Kapitel 2

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Tami POV
Neverland, während Peter Rumpelstilzchen besucht

„Schon schönes Wetter heute, oder?", fragt Felix mich. Ich weiß ganz genau, dass er versucht mich abzulenken. Nur leider ist er grottenschlecht darin. Er ist einfach kein besonders großer Redner.
Dabei könnte ich wirklich gut Ablenkung gebrauchen. Peter ist jetzt schon seit ein paar Stunden weg und außer einem „Ich muss meinem Sohn einen Besuch abstatten" war keine Erklärung aus ihm herauszubekommen.
Was soll ich denn davon bitte halten? Es könnte alles Mögliche passiert sein! Er hat nicht mal gesagt wie lange sein Besuch dauern wird.
Stunden, Tage, Wochen?
Und ist der Dunkle überhaupt noch in Storybrooke?
Ich bin es so leid, dass mir Informationen vorenthalten werden.

Nachdem ich im Lager gefühlt einen Graben gelaufen bin, weil ich einfach nicht still sitzen konnte, hat Felix mich dann zu einem Ausflug überredet. Offenbar fühlt er sich für mich verantwortlich, wenn Peter nicht da ist. Vielleicht hat der Herr Neverlands ihn ja sogar explizit als meinen Aufpasser eingeteilt. Als ob ich das bräuchte! Immerhin bin ich hier Zuhause und es ist ja nicht so, als könnte ich auf einer Insel verloren gehen. Andererseits ist das hier Neverland.

„Ja, wirklich schön", gebe ich Felix zuliebe zu. Der Arme kann ja auch nichts dafür, dass er mich im Auge behalten muss. Auch, wenn er im Augenblick sogar ganz zufrieden aussieht.
Wir sitzen gemeinsam auf einer grasbewachsenen Klippe und schauen auf das weite Meer hinaus, das Neverland umgibt. Die Sonne steht hoch am strahlend blauen Himmel und wärmt uns. Felix hat sogar seinen Umhang abgelegt. Zusammen mit der Keule liegt dieser neben uns.

„Weißt du, was er genau machen wollte?", frage ich den blonden Jungen. Definitiv nicht zum ersten Mal heute. Felix atmet hörbar aus.
„Luna...", so wie er Peter mit 'Pan' anspricht, nennt er auch mich bei meinem zweiten Namen.
Entnervt lässt er sich nach hinten auf den Rücken fallen, die Beine aufgestellt und legt sich seine Arme über die Augen, um nicht geblendet zu werden.
„Tut mir leid, aber es lässt mir einfach keine Ruhe", ich ziehe meine Knie an und lege mein Kinn darauf ab. Die Bäume hinter uns lassen im Wind leicht ihre Blätter rauschen. Weit unter uns rauscht das Meer. Ansonsten ist es still und so kann ich meine Gedanken definitiv nicht überhören.

„Wie schon gesagt: Ich weiß nur, dass er zu Rumpelstilzchen wollte. Nicht mehr und nicht weniger. So lange, wie er fort ist, passe ich hier auf", fasst Felix unsere Unterhaltungen der letzten Stunden zusammen.
„Du passt auf mich auf", grummele ich, „Als hätte ich das nötig."
„Wärst du lieber allein?", fragt er und gähnt genüsslich. Zwar kann ich seine Augen unter seinen Armen nicht sehen, aber bestimmt sind sie geschlossen. So entspannt ist Felix nur, wenn die anderen verlorenen Jungs nicht da sind. Wie er ist, wenn er nur in Peters Gesellschaft ist, weiß ich nicht.
„Nein", seufze ich resigniert und werfe einen kleinen Stein die Klippe hinunter. Hier oben kann man das Platschen, dass er beim Eintreten ins Wasser macht, nicht hören.

Ich stehe auf und schlendere am Abgrund entlang. Nicht direkt an der Kante, aber doch recht nah dran. Immer ein Fuß vor den anderen.
„Ich mache mir einfach Sorgen um ihn", sage ich, auch das nicht zum ersten Mal heute.
„Du machst mich wahnsinnig", meckert der blonde Junge.
„Ich wiederhole mich ja nicht gern", will ich sagen, doch mir entfährt nur ein überraschter Laut, als Felix mich ruckartig ein paar Schritte am Arm zu sich zieht. Ich hatte gar nicht bemerkt wie er aufgesprungen ist.

„Genau deswegen soll ich auf dich aufpassen", grummelt er, lässt mich wieder los und verschränkt die Arme vor seiner Brust, „Hast du vor da runter zu stürzen oder was?"
Trotzig verschränke auch ich meine Arme und starre zu ihm herauf, „Ich bin kein Kind mehr, Felix."
„Das sind wir beide nicht", merkt er an und grinst, „Ich bin sogar locker mindestens vier Mal so alt wie du, du Zwerg." Triumphierend blickt der große Junge auf mich herab.
„Du kannst mich mal, Blondchen", entgegne ich, zugegebenermaßen ziemlich kindisch, strecke ihm die Zunge raus und gehe zurück in Richtung Dschungel.

„Was hast du jetzt vor?", Felix schnappt sich Umhang und Waffe und kommt mir hinterher.
„Ich muss was holen", sage ich und beschleunige meine Schritte. Mühelos folgt der Junge mir.
„Und was?"
Abrupt bleibe ich stehen und fast wäre er in mich hinein gelaufen.
„Verdammt, Luna!", macht er seinem Ärger Luft und schaut mich genervt an.

Ich hingegen schließe kurz die Augen und gehe in mich. Hier in Neverland brauche ich die zwei magischen Worte nicht aussprechen, um den Schatten herbei zu rufen. Ein Gedanke reicht. Noch dazu, wenn ich diejenige bin, die ihn anlockt. Immerhin bin ich Peter Pans Gefährtin und damit die Herrin Neverlands.

Kaum habe ich meine Augen wieder geöffnet, spüre ich auch schon den typischen Luftzug, der die Ankunft des Schattens ankündigt. Auch Felix bemerkt es und weiß sofort, was das bedeutet.
„Was hast du vor?", Verunsicherung liegt in seiner Stimme.
„Wer wäre besser dazu geeignet, auf mich aufzupassen, als Peter Pans eigener Schatten?", frage ich mit einemvLächeln, während der Schatten ankommt und neben mich schwebt.
„Luna, bitte..."
„Keine Sorge, Felix", versuche ich ihn zu beschwichtigen, „Ich habe nicht vor, lange weg zu bleiben." Mit diesen Worten greife ich die Hand des Schattens und lasse mich von ihm fort bringen.

„Wohin?", fragt der Schatten mit seiner dunklen Stimme, doch blickt mich mit seinenbglühenden Augen nicht an.
„In den Zauberwald. Dahin, wo ich meine frühe Kindheit verbrachte", antworte ich und hoffe, dass diese Beschreibung dem Schatten reicht. Er ist ein sehr mächtiges Wesen. Laut Peter kann er in jede Welt reisen und existierte schon, bevor er selbst in Neverland lebte.

Der Schatten fliegt immer höher mit mir in den Himmel. Dank seiner Magie muss ich mich gar nicht wirklich an ihm festhalten, sondern bin mit ihm verbunden.

„Normalerweise sieht er es nicht gern, wenn ich die Welten am Tag durchquere", teilt das magische Wesen mir mit und mir ist sofort klar wen er mit er meint.
„Er tut heute selbst ein paar eigenartige Dinge", ist mein einziger Kommentar. Ich habe ja wirklich nicht vor, lange weg zu bleiben. Nur schnell hin, etwas holen, und wieder zurück.

Mir ist nämlich eine spontane Idee gekommen, wie ich die Zeit doch noch sinnvoll nutzen könnte: Vor ein paar Tagen habe ich endlich die Erzählung meiner Geschichte beendet. Die Geschichte, wie Peter und ich uns kennenlernten, wie ich mich in Neverland und wir uns ineinander verliebten. Und wie wir schließlich den Tod besiegten und Peter zu ewiger Macht und Jugend verhalfen sowie damit auch mir.
Auf dem Zettel, den wir nach unserem Abenteuer mit Henry in Peters Nachdenk-Baum fanden, stand nämlich genau das geschrieben:
Dass ich mein Happy-End erhalten und später meine Geschichte verschriftlichen würde.

Der Zettel wurde von dem Autor verfasst. Seine Aufgabe ist es, die Geschichten der magischen Welt in Schriftform zu verewigen. Doch er verfügt auch über die großartige Macht die Realität nach seinen Vorstellungen umzuschreiben. Und dies hat er für mich getan. Denn der Autor ist mein leiblicher Vater.

Nun will ich die Geschichte, die ich aufschrieb, in mein altes Märchenbuch einfügen. Jenes Märchenbuch aus meiner Kindheit müsste sich noch in meinem früheren Zuhause befinden.

Peter Pan believes in meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt