𝟭𝟰

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𝗧𝗿𝗮𝗱𝗶𝘁𝗶𝗼𝗻 𝘂𝗻𝗱 𝗘𝗶𝗴𝗲𝗻𝘀𝘁𝗮̈𝗻𝗱𝗶𝗴𝗸𝗲𝗶𝘁

»Kalós ílthate sto spíti«, begrüßte ich meine Eltern auf Griechisch, als sie die Haustür betraten.

»Sehr sauber gehalten. Gut so«, meinte Mama, während sie mich in eine Umarmung zog. Damian war gerade mit Papa beschäftigt.

Später halfen wir beim Auspacken, und dann bestellten wir Essen, da meine Eltern erstmal richtig ankommen sollten, bevor Mama sich wieder an den Herd stellte. Natürlich könnte ich auch kochen, aber Mama legt Wert darauf, dass, sobald sie wieder zu Hause ist, niemand mehr ihre teure Küche benutzt.

»Was sind das denn für schöne Blumen? Hast du einen heimlichen Verehrer?«, wollte meine Mutter lachend wissen, während sie die Küche gründlich inspizierte und die Vase mit den Blumen entdeckte, die mir Kenan geschenkt hatte.

»Quatsch, die habe ich von der Arbeit mitgebracht. Da gibt es ständig solche Blumen, und meine Chefin war an dem Tag gut gelaunt«, antwortete ich ihr nur schluckend.

»Sicher, dass ihr in eurem 1€-Laden solche teuren und seltenen Blumen verkauft?«, hakte sie verwirrt nach, und ich nickte langsam.

»Besonderer Tag«, murmelte ich nervös, und sie schaute mich skeptisch an.

Meine Ausrede war dumm, aber meine Gedanken hingen noch bei der Arbeit, und in den ersten paar Sekunden klang es für mich ziemlich klug.

»Na ja, in Ordnung. Behalt das für dich, aber kennst du noch Dimitrios?«, fragte sie jetzt lächelnd, und ich nickte langsam. Das war mein Kindheitsfreund, der jedoch die ganze Zeit in Thessaloniki lebte. Mit fünf Jahren zog er mit seiner Familie wieder nach Griechenland zurück. Seine Mutter war Deutsche und sein Vater Grieche.

»Er und seine Familie ziehen wieder nach München. Vielleicht möchtest du ihm helfen, sich hier wieder einzuleben?«, fragte sie mich lächelnd, und ich schluckte nervös.

Dimitrios und ich waren Kindheitsfreunde, und laut unseren Eltern sollten wir eines Tages heiraten. Anscheinend hatte Mama diesen Gedanken immer noch. Ich wusste jedoch nicht, wie er jetzt aussah oder wie sich sein Charakter entwickelt hatte, denn ich war seit über einem Jahrzehnt nicht mehr in Griechenland gewesen.

»Das lässt sich bestimmt einrichten«, antwortete ich nur knapp und sah, wie sie mir zunickte.

Später kamen unsere Pizzen an, und wir saßen alle am Esstisch. »Athena, kannst du Tabasco aus der Küche holen? Wir haben es vergessen«, fragte mein Vater, und ich bejahte. Als ich kurz in die Küche ging, hörte ich auf einmal, wie mein Vater mit Damian über seinen neuen Trainer sprach.

»Bist du zufrieden mit deinem Verein und vor allem mit dem Trainer?«, fragte mein Vater ihn, als ich ihm mitten im Gespräch die Soße reichte.

»Ja, er ist so cool. Er wäre eigentlich fast zu Juventus gegangen, Papa!«, sagte Damian aufgeregt, und ich schaute nur etwas appetitlos auf meine Pizza.

»Das war damals wirklich schade. Ich habe es selbst mitbekommen. Er ist wirklich ein talentierter Bursche, aber die Gesundheit geht vor. Vielleicht trainiert er dich jetzt umso ehrgeiziger«, meinte mein Vater, als Damian aufgeregt vom Tisch aufstand und kurz wegrannte, um mit dem signierten Fußball zurückzukommen.

»Schau mal! Er hat mir einen Fußball mitgebracht, mit so vielen Unterschriften. Das ist vom FC Bayern München«, sagte er aufgeregt und überreichte ihn meinem Vater, der dabei seine Pizzascheibe auf den Karton fallen ließ.

»Meine Güte, meine Lieblingsspieler haben hier unterschrieben«, sagte er und klang dabei fast wie ein kleines Kind.

»Gott, jetzt reicht's aber! Wir sind doch gerade am Esstisch. Wo sind denn eure Manieren? Schnell weg mit diesem Unfug«, klagte jetzt meine Mutter genervt.

Damian und mein Vater nuschelten noch kurz wie kleine Kinder, bevor sie den Fußball versteckten und mein Vater sich ernsthaft räusperte.

»Wie läuft die Uni und die Arbeit, Athena?«, fragte er jetzt mit ernster Miene.

»Danke, beides läuft recht gut. Klagen kann ich nicht«, antwortete ich knapp und bemerkte, wie ich jetzt die volle Aufmerksamkeit meiner Mutter bekam.

»Gut. Christos, ich habe ihr schon von Dimitrios erzählt«, sagte sie, während sie sich zu meinem Vater wandte, der nun breit lächelte.

»Perfekt. Ich denke, ihr werdet euch gut verstehen«, sagte er, und ich nickte etwas verwirrt.

»Bestimmt werden wir das, wir kennen uns ja noch von früher«, sagte ich irritiert und sah, wie die beiden anfingen zu lachen.

»Ja, wir denken nämlich, dass er vielleicht sogar ein potenzieller Partner für dich wäre. Er hat ebenfalls Architektur studiert und ist ein sehr engagierter junger Mann«, begann meine Mutter. Augenblicklich verschluckte ich mich an meinem Essen und sah sie entgeistert an.

»Athena, sachte«, sagte mein Vater etwas verwirrt, während er mir ein Glas Wasser reichte. Damian klopfte mir hektisch auf den Rücken, allerdings so, dass es mehr wehtat, als dass es half.

Eine Weile später saß ich in meinem Zimmer und rief aufgebracht Sema an, um ihr von dem Verkupplungsversuch meiner Eltern zu berichten. Sie meinte zwar, dass ich mir das anschauen sollte, aber ich war etwas abgeneigt.

»Darf ich?«, hörte ich, als meine Mutter klopfte und einen Spalt der Tür öffnete.

»Ich rufe dich gleich zurück, meine Mama ist da«, sagte ich schnell ins Telefon, bevor ich auflegte.

Meine Mutter setzte sich an mein Bett und nahm meine Hand. »Ich weiß, dass das ein bisschen überraschend für dich war, aber wir meinen es nur gut. Du weißt, dass ich von deinem Türken weiß und ich gegenüber deinem Vater immer ruhig geblieben bin. Der Vorschlag mit Dimitrios kam von mir, um dir zu zeigen, dass du vielleicht von selbst erkennst, dass du mit diesem Cousin von Sema keine Zukunft hast«, sagte sie, und ich schaute sie etwas schockiert an.

Ich muss zugeben, dass sie mich anfangs ein wenig mit ihm erwischt hatte und ich dann immer mit der Ausrede kam, dass das ja nur Semas Cousin sei. Aber anscheinend hatte sie bemerkt, dass es alles andere als platonisch war.

»Mama, wir sind nicht mehr zusammen«, antwortete ich nur trocken und sah, wie sie lachend den Kopf schüttelte.

»Und von wem sind dann bitte diese Blumen? Von einem anderen Türken, oder was?«, machte sie sich lachend lustig. Ja, tatsächlich.

Es war klar, dass meine Mutter mir nicht glaubte, aber ich konnte wohl schlecht sagen, dass der Trainer meines Bruders mir Blumen geschenkt hatte.

athena | 𝐤𝐞𝐧𝐚𝐧𝐲𝐢𝐥𝐝𝐢𝐳Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt