Sharikat

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Sonntag
20:18

Die Entscheidung war gefallen. Keine Geschäfte mehr mit Ali. Ich hatte genug von dem scheißkerl, der sich als König der Unterwelt aufführte und sich dabei wie der größte Wichser benahm. Ich wollte mein eigenes Ding durchziehen, unabhängig und auf meine Art. Klar, das bedeutete, dass ich mich mit neuen Leuten einlassen musste, aber was hatte ich zu verlieren?

Durch einen Freund, der mir von ein paar Jungs erzählte, die ebenfalls im Geschäft waren und aufsteigen wollten, kam ich an Jamal und seine Crew ran. Er hatte mir erzählt, dass sie es ernst meinten und nach einem neuen Deal suchten. So stand ich also auf dem Parkplatz, in der Nähe einer verlassenen Lagerhalle, bereit für mein erstes Treffen mit ihnen.

Ich kam an, als Alim, Safraoui, Mali, Veysel, Moussa und Jamal schon da waren. Safraoui stand mit einer Kippe in der Hand da, sein Blick war misstrauisch und skeptisch, seine cap trug er tief. Alim und Mali standen beisammen, tuschelten leise und warfen mir gelegentlich Blicke zu. Moussa sah ziemlich gelassen aus, als wäre ihm alles egal. Veysel, der bei allem, was er tat, wie ein Vulkan wirkte, bereit, alles in die Luft zu jagen, was ihm nicht passte, schaute mich mit einem Blick an, der verriet, dass er bereit war, mich zu zerreißen, wenn es nötig wäre.

Ich packte die Ware aus und legte sie auf den Tisch, der wie ein Gebrauchtwagenplatz wirkte, alles außer edel. Die Vorstellung, dass ein Mädchen in diesem Geschäft mitmischt, scheint sie zu irritieren.

"Seit wann tickt ein Mädchen?" Fragte Alim verwirrt.
"Bruder, neue Generation und so. Diese ummah ist verloren" sagte Safraoui genervt.
"Wollt ihr jetzt ins Geschäft oder weiterhin nur scheiße labern?" Fragte ich ebenso genervt.

Jamal, der endlich aus seiner Ecke heraustrat, fiel mir sofort auf. Er hatte eine Präsenz, die nicht zu übersehen war. Er trat vor, seine Augen fixierten mich, als wollte er mir direkt in die Seele blicken.

"Wie läuft die Scheiße hier ab, Madame?", fragte er, seine Stimme war ein kaltes Messer.
"Ganz einfach", antwortete ich kühl.
"Ich bringe euch die Ware, ihr bezahlt sofort. Keine Spielchen, nur geschäftliches."

Jamal zog eine Augenbraue hoch und schaute mir tief in die Augen.

"Weißt du, wenn irgendwas schiefgeht oder du uns zinkst, wirst du dafür zahlen. Das ist unser Geschäftscode."

Ich lächelte spöttisch.

"Klar, ich kenne das Spiel. Glaub nicht, dass du mir etwas Neues erzählst."

Jamal musterte mich und kam mir näher.

"Bro, iba3ash, kurz und knapp" sagte plötzlich Safraoui von hinten und warf seine Kippe weg.

Ich lachte, ein freches Lachen. Der dachte echt, ich bin ein cop.

"Du denkst echt, ich bin hier als undercover Cop unterwegs?"
"Weißt du", sagte Jamal ruhig.
"wenn wir jetzt diesen Deal machen und irgendwas schiefgeht, werden garantiert iba3ash auftauchen. Ich vertrau dir nicht."
"Probier's aus" sagte ich mit einem frechen grinsen und hielt ihm meine Hand hin.
"Oder bist du eine pussy?" Fragte ich extra provokant.

Er starrte mich misstrauisch an, nahm dann aber meine Hand, und ich grinste zufrieden. Plötzlich drehte er meine Hand um und trat ganz nah von hinten an mich heran. Er flüsterte mir ins Ohr.

"Pass auf dich auf. Red ordentlich mit uns, das ist die erste Regel ."

Sein Flüstern ließ mich aufstöhnen, und ich konnte den Schmerz nicht ganz verbergen. Die erste Regel? Was will der damit sagen? Er lachte leise und küsste dann provokant meinen Nacken, bevor er mich losließ. Das war ein verdammtes Spiel für ihn. Er ließ mir das Geld auf den Tisch liegen. Ich wollte am liebsten ausrasten, aber ich hielt mich zurück und packte es schnell ein.

Ich warf einen kurzen Blick auf das Geld und nickte dann.

"Wann soll ich die nächste Lieferung bringen?" Fragte ich.
"Gleich am selben Tag, wenn's geht. Melde dich, wenn du die Ware hast." antwortete er knapp.

Mit diesen Worten wandten sich die Jungs ab und verschwanden schnell. Ich sah ihnen nach, nahm mir einen Moment, um tief durchzuatmen. Der Deal war abgeschlossen, aber die Dynamik war noch lange nicht vorbei.

Ich ging vom Parkplatz weg und ließ das Treffen Revue passieren. Die Jungs hatten mich misstrauisch beäugt, als wäre ich eine Art Kuriosität. Dass ein Mädchen im Drogengeschäft mitmischte, schien für sie schwer verdaulich zu sein. Besonders Jamal, der sich so provokant verhalten hatte, blieb mir im Kopf hängen. Er war anders - selbstbewusst, kontrolliert, aber auch ein bisschen zu sehr von sich überzeugt. Ich musste den mal wieder ganz schnell auf den Boden bringen. Wir wollten ja keinen zweiten Ali.

Ich musste ihnen beweisen, dass sie mir vertrauen konnten. Dass ich kein Bulle war, sondern jemand, der sich in diesem Geschäft auskannte. In meinen Gedanken schweiften meine Gedanken nach Lateinamerika, zu den Frauen, die dort das Drogengeschäft führten. Griselda Blanco zum Beispiel - die schwarze Witwe. Eine Frau, die es geschafft hatte, sich in einer Männerdomäne durchzusetzen und eine der mächtigsten Drogenbosse der Geschichte zu werden. Wenn sie das konnte, warum sollte ich das nicht auch schaffen?

Ich erinnerte mich an Geschichten, die ich gehört hatte - von Frauen, die sich Respekt erkämpft hatten, die ihre Position durch harte Arbeit und Entschlossenheit behaupteten. Ich war nicht weniger als sie. Ich war überzeugt davon, dass ich die Fähigkeiten hatte, die nötig waren, um in diesem Geschäft zu bestehen.

Meine Gedanken kreisten weiter um das Treffen. Ich musste einen Weg finden, um ihnen zu zeigen, dass ich zuverlässig war. Dass ich nicht nur ein Mädchen war, sondern jemand, der wusste, was sie tat. Vielleicht sollte ich ihnen bei der nächsten Lieferung mehr Informationen geben, ihnen zeigen, dass ich über Kontakte und Ressourcen verfügte, die wertvoll für sie sein könnten. Oder nein, vielleicht sollte ich einfach abwarten und sehen, wie sich die Dinge entwickelten.

Ich wusste nur eines: Ich würde nicht nachgeben. Ich war stark, entschlossen und bereit, alles zu tun, um meinen Platz in diesem Geschäft zu finden. Sie würden schon sehen, dass ich keine einfache Beute war. Ich war Soleil, und ich würde mich nicht unterkriegen lassen.

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