Ein ganz normaler Tag

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Als ich die Augen aufschlug wusste ich es sofort, ohne auch nur einen Blick auf die Anzeige meines Weckers werfen zu müssen. Ich war zu spät. Mal wieder. Hektisch schlug ich meine Bettdecke zur Seite und sprang geschmeidig wie eine Katze aus meinem Himmelbett. Routiniert sammelte ich die in meinem Zimmer verteilten Einzelstücke meiner selbst erstellten Schuluniform zusammen und hastete ins Bad. Ich wollte gerade unter die Dusche, als mir auffiel, dass ich meinen beigen Snoopy Schlafanzug immer noch trug. Mit einem lautstarken Fluch, zog ich mir das T-Shirt über den Kopf. Einen Moment konnte ich nicht anders, als mich im Spiegel zu betrachten. Leider lag das nicht an meiner umwerfenden Schönheit. Keineswegs. Mein Blick wurde eher von den zahlreichen Narben auf meinem Rücken angezogen, die sich auch vereinzelt auf meinen Armen, bis zu meinem Bauch und teilweise meiner Brust ausbreiteten. Sie ähnelten einem aus feinen, teils beinahe verblassten, vereinzelt noch mit roten Linien durchzogenen Spinnennetz, das die sonst glatte Haut verschandelte. Seit gestern war wieder eine noch besondern frische, aufgerissene Stelle in meinem porzellanfarbenem Tain zu sehen. Bist jetzt hatte sich erst eine dünne Schorf Schicht über der klaffenden Wunde gebildet, die von meinen Schulterblättern, bis zu der Mitte meiner Wirbelsäule reichte. Doch durch die Tatsache, das kein Mensch ruhig schlafen konnte und aufgrund meiner hektischen Bewegungen kurz darauf, war die Wunde mittlerweile wieder aufgerissen und hatte erneut angefangen zu Bluten. Als ich den Eiter sah und die leicht angeschwollene rötliche Haut neben dem Schnitt, erkannte ich, dass sie sich entzündet hatte. Genervt verdrehte ich die Augen. Warum musste mir so etwas ausgerechnet jetzt passieren, wenn ich doch eh schon zu spät dran war. Nun musste ich mich entscheiden. Entweder ich ignorierte die Verletzung, machte mich jetzt sofort fertig, riskierte dabei aber eine Entzündung der Wunde, oder ich ging jetzt zu meinem Vater, bat ihn darum mir Wundsalbe auf den Rücken zu schmieren und ein Klammerpflaster drüber zukleben, kam dann aber höchstwahrscheinlich zu spät zur Schule. Einen Moment spielte ich ernsthaft mit dem Gedanken meinen Vater aufzuwecken und ihn um Hilfe zu bitten. Doch als ich an seinen besorgten Blick dachte, den er verzweifelt versuchte zu unterdrücken, verwarf ich den Gedanken sofort wieder. Dafür war auch noch nach der Schule Zeit. Eilig stieg ich in die Dusche und drehte das Wasser an. Die heiße Flüssigkeit lief mir in kleinen Rinnsalen den Rücken hinunter. Es brannte leicht in der Wunde, aber wenigstens würde dadurch der Dreck aus der offenen Stelle gewaschen werden. Ich verzog jedoch keine Miene. Daran war ich schon gewöhnt. Nach ein Paar Minuten, beendete ich meine angenehme Erfrischung leider schon wieder und zog schnell meine beige Bluse und meine weiße Hot-Pans an. Anschließend  föhnte ich mir meine intensiv roten, hüftlangen Locken und kämmte sie, bis sie mir in einem seidenen Vorhang über die Schultern fielen. Mir blieb jedoch keine Zeit um mich länger im Spiegel zu betrachten, ich musste mich sofort auf den Weg zur Schule machen. Mit ein Paar Schritten, war ich dem heißen Wasserdampf in meinem Bad entkommen und in meinem großen, sonnendurchfluteten Zimmer angelangt. Meine weiße Bettwäsche lag unordentlich über den Boden verstreut, der restliche Teil meines Zimmers war jedoch aufgeräumt. Hoffentlich war Dad nicht zu sauer über meine Unachtsamkeit meiner teuren neuen Bettwäsche gegenüber, denn zum Aufräumen fand ich jetzt sicher keine Zeit. Mit einem Satz übersprang ich die letzten Stufen der Wendeltreppe und lief in das Esszimmer. Dort angekommen, schnappte ich mich eines von Dads selbst gemachten Sandwiches, meinen Schulrucksack und einen Regenschirm und rannte aus dem Haus. Nachdem ich die Haustür leise hinter mir zugezogen hatte, ging ich den ausgetretenen Trampelpfad entlang und überquerte schnell die Felder hinter unserem Haus. Als ich jedoch an einem alten Apfelbaum angelangt war, drehte ich mich noch ein Mal um. Sehnsüchtig betrachtete ich unser kleines rote Haus an der Klippe. Ich hatte mich an den Gedanken gewöhnt, plötzlich nicht mehr die Möglichkeit zu haben, nach Hause gehen zu können. Jeder Tag wurde von Mal zu Mal gefährlicher und jede Aufgabe wurde riskanter werden. Ich war eine der Besten, aber auch nicht unverwundbar. Irgendwann würde auch ich scheitern. Irgendwann würde es auch mich nicht mehr geben.
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Oh Gott mein erstes Kapitel ist fertig ;D
Hallo liebe potenzielle Leser
Freut mich, dass ihr euch hierher verirrt habt und beschlossen habt das erste Kapitel meines hoffentlich spannenden Buches zu lesen. 😉☺️
Dann schon mal danke im Vorraus für alle Votes, Kommis und so weiter...
Ich LIEBE Feedback ❤️
Bis bald 
Eure Eovyn

When the devil callsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt