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Der Pakt mit der Dunkelheit.
Der Mond stand hoch am Himmel, als Lucian sich eines Nachts in den Ruinen einer alten Burg wiederfand. Der Ort strahlte eine düstere Atmosphäre aus, als ob er Zeuge längst vergangener Tragödien war. Lucian fühlte sich hier zu Hause, inmitten der Verfallenheit und der Schatten. Es war, als ob die Ruinen sein inneres Selbst widerspiegelten – zerstört, verlassen und ohne Hoffnung.

Er setzte sich auf einen der zerbrochenen Steine, die einst Teil einer mächtigen Mauer gewesen waren, und starrte in die Leere. Seine Gedanken waren dunkel, doch diesmal anders als zuvor. Statt gegen den Fluch zu kämpfen, begann er, ihn zu akzeptieren. Er konnte nicht mehr so tun, als wäre er ein Mensch. Die Menschlichkeit war ihm entglitten, und das einzige, was blieb, war das Überleben.

„Wenn dies mein Schicksal ist, dann werde ich es annehmen", flüsterte er in die Nacht. „Ich werde die Dunkelheit zu meiner Verbündeten machen. Ich werde den Durst nicht länger fürchten. Stattdessen werde ich ihn kontrollieren."

Es war eine Entscheidung, die aus purer Verzweiflung geboren wurde, aber sie gab ihm einen Anschein von Kontrolle, die ihm lange verwehrt geblieben war. Lucian erhob sich mit einer neuen Entschlossenheit. Er würde nicht länger ziellos durch die Welt streifen, gequält von Schuld und Selbsthass. Stattdessen würde er lernen, seinen Durst zu meistern, ihn zu zügeln und zu nutzen, wann immer es notwendig war.

Doch dies bedeutete auch, dass er akzeptieren musste, was er wirklich war. Kein Mensch, sondern eine Kreatur der Nacht, ein Wesen, das in der Dunkelheit lebte und sich von Blut ernährte. Es war eine grausame Wahrheit, aber eine, die er nicht länger verleugnen konnte.

Lucian verließ die Ruinen mit einem neuen Ziel vor Augen. Er würde durch die Welt ziehen, ohne sich an irgendetwas oder irgendjemanden zu binden. Er würde seine Menschlichkeit hinter sich lassen und das Monster annehmen, das Morgana aus ihm gemacht hatte. Er würde keine Verbindungen eingehen, keine Freundschaften schließen, denn er wusste, dass dies nur zu mehr Leid führen würde – für ihn und für andere.

Die Welt war groß, und in ihr gab es viele Orte, an denen er sich verbergen konnte, viele Menschen, deren Leben ihm gleichgültig sein konnte. Doch trotz dieser neuen Entschlossenheit spürte Lucian tief in sich eine unstillbare Sehnsucht nach Erlösung. Er wusste, dass sie niemals kommen würde, aber der Gedanke daran, dass es vielleicht doch einen Weg gab, blieb wie ein Flüstern in seinem Geist.

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Lucian - der Erste VampirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt