Kapitel 11

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Calum's P.O.V

Leicht in Gedanken versunken setzte ich mich gegenüber von Luke in den Sessel und lächelte ihn an, was er schüchtern erwiderte.

"Erste Frage." grinste ich und überlegte kurz, ehe ich fortfuhr. "Wie alt bist du?"

"Sechzehn." antwortete er und schien für einen kurzen Moment erleichtert zu sein, als er die Frage hörte, aber vielleicht bildete ich mir das auch nur ein. "Und du?"

"Und du?-Fragen sind blöd!" quengelte ich schmollend und brachte ihn leicht zum Schmunzeln. "Aber ich bin siebzehn. Okay...woher kommst du?"

"Sydney." kam es leicht wehmütig von ihm und danach herrschte eine unheimliche Stille, die lediglich von Luke's Seufzen unterbrochen wurde.
"Uhm...Luke?" räusperte ich mich leise und er schreckte sofort aus seinen Gedanken hoch: "Mh?"

"Du bist dran." informierte ich ihn lachend und merkte, wie er rot anlief und sich peinlich berührt auf seiner gepiercten Unterlippe herumbiss.

"O-okay, uhm..." Nervös ließ er seinen Blick über meinen gesamten Körper wandern und wich meinem freundlichen Blick aus: "Bist du Asiate?"

"A-...was?!" kreischte ich entsetzt und vergrub dann verzweifelt den Kopf in meinen Handflächen. "Ich bin kein fucking Asiate! Merk' dir das! Ich mein's ernst!"

"T-tut m-mir L-leid!" stotterte er und starrte mich aus großen blauen Augen hilflos an, was einfach nur süß aussah, wesgwegen ich ihm nicht böse sein konnte.

"Schon okay, Lukey." entgegnete ich beschwichtigend und überlegte kurz. "Was magst du so für Musik?"

"All Time Low, Green Day, Blink-182, Sum 41, so was halt." lächelte er schüchtern und ich hielt ihm begeistert meine Handfläche entgegen, damit wir abklatschen konnten. Musikgeschmack hatte der Junge auf jeden Fall!

"Du bist dran. Und ich will keine Und du?-Frage hören. Sei kreativ!" grinste ich, doch als ich seine Frage hörte, wünschte ich mir, dass er doch nicht so kreativ gewesen wäre.

"G-glaubst du an Liebe auf den ersten Blick?" brachte er nach kurzem Überlegen stotternd heraus. Wieso war er eigentlich so unsicher?

"N-naja, keine Ahnung, vielleicht? J-ja?" murmelte ich mit roten Wangen und versteckte mein Gesicht hinter meinen Handflächen.

"Das muss dir nicht peinlich sein." kicherte Luke leise und meine Wangen wurden womöglich noch röter, als sie sowieso schon waren.

"Nächste Frage." Mit einem Räuspern wechselte ich das Thema und beschloss, ihm die Peinlichkeit gleich zurückzuzahlen. "Bist du noch Jungfrau?"

Seine Reaktion jedoch fiel völlig anders aus als erwartet. Ich hatte gedacht, dass er rot wird und wieder stottert, doch stattdessen saß er wie versteinert da, Tränen begannen über seine Wangen zu fließen und seine glasigen Augen blickten an mir vorbei ins Leere.

"Luke, alles okay?" fragte ich vorsichtig nach und legte meine Hand auf seine Schulter, um ihm zu zeigen, dass ich für ihn da war.
Der Blonde jedoch zuckte heftig zusammen, fing an zu zittern und rutschte ein bisschen von mir weg.

"Bitte. Bitte, fass mich jetzt nicht an." flehte er und mein Herz zog sich bei seinem Anblick schmerzhaft zusammen. Was war denn los mit ihm? Plötzlich schwirrten so viele Fragen in meinem Kopf herum und auf keine von ihnen wusste ich eine Antwort.

"W-woher kennst du A-ashton und M-michael?" schniefte Luke plötzlich und man merkte, dass er versuchte, sich zusammenzureißen.

"Mikey ist mein bester Freund und Ash ist mein Ad-...mein Bruder." korrigierte ich mich. Ich war eigentlich relativ offen und kam auch gut mit meiner Vergangenheit klar, weswegen ich auch nicht oft verschwieg, dass die Familie Irwin mich adoptiert hatte, kurz nachdem meine richtigen Eltern und meine Schwester ums Leben gekommen waren. Ich war damals noch so klein gewesen, dass ich mich kaum an sie erinnerte, weswegen ich sie auch nicht so sehr vermisste.
Manchmal hatte ich ein schlechtes Gewissen deswegen, doch wie sollte man etwas vermissen, an das man sich gar nicht erinnerte?
Ich hatte es akzeptiert und kam damit klar.

Außer Ash und mir hatten die Irwins keine weiteren Kinder und seitdem Michael und mein Bruder zusammen gezogen waren, lebte ich alleine in einem Dreierhaushalt mit seinen beziehungsweise unseren Eltern.

Der einzige Grund, warum ich Luke nichts von der Waisenkindsache erzählte war sein momentaner Zustand.
Er war augenscheinlich jetzt schon völlig fertig; da wollte ich ihm nicht noch einen Schrecken einjagen, denn er wäre wahrscheinlich ziemlich geschockt, wenn er erfahren würde, dass ich meine Familie verloren hatte.
Den meisten Leuten tat ich immer gleich Leid, dabei verstand ich nicht einmal richtig warum, schließlich hatte ich es gut bei meiner neuen Familie.
Natürlich ersetzten sie meine leibliche nicht, aber es war nunmal so gekommen und Mitleid brachte mir meine richtigen Eltern auch nicht wieder zurück.

Und das genau war der Punkt.
Nichts könnte meine Eltern je wieder zum Leben erwecken.
Es war nicht so, dass sie mir egal waren.
Es war lediglich so, dass ich damit abgeschlossen hatte.
Ich hatte mich damit abgefunden und es akzeptiert.

Luke's verwirrter Blick sprach Bände.
Okay, dass Ash und ich uns nicht mal ein bisschen ähnlich sahen, war offensichtlich.

"Warum bist du so...so dünn?" murmelte ich leise und sah ihn sanft an. Es war mir im Laufe der kurzen Zeit, in der ich ihn nun kannte, schon mehrmals aufgefallen, dass er ziemlich mager war, fast schon zu mager.

"I-ch, ich..." Verzweifelt suchte er nach Worten, während erneute Tränen in seine Augen stiegen.
"Es tut mir Leid." schluchzte er schließlich; fast zeitgleich sprang er auf und stolperte aus dem Raum.
Wie erstarrt saß ich da; aus dem Flur drang Mike's leise Stimme, die leise und beruhigend auf Luke einredete; immer wieder unterbrochen von einem herzzerreißenden Schluchzen.

Vorsichtig stand ich auf und blickte den Flur hinunter.
Luke stand mit dem Rücken zu mir; Michael hatte seine Arme fest um ihn geschlungen und flüsterte beruhigende Worte.

"Was ist passiert?" formte er beinahe lautlos in meine Richtung, doch ich zuckte nur verzweifelt mit den Schultern.

So stand ich völlig hilflos einige Meter entfernt und konnte nichts anderes tun, als zuzusehen, wie der Jüngere schluchzend in den Armen meines besten Freundes hing.

Und in diesem Moment schwor ich mir, dass ich ihm helfen würde.
Dass ich irgendwann derjenige sein würde, der Luke tröstend umarmen und ihm die Tränen wegstreichen würde.

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Danke an meine friends @iXamXcrazy, @pxnkidiot und malumsbitxh, von denen die Fragen sind :D Thank you guys ♥

Words: 1011 ohne A/N

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