𝐙𝐄𝐇𝐍

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𝓸𝓷

»Nazli.«, sagte ich nur schockiert, während sie mich lachend musterte.

»Ja, Schätzchen. Lange nicht mehr gesehen. Willst du mich reinlassen oder draußen stehen lassen?«, fragte sie ungeduldig. Ich trat etwas zur Seite und schluckte schockiert. Sie lief an mir vorbei und bediente sich direkt am Roséwein, der offen auf dem Tisch stand.

»Bist du mir nach Hause gefolgt?«, fragte ich ängstlich, als ich die Tür schloss und mich irritiert zu Pelin und Nazli drehte.

»Nicht wirklich, ich habe dich heute öfter gesehen und bemerkt, dass du anscheinend nur ein paar Häuser von mir entfernt wohnst.«, sagte sie, und ich konnte nicht sagen, ob sie log oder die Wahrheit sprach.

»Die Nazli von Kenan?«, sagte Pelin irgendwann verwirrt, und Nazli nickte ihr zu.

»Keine Ahnung, was du über mich gehört hast, aber anscheinend bin ich Gesprächsthema bei euch.«, meinte Nazli lachend. Gott, keine Ahnung, was sie gerade wollte, aber anscheinend war sie immer noch so eingebildet wie damals.

»Nazli, was verleiht mir die Ehre, dich hier zu haben?«, fragte ich schließlich und stellte mich mit verschränkten Armen vor sie.

»Ich wollte nur eine alte Freundin besuchen. Du hast dich sehr verändert. Ich habe dich seit sieben Jahren nicht mehr gesehen, aber du siehst auf jeden Fall besser aus.«, meinte sie, als sie sich an den Kirschen bediente, die neben dem Wein standen.

»Freundin? Wir waren nie befreundet.«, erwiderte ich trocken.

»Na gut, waren wir nicht. Damals war ich vielleicht auch etwas gemein zu dir, und das tut mir leid. Aber ich denke, inzwischen ist Gras über die Sache gewachsen«, sagte sie und setzte sich auf den Stuhl.

»Nicht unbedingt. Du bist doch aus irgendeinem Grund hier, der wahrscheinlich nichts mit mir, sondern mit Kenan zu tun hat.«, sagte ich, und als ich das erwähnte, schaute sie mich seufzend an.

»Kenan, Kenan, Kenan... es dreht sich nicht immer alles um ihn. Aber es würde mich brennend interessieren, warum du ihn damals nicht genommen hast? Ich war schließlich nur der Platzhalter für dich.«, sagte sie und hob dabei ihre Augenbrauen.

»Du hast es ja schon selbst gesagt. Eine Frechheit, dass er dich überhaupt gedatet hat.«, murmelte ich genervt und setzte mich ihr gegenüber.

»Ich habe gut auf ihn aufgepasst, wie keine andere. Außerdem habe ich es immer akzeptiert, dass du seine erste Wahl warst. Das würde nicht jede Frau für einen Mann tun, den sie liebt.«, sagte sie, und ich fragte mich in diesem Moment, ob ihr nicht bewusst war, wie verrückt sie klang.

»Doch, tatsächlich gibt es noch Frauen, die genauso hirnverbrannt sind wie du.«, meinte Pelin lachend und bekam einen bösen Blick von Nazli.

»Ja, diese Talia. Armes kleine Ding, denkt sich bestimmt, dass er sie eines Tages heiraten wird.«, meinte Nazli lachend.

»Ich frage mich, was in Talias und deinem Kopf vorgeht, dass ihr euch auf so ein Niveau begebt.«, sagte ich ironisch, aber zugleich interessiert, denn ich verstand es tatsächlich nicht.

»Du kannst mich nicht mit diesem Kind vergleichen. Sie kennt nicht den Kenan, den wir beide kennen. Überraschenderweise verstehe ich selbst nicht, warum sie bei ihm bleibt. Ich habe selbst erlebt, wie es ist, die zweite Wahl zu sein. Es ist, als würde man jeden Tag um Anerkennung kämpfen müssen und hoffen, dass eine bestimmte Person nicht wieder in sein Leben tritt.«, sagte sie und musterte mich von oben bis unten arrogant.

»Warum bist du überzeugt, dass ich immer noch eine Wahl für Kenan darstelle?«, wollte ich wissen.

»Dieser Mann hat dich nicht nur geliebt, sondern seine ganze Zukunft mit dir geplant. Jede Frau, die jetzt an seiner Seite steht, würde eine Leere füllen, die du hinterlassen hast. Er ist anders, wenn es um Liebe geht. Während der kurzen Zeit, in der ich mit ihm zusammen war, habe ich stark gemerkt, dass er sich noch mehr an die Vergangenheit klammerte, weil er Angst hatte, dich komplett zu vergessen.«, sagte sie, während sie weiter uninteressiert die Kirschen aß.

»Angst, mich komplett zu vergessen? Das war vielleicht damals so, aber sicher nicht jetzt.«, erwiderte ich lachend.

»Ich weiß nicht, warum er dich nicht vergessen kann, aber er möchte es nicht. Ab und zu habe ich noch schwachen Kontakt zu ihm und merke, dass er unfassbar unglücklich ist.«, sagte sie. Nazli hatte immer diese grausame Stimme, die quietschte, wenn sie sprach. Es war so anstrengend, ihr zuzuhören, vor allem wenn sie so abwertend über mich sprach.

»Woran machst du fest, dass er unglücklich ist?«, fragte ich, während ich ihr die Schüssel mit den Kirschen wegnahm.

»Warum würde er immer noch deinen hässlichen Anhänger bei sich tragen? Bei unserem letzten Treffen habe ich ihn auf seiner Kommode gesehen, und das war vor knapp zwei Wochen. Und bevor du dich aufregst, warum er sich noch mit mir trifft – es ging um eine Einladung für die Hochzeit meines kleinen Bruders, die ich ihm überbringen sollte.«, meinte sie und riss mir die Schüssel wieder aus der Hand.

zehn || 𝐤𝐞𝐧𝐚𝐧𝐲𝐢𝐥𝐝𝐢𝐳Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt