Der Einzug

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Charlie und Vaggie erreichten nach ihrer Werbeaktion wieder das Hotel. Es war bereits dunkel -dunkler, als es in der Hölle ohnehin schon war. Vaggie seufzte schwer und warf die restlichen Prospekte auf den Tisch in der Eingangshalle. Sie hatten es nicht geschafft auch nur ein Viertel zu verteilen... Vaggie schmiss sich der Länge nach auf das Sofa. Charlie streckte sich allerdings freudig: "Das war ein erfolgreicher Tag!"
"5 Leute haben sich ein Prospekt andrehen lassen, davon haben 2 es gegessen und einer verbrannt...", entgegnete Vaggie müde und legte sich den Arm übers Gesicht. Es war furchtbar wohltuend endlich die Füße hochlegen zu können. Den ganzen Tag über waren Charlie und sie durch Pentagramm-City gelaufen und hatten den verschiedensten Abschaum der Stadt aufgehalten. Sie hatten ihnen vom Hotel erzählt und ihnen Schutz und Hilfe angeboten. Vaggie war froh, dass Charlie immer noch optimistisch war, trotz dass die Aktion in ihren Augen fehlgeschlagen war.
"Bleiben immer noch zwei, die es ernsthaft mit nach Hause genommen haben und es sicher auch ihren Freunden und Familien erzählen werden!", sagte Charlie und drehte sich um sich selbst ehe sie sich neben Vaggie setzte. Sanft legte die Höllenprinzessin ihre Hand auf die ihrer Freundin: "Ich danke dir, dass du mitgekommen bist."
Vaggie rutschte ihren Arm von ihrem Gesicht und blickte ihre Partnerin liebevoll an. Sie liebte sie für ihre unschuldige Naivität leider genauso sehr wie für alles andere. Vaggie lächelte nur und strich Charlie eine Strähne aus dem Gesicht.
"Ich bin gespannt, ob Angel und Niffty auch so erfolgreich waren."
Eine tiefe Stimme räusperte sich aus einer Ecke. Husk stellte die letzten Gläser in den Schrank.
"Also wenn ihr Angel sucht; der ist kurz nachdem er wiederkam, wieder abgehauen." Er verdrehte die Augen und winkte belanglos das Thema ab: "Er hat heut noch 'zu tun'. Und Niffty putzt irgendwo Irgendwas; denke ich..."
"Oh! Ähm... Ok, ja. Weißt du, ob er-"
"Ja, er hat. Das ist, was von den Plakaten übrig ist.", sagte er mit einem leichtem Grinsen und deutete auf 4 Plakate, die auf seinem Tresen lagen.
"Was!?", rief Charlie hocherfreut.
"Wir waren üüüberall, Prinzessin!" Niffty tauchte plötzlich aus einer Ecke auf und wuselte auf sie zu. "Ich habe einige dreckige Stellen der Stadt damit überklebt. Manche Leute waren auch dreckig genug, dass ich ihnen ein Plakat aufgeklebt hab. Manchen musste ich es annageln. Ihnen geht's gut, sie haben sich noch bewegt während sie schrien!", haspelte Niffty vor lauter Elan und kicherte. Sie hüpfte begeistert über die Sitzpolster und ihr Kichern wurde immer schräger...
Charlie musste kurz überlegen, ob das wirklich ihrer Auffassung von 'Werbung machen damit Leute das Hotel besuchen' entsprach. Sie zuckte die Schultern und lobte Niffty: "Ich danke dir!"
Niffty grinste breit und griff wieder nach ihrem Putzwedel. Mit einem bösartigen, besessenem Blick widmete sie sich den nächstbesten Spinnenweben.
"Ob Alastor und dein Dad sich-", begann Vaggie.
"Wir haben uns prächtig verstanden!", unterbracht Alastor und manifestierte sich hinter Vaggie und Charlie. "Das Interview sollte eigentlich regelmäßig abgespielt werden, doch es gibt Störungen.", lächelte der Radiodämon, "Ich bin überfragt woran es liegt, dass man den Herrn Vater kaum versteht. Womöglich wollte er es doch nich so sehr wie wir, dass dem Hotel geholfen wird..."
Alastor griff tröstend nach Charlies Hand, als plötzlich die Eingangstür aufsprang:
"Chaaaaarliiie meine Liebe! Daddy ist da und möchte einchecken!", rief Lucifer und stolzierte begleitet von kleinen, beschworenen Helferdämonen, die sein Gepäck trugen, in die Lobby.
Charlie, gerade noch enttäuscht, dass das Interview ein Fehlschlag gewesen war, war nun verwirrt. Sie ließ Alastors Hände los und ging zu ihrem Vater: "Dad...?"
Das Grinsen des rothaarige Dämons wurden breiter und er verschränkte die Hände hinter seinem Rücken. Elegant schlenderte er durch den Raum und sprach: "Beeindruckend, dass der Hochkönig selbst in ein Hotel ziehen möchte, welches für Dinge steht, die er selbst nie erreichen konnte. Ändert es etwas, dass Ihr uns mit eurer Anwesenheit belästigen wollt oder geht es Ihnen darum Charlie Steine in den Weg zu legen? Sie wollen sie doch nur weiterhin davon abhalten diesem, in Ihren Augen, sinnlosen Unterfangen, nachzugehen. Oder irre ich mich?"
Lucifer ließ sich die Provokationen nicht anmerken und ignorierte Alastor stattdessen komplett.
"Meine Liebe Tochter. Du weißt, dass ich an deiner Seite bin. Vielleicht kann ich dich irgendwann nicht mehr so beschützen, wie ich gerne wollen würde, doch du bist stark. Du bist mein Kind!" Lucifer neigte sich vor Charlie auf ein Knie hinunter und küsste liebevoll ihre Hand: "Dir muss klar sein, dass ich für dich da bin und alles tue, damit du deinen Traum leben kannst. Du bist wichtiger, als alles Andere für mich; vor allem, wo wir so lange keinen Kontakt hatten...!"
Charlie lächelte und wurde bei diesen Worten leicht rot um die Nase: "Dad... Ich bin so froh, dass du bei mir bist...!"
Lucifer erhob sich, lächelte und schloss seine Tochter in die Arme. In dieser Sekunde traf sich sein Blick mit Alastors. Es war gelungen. Natürlich kamen Lucifers Worte nicht von ungefähr. Er ließ sein Herz sprechen und stand mit allem, was er war hinter jedem einzelnem Wort. Das konnten alle Anwesenden spüren, denn Alastors Worte gerieten abrupt in Vergessenheit. Diesen kleinen, verbalen Kampf entschied der König für sich.
"Aber...", begann Charlie unsicher, "Ist es wirklich von Nöten, dass du hier einziehen musst?"
Lucifers Augen wurden groß und füllten sich mit kleine Tränchen.
Schnell erkannte Charlie, dass sie ihn verletzt hatte und lachte: "War ein Witz! Natürlich kannst du einziehen! Genaugenommen war es ja irgendwie auch mal dein Anwesen, oder nicht?"
Der Herr der Dämonen fing sich wieder und grinste breit: "Natürlich scherzt du nur! Meine Tochter, mein Humor! Haha!"
"Jah... Haha!"
"Haha...", flüsterte Vaggie vor sich her und verdrehte die Augen.
Alastor tauchte unangekündigt zwischen ihnen auf und drängte damit Lucifer aus dem Sichtfeld. Missgelaunt stolperte dieser zur Seite.
Der Radiodämon hatte 'das Interview' nicht vergessen. Er wusste genau, dass der Lucifer höchst persönlich nur einzog, um für Charlies Schutz zu sorgen. Doch dass er ihm damit nur noch mehr in die Karten spielte, ahnte er nicht...
"Charlie meine Gute; wie wäre es deinem Vater das Zimmer mir gegenüber anzubieten? Es ist groß genug für einen solch kleinen Mann und außerdem möchte ich mich liebend gern besser mit dem namhaften Herrscher verstehen. Das liegt doch auch in deinem Ermessen, oder nicht?"
"Was spielst du hier eigentlich für ein Spiel, du Ratte...!?", fuhr in Lucifer von hinten an.
Alastor blickte nur über seine Schulter auf ihn, verzog dabei aber keine Miene: "Gar nichts. Ich möchte Charlie helfen, was sonst?"
Lucifer knurrte, ließ aber Charlie entscheiden, was das Beste war.
"Nun, wenn es für dich auch in Ordnung ist? Es würde mich freuen, wenn ihr beide doch irgendwann besser auskommen würdet!", sagte die Höllenprinzessin und blickte lächelnd abwechselnd von Alastor zu ihrem Vater.
Widerwillig seufzte Lucifer und schnipste sein Gepäck in das Zimmer welches Alastors gegenüber lag. Als er geholfen hatte das Hotel wiederaufzubauen, behielten sie den Stil und den 'Flare' des alten Anwesens aufrecht. Daher kannte er sich nach wie vor gut in diesem Gebäude aus, auch wenn es jetzt deutlich mehr Flügel und Etagen zu bieten hatte.
"Dad, du musst nicht-"
"Charlie, bitte. Ich tu das für dich, nicht für dieses Schiefgesicht."
"Apropo, mein Lord....", schnurrte Alastor bedrohlich aus dem Nichts. Ein wenig zu dicht hinter ihm! Lucifer spürte den Atem des Dämons in seinem Nacken und bekam eine Gänsehaut. Für gewöhnlich war er nicht so leicht zu erschrecken, doch jetzt gerade hatte er so etwas nicht kommen gesehen. Dem Radiodämon fiel diese kleine Schwäche an dem Höllenkönig sofort auf und sein Grinsen wurde kurz breiter.
Alastor fuhr fort, ging vorher aber einen halben Schritt zurück: "Wie genau gedenken Sie Ihr 'Ich tue alles für dich' eigentlich in die Tat umzusetzen? Alle hier haben sich große Mühe gegeben. Und Sie? Was haben Sie getan außer meine Radiosendung versaut?"
Lucifer hatte mitbekommen, dass die Sendung fehlgeschlagen war. Genau an den Parts, die er gesprochen hatte, rauschte es. Ab und an konnte man sogar ein leises Schreien und andere skurrile Geräusche vernehmen. Doch von seinem Gesagten wurde nicht ein Ton abgespielt. Es lag auf der Hand, dass Alastor ihm diesen Fehler zum Geschenk machte. Doch darauf wollte Lucifer nicht weiter eingehen, er hatte da eine Idee...
"Keine Sorge! Ich beziehe für heute nur noch mein Zimmer. Morgen kümmere ich mich um eine kleine Überraschung für mein kleines Mädchen.", sagte Lucifer und kniff Charlie dabei verspielt in die Wange. "Ich werde das wieder gut machen, versprochen!", fügte er leise an seine Tochter gewandt hinzu.
Alastor schaute Lucifer hinterher als dieser seelenruhig seinen Hut abnahm und über die Treppen den Weg zu seinem Zimmer aufsuchte.
"Da bin ich ja mal gespannt....", flüsterte er und löste sich selbst in Schatten auf.
Dieses Mal wollte Lucifer kein Portal benutzen. Das Oberhaupt wurde nostalgisch als er sich die alten -neu designten- Möbel und Bilder in den Fluren ansah. In vielen von ihnen waren Momente seiner Vergangenheit eingebrannt. Schöne Momente, wie auch Unschöne... Vieles erinnerte ihn an Lilith...
Lucifer betrat sein Zimmer. Die Helferdämonen hatten schon ein Großteil der Inhalte seiner Koffer verräumt. Er schnipste und die Dämonen lösten sich in Luft auf. Mit einer weiteren, eleganten Handbewegung wirkte er Magie, die das Zimmer augenblicklich von Staub, Spinnenweben und anderweitigen Unschönheiten befreite. Der Länge nach ließ sich der Blondschopf auf das Bett fallen. Noch lange starrte Lucifer an die Decke bevor er einschlief, ob das, was er da vor hatte, wirklich eine gute Idee war...

Fesseln der Hölle - Lucifer vs. AlastorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt