viva la haze

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Sonntag
21:33

Die nächsten Tage zogen sich endlos hin, und als endlich der Tag der nächsten Lieferung kam, machte ich mich auf den Weg zu den Jungs von Hoodblaq. Die Ware war im Kofferraum meines Mercedes GT 63s, und ich versuchte, mich auf die Arbeit zu konzentrieren. Als ich ankam, packte ich die Ware aus und legte sie auf den Tisch, wobei ich die Jungs aufmerksam beobachtete.

Alim und Mali waren wie immer gut gelaunt. Sie lachten und scherzten, als wären sie nie ernsthaft beschäftigt. Safraoui entspannte sich mit einem Joint, den er sich nach dem anderen gönnte. Moussa war in ein Telefonat vertieft, und Veysel beobachtete mich mit seinem starren Blick, der mir jedes Mal das Gefühl gab, als würde er mich gleich auf den Mond schießen. Jeder hatte seine Rolle.

Jamal stand vor mir, seine Augen so hart wie Granit.

"Warum ist die Ware einen Tag zu spät?" Seine Stimme war scharf und voller Vorwurf.

Ich blieb ruhig und distanziert.

"Hatte Verzögerungen."
"Verzögerungen?" Jamal trat näher, seine Stimme wurde lauter und drohender.
"Wir haben uns auf dich verlassen."
"Ich hab's doch gebracht, oder nicht?" Meine Antwort kam kalt und sachlich.
"Nicht so frech," fauchte Jamal.

Plötzlich packte er mich unsanft am Arm. Die Jungs schauten neugierig und leicht verwirrt.

"Lass mich los," sagte ich ruhig, aber bestimmt.
"Du führst hier gar nichts," provozierte er weiter und schubste mich.

Ich fiel auf den Boden und spürte die Demütigung in meinem ganzen Körper, aber ich ließ mir nichts anmerken.

Das Gefühl, vor anderen gedemütigt zu werden, war nicht neu für mich. Es war, als ob jede Schicht meines Widerstands abgetragen wurde, bis ich nur noch diese rohe Wut übrig hatte. Ich lachte, ein hartes, unnachgiebiges Lachen, und rappelte mich auf.

"Boah, Respekt, Jamal" sagte ich sarkastisch.

Ich stieg in mein Auto und fuhr weg. Kaum hatte ich ein paar Straßen hinter mir, brach ich in Tränen aus. Die Luft schien mir den Atem zu nehmen. Ich war es gewohnt, vor anderen gedemütigt zu werden, vor allem wegen Ali. Aber ich hatte Hoffnung gehabt, dass Jamal anders sein könnte. Diese Hoffnung war nun zerstört.

Meine Tränen trockneten schnell und wurden von Zorn ersetzt. Ich entschloss mich, beim nächsten Mal die Ware aus Prinzip zu reduzieren. Ich würde die Hälfte behalten und selbst verticken. Es war an der Zeit, ihnen zu zeigen, dass ich nicht so leicht zu brechen war und dass ich Respekt verdiente. Ich kannte all die Junkies in Hemshof, und wenn es darauf ankam, würden sie nur bei mir kaufen.

[...]

Ein paar Tage später stand ich erneut vor den Jungs, diesmal mit der reduzierten Ware. Als ich die Hälfte auf den Tisch legte, spürte ich die unvermeidliche Reaktion.

"Was soll das?" Jamal fragte sofort, seine Stimme gefährlich ruhig.
"Das ist alles, was ich habe" antwortete ich gelassen.
"Willst du uns verarschen?" Jamal trat bedrohlich näher.
"Wo ist der Rest?"
"Das geht dich nichts an" entgegnete ich kalt.

Jamal packte mich wieder am Arm, dieses Mal noch fester.

"Du spielst ein gefährliches Spiel, Soleil."
"Und du denkst, du kannst mich einschüchtern?" Ich sah ihm direkt in die Augen.
"Ich kenne all die Junkies in Hemshof. Wenn es drauf ankommt, kaufen sie nur bei mir."
"Du wagst es, uns zu hintergehen?" Jamal's Stimme war ein gefährliches Knurren.
"Ich wag's nicht, ich mach's einfach," sagte ich, meine Stimme eisig und unerschütterlich.
"Du weißt nicht, mit wem du dich anlegst," zischte er.
"Oh, ich weiß es sehr genau," antwortete ich.
"Ich habe alles durchgemacht - Ali, die Jungs, und jetzt dich. Ich bin nicht so leicht zu brechen, check das."

Die Jungs schauten uns gespannt zu. Die Spannung im Raum war fast greifbar. Jamal ließ mich schließlich los, aber der Hass in seinen Augen war unübersehbar.

Als ich mich umdrehte, um zu gehen, hörte ich Jamals drohende Stimme hinter mir.

"Du bleibst hier, Soleil."

Ich drehte mich langsam wieder um und sah ihn mit einem kalten, herausfordernden Blick an.

"Was ist noch?"
"Du denkst also, du kannst uns so einfach verarschen?" Jamal trat auf mich zu, seine Augen brannten vor Wut.
"Du bist nichts weiter als eine Schlampe, die meint, sie könnte sie die Führung übernehmen, komm wieder runter."
"Pass auf, wie du mit mir redest," entgegnete ich ruhig, obwohl sich mein Herz schneller schlug.
"Ich kann jederzeit das Geschäft abbrechen und euch alle ins Chaos stürzen."
"Ach, ist das so?" Jamal packte mich erneut am Arm, seine Griff war wie Stahl.
"Wenn du glaubst, du kannst uns so behandeln, dann muss ich dich leider enttäuschen."

Plötzlich schlug er mich mit einem kräftigen rechten Haken. Der Schmerz durchzuckte mein Gesicht, als ich nach hinten taumelte und gegen den Tisch stieß. Blut strömte aus meiner Nase und tropfte auf den Boden. Der metallische Geschmack des Blutes war auf meinen Lippen, und ich wischte es mir mit dem Ärmel weg.

Safraoui stand neben Jamal, seine Augen weiteten sich, als er mich ansah. Er schien überrascht, dass Jamal so weit ging, aber machte keinen Versuch, einzugreifen.

Jamal starrte mich hasserfüllt an, als ob er mich am liebsten gleich zerreißen würde. Ich erwiderte seinen Blick mit einem festen Lächeln, während ich die Wut in mir durchkämpfte.

"Du wirst dich nicht so leicht von mir verabschieden können," sagte ich schließlich, meine Stimme ruhig trotz der Schmerzen.
"Möge der Bessere beim Dealen gewinnen," sagte ich und ließ die Drohung bewusst in der Luft hängen.
"Vergiss nicht, dass du mit fünf anderen Leuten bist und ich nur alleine. Wir werden sehen wer Hemshof für sich gewinnt."

Jamal warf mir einen letzten, zornigen Blick zu, bevor er sich abwandte. Die anderen Jungs schauten uns immer noch überrascht an, als ob sie versuchten, die ganze Situation zu begreifen. Ich wusste, dass das hier noch nicht vorbei war, und dass der wahre Kampf gerade erst begonnen hatte.

"Du hast deine Chance gehabt," sagte Jamal, während er sich abwandte.
"Wir werden sehen, wie lange du es durchhältst."

Mit diesen Worten drehte ich mich um und ging zur Tür, während ich die Wut in mir weiterbrodeln ließ. Denkt der wirklich, ich hab erst jetzt mit dem Dealen angefangen? Ich deale schon seitdem ich 13 Jahre alt bin. Er soll mich nicht unterschätzen. Der Schmerz war nichts im Vergleich zu der Entschlossenheit, die mich jetzt antrieb. Ich würde ihnen zeigen, dass ich nicht so leicht zu brechen war. Der Kampf ging weiter, und ich war bereit, ihn alleine zu kämpfen.

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