danach fragen. Doch dieser schließt die Tür und ich beobachte wie der Bus einfach davon rauscht.
Klasse, Nora! Super gemacht! Deine Eltern sind bestimmt gerade ganz Stolz auf dich!
Ich stelle mir vor, wie mein Vater mich gerade wieder tadelt und meine Mutter versucht das Thema zu wechseln. Dabei breitet sich dieser Schmerz in meiner Brust aus.
Wie sehr ich beide Vermisse... wird es je aufhören?
Es ist erst wenige Monate her, als ich sie verloren habe. Jetzt bin ich eine Waise, mit gerade mal 20 Jahren und reise von Ort zu Ort. Verweile nur wenige Tage oder Wochen in einem kleinen Städtchen. Bis meine innere Stimme mir dazu rät weiter zu Reisen. In dieser Zeit suche ich mir Arbeit um mir das Leben zu finanzieren. Bisher waren es immer kleine Geschäfte. Eine Bäckerei, Lieferservice, Café oder ein kleines Geschäft. Je nachdem, wer gerade eine Aushilfe für schmales Geld sucht.
Davon finanziere ich mir meine Unterkunft und was ich zum Leben brauche. Auch mein nächstes Busticket zu dem nächsten Ort.
Entschlossen mit einem leisenSeufzer schmeiße ich mir den Rucksack über die Schulter und mache mich indieser fremden Großstadt auf den Weg.
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Die Chroniken von Silver-Blood
WerewolfDionora (Nora) ist mit ihren 20 Jahren auf sich alleine gestellt. Seit dem Tod ihrer Eltern verweilt Sie nie lange an einem Ort. Geplagt von dem immer wiederkehrenden Traum von einem Einhorn und Wölfen. Welche Nora daran erinnern niemanden zu Vertra...