Kapitel 6.4

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Das war es also. Ihr Geruch machte sie so auffällig. Veidja wusste, was der Höllenfürst ihr eigentlich hatte sagen wollen, doch für einen Moment war sie einfach nur froh, sich ausschließlich mit ihm beschäftigen zu müssen. Keine anderen Dämonen, keine weiteren Eindrücke. Nur das verschwimmende Rauschen der Geschäftigkeit außerhalb der Nische.

Noch immer war sie aufgewühlt von der Begegnung mit dieser Llanna. Es hatte nur wenige Wimpernschläge gebraucht, schon war sie ihr fast verfallen. Dieses sinnliche Vibrieren, das Prickeln, das ihre Stimme in ihr ausgelöst hatte, klang noch in Veidja nach. Und jetzt... N'Arahn war ihr so nah, seine Haut von ihrer nur durch den dünnen Stoff getrennt. Sie konnte seinen Herzschlag fühlen; ihr eigener beschleunigte sich im gleichen Takt.

Der Gedanke, wie sich ihre Gerüche vermischten, seine Lippen ihre streiften. Sie schluckte, spürte Hitze in sich aufsteigen. Nur ein wenig strecken. Sein Kuss war sicher sanft, ganz im Gegensatz zu dieser Härte, die...

Ein Kreischen riss sie aus dem Gedanken, der Höllenfürst hielt jedoch ihren Blick. Was tat sie hier? Oh Mutter, was hätte sie beinahe getan? Das konnte nur der Einfluss dieser Dämonin sein. Schüttle es ab, sofort!

„Lass' mich, Dämon. Ich habe meine Wahl noch nicht getroffen." Ihre Stimme hörte sich nicht so bestimmt an, wie sie es gerne gehabt hätte, aber es reichte, dass sie ihn an seine Pflichten erinnerte. Mit einem verächtlichen Knurren trat er einen halben Schritt zurück. „Das sah eben anders aus, Engel." Er zuckte mit den Schultern. „Aber wie du meinst. Wir haben eh noch einiges vor uns."

Als er ihr nicht mehr die Sicht versperrte, sah sie, woher das Kreischen gekommen war. Darr hielt einen niederen Dämon an der Kehle fest, hatte ihm anscheinend jedoch vorher einen Arm ausgekugelt. Jetzt konnte er nicht mehr schreien, wimmerte nur im Griff des Hauptmanns, der ihn leidenschaftslos ansah.

„Herr?" N'Arahn drehte sich nun endgültig von ihr weg und widmete seine Aufmerksamkeit dem bemitleidenswerten Boten. Ein in verschiedenen Rottönen gestreiftes Band wies ihn als Untergebenen eines Höllenfürsten aus, wobei Veidja keinen Schimmer hatte, wem diese Farben zuzuordnen waren.

Verstohlen wischte sie sich die Hände am Stoff ihrer Hose ab und atmete tief durch. Sie fühlte sich verwirrt und verletzlich. All diese Gedanken und Gefühle, waren das nur Einwirkungen von außen? Wie viel davon schlummerte schon vorher in ihr? Sie war kurz davor gewesen, den Höllenfürsten zu küssen. Hatte ihn für diesen Moment wirklich begehrt. Den Dämonen, der sie gefangengenommen, eingesperrt und zum Kämpfen in seiner Arena gezwungen hatte. Der sie vor die Wahl gestellt hatte, sich ihm zu unterwerfen oder sie dem Herrn der Hölle zu übergeben. Und sie hatte keinen Gedanken für die Konsequenzen übrig gehabt, oder daran, wie falsch das alles war. Nein, darin erkannte sie sich nicht wieder. Es musste allein Llannas Werk sein.

N'Arahn hatte den Boten mit wenigen Worten wieder weggeschickt und seine Hauptmänner waren wie zuvor in der Menge untergetaucht.

„Komm." Ohne sie anzusehen ging er weiter und sie folgte ihm. So sehr es ihr widerstrebte und sie demütigte, derzeit war sie in seiner Nähe sicherer.

Veidja hielt mit dem Höllenfürsten Schritt, obwohl er sich nun seinen Weg in einem deutlich höheren Tempo suchte. Wenn er nicht mehr hatte angesprochen werden wollen, hatte er sein Ziel erreicht; niemand näherte sich ihnen, niedere Dämonen sprangen wenn nötig regelrecht zur Seite. N'Arahn hatte augenscheinlich kein Interesse mehr daran, ihr die höllischen Vergnügungen näher zu bringen. Und sie hätte nicht behaupten wollen, dass sie das störte.

Langsam konnte Veidja erkennen, auf was sie zuhielten. Die Höhle, in der sie sich befanden, hatte zwar schier unmögliche Ausmaße, eine andere Seite hatte sie dennoch. Der Weg zwischen den Ständen, Lauben und anderen Treffpunkten erweiterte sich zusehends, auch die Menge der Gestalten lichtete sich. Am Ende des Weges, weit entfernt, führte ein riesiges dunkles Loch aus der Höhle heraus. Jegliches Licht, das eigentlich hätte in den Gang fallen sollte, wurde direkt am Eingang verschluckt. Zwei gigantische schwarze Torflügel flankierten den Eingang.

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