Jeder besitzt Geheimnisse.
Egal ob große oder kleine.
Du aber würdest dafür sterben, damit niemand die Wahrheit herausbekam.
Die Wahrheit, die dich zerstören würde und bei der du dein Gesicht verlieren könntest.
Lächelst du deshalb nicht mehr?
Du de...
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Neben der exotischen Pflanze mit den großen fleischigen Blättern am Fenster nahm ich außer Atem in der ersten Reihe Platz und lehnte mich erleichtert gegen die Plastikstuhllehne, da der Unterricht noch nicht angefangen hatte. Die Luft in dem weißen Chemieraum war schwer und an den leichten schwefelartigen Geruch hatte ich mich bereits gewöhnt.
»Das war ganz schön knapp«, zischte mir Delia zu, die neben mir saß und von ihren noch nicht fertig geschriebenen Karteikarten hochsah. Ihre beiden Freundinnen Isla und Maisie saßen hinter uns und ich hatte das dumpfe Gefühl, dass sie mich nun erst recht nicht leiden konnten. Delia sprach seit dem Vorfall im Flur weniger mit den beiden und klammerte sich wie ein kleines aufgedrehtes Kind an mich, bei welchem mir keine andere Wahl blieb als es zu adoptieren.
»Ein paar Schüler im Gang haben mich aufgehalten. Hat denn Mr. Clark irgendetwas gesagt?«,flüsterte ich ihr zu und packte dabei meine Hefter, sowie die weißen Karteikarten heraus. Dabei warf ich einen flüchtigen Blick zu unserem Chemielehrer, der vorne an seinem Lehrerpult saß und seelenruhig an seinem Laptop tippte.
»Wie du siehst, hat er überhaupt nicht mal bemerkt, dass du zu spät gekommen bist. Ehrlich gesagt hätte ich mich gefreut, wenn du heute nicht gekommen wärst, Zara. Ich meine, dann müssten wir das Experiment erst nächste Woche machen und nicht heute. Ich brauche noch mehr Zeit.«
Überdramatisch legte sie ihren Kopf auf ihre Karteikarten, sodass ihre hellblonden Haare sich auf dem Tisch ausbreiteten. Sie amtete jedoch normal und zeigte keine Anzeichen darauf, gleich wieder für fünf Stunden wie letzte Woche in Ohnmacht zu fallen.
Während Delia weiterhin gedämpft vor sich hin murmelte, blickte ich mich in unserem vollen Kurs um. Ein paar meiner Mitschüler sahen mir dabei kurz in die Augen, wandten sich jedoch in derselben Sekunde wieder von mir ab. In den vier Tischreihen, an denen jeweils am Rand ein Waschbecken stand, konnte ich Conall nicht entdecken. Seine Freunde saßen in der letzten Reihe und wichen auffällig meinem Blick aus, spielten nervös mit ihren Stiften. Sobald der Anführer solch einer Witzfiguren Gruppe nicht mehr auftauchte, erkannte man schnell, wer ein Mitläufer war. Wahrscheinlich waren diese zwei Jungs ganz harmlos und freundlich ohne Conall.
Das einmal laute Klatschen von vorne, ließ mich wieder umdrehen und hoch zu Mr. Clark sehen, der vor unserem Tisch stand. Delia erhob sich ebenfalls eilig und durchfuhr mit ihren Händen ihre blonden Haare, um sie ordentlich zu kämmen.
»Guten Morgen. Wie ich Ihnen gestern schon angekündigt habe, werden wir uns zu Beginn des Unterrichts das verschobene Experiment von Ms. Göksu und Ms. Riani anhören.« Seine hellblauen Augen sahen abwechselnd zu Delia und mir, wobei ich nur seine silbernen Strähnen in seinem schwarzen Haar musterte.
