Kapitel 2.4

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N'Arahn blickte mit leerem Blick in den Saal und spürte seine Unruhe wachsen. Der Kampf mit dem Schlachtenengel war kurz aber erfreulich gewesen. Ihre Zähigkeit hatte ihn etwas überrascht, sowie ihre Bereitschaft, wenig ehrenvoll zu kämpfen. Doch das war nur Würze in diesem neuen Vergnügen. Sein Engel war also nicht dumm.

N'Arahn erwischte sich dabei, wie er über die Stelle strich, an der Veidja ihm den Knochen in die Seite gerammt hatte. Die Wunde war tief gewesen und hatte stark geblutet. Doch da eine schnelle Versorgung gewährleistet war, würde dieses Mal keine Narbe bleiben.

Anders stand es wohl für den Engel. Als sie ihn biss, war seine Beherrschung von einem Augenblick zum anderen verschwunden. Der erste Schlag gegen ihren Kopf war ein sinnvoller Reflex, denn sie hatte sofort seine Hand losgelassen. Die Faustschläge danach hatte sie wahrscheinlich nicht mehr bewusst mitbekommen, denn sie hatte in keiner Weise reagiert. Nur die aufkeimende Befürchtung, sie doch schon verfrüht zu töten, hatte ihm geholfen, von ihr abzulassen.

Sie war nun schon eine Weile in ihrer Kammer um sich zu erholen. Ein ungewohntes Gefühl nagte an dem Höllenfürsten. Er wollte wissen, wie es Veidja ging; er war neugierig. Fast so etwas wie besorgt? Sie hatte ganz und gar nicht gut ausgesehen, als Darr sie aus der Arena getragen hatte.

Vorsichtig streckte er seine Sinne in Richtung ihrer Kammer aus. Nicht zum ersten Mal seit dem Kampf; immer wieder prüfte er, ob sich ihr Zustand verändert hatte. Es wäre ja wirklich eine Verschwendung, wenn sie jetzt noch ihren Verletzungen erliegen sollte. Aber nein, er konnte ihr Leuchten wahrnehmen, sie war noch am Leben. Schwach, sicherlich, doch unverkennbar mit brennendem Willen. Sie war aufgewacht.

Ein Ziehen, das sich seit dem Kampf hartnäckig in N'Arahns Bauch gehalten hatte, löste sich auf. Seine Haut prickelte und er sackte etwas in seinem Stuhl zusammen. Stirnrunzelnd ließ der Höllenfürst seinen Blick durch den Saal schweifen. Wenn das nicht völlig unpassend gewesen wäre, hätte er gesagt, dass es Erleichterung war, die ihn gerade durchströmte.

Nun, er musste unbedingt etwas tun, denn die Unruhe war ihm geblieben. Und es zog ihn eindeutig zu dem Engel. Was sprach auch dagegen, sein Werk mal aus nächster Nähe zu betrachten? Schließlich musste er einschätzen, wie bald sein neues Spielzeug wieder einsatzfähig war. Und gegebenenfalls etwas nachhelfen. Das ergab Sinn.

Als er sich erhob um den Saal zu verlassen, wollte Darr ihm folgen. N'Arahn hielt ihn mit einer Geste zurück. „Dieses Mal nicht. Bleib hier. Und schicke Cek aus, damit er die Säuberung der Arena beaufsichtigt."

Ohne sich zu versichern, dass seinen Anweisungen Folge geleistet wurde, schritt er durch den Saal, vorbei an massiven Tischen und Bänken. Die hohe Decke wölbte sich dunkel über ihm. Die Schatten in den Ecken trotzten den vielen Lichtquellen, schienen durch Überschneidungen der Lichtkreise der Fackeln, Laternen und Lavabögen zum Teil noch tiefer. Da N'Arahn barfuß unterwegs war, bewegte er sich nahezu lautlos. Das Getrappel und die Geräusche seiner Diener waren zwar ebenfalls sehr leise, doch zerrten selbst diese gedämpften Laute gerade an seinen Nerven.

Mit einem Energiestoß öffnete er die Doppeltür aus Eisenholz und gab seiner Rastlosigkeit nach, indem er sein Tempo erhöhte. Die Festung war weitläufig und wie ein Labyrinth angelegt. Doch wenn N'Arahn es eilig hatte, richtete der Stein sich nach ihm; hier unten war er der Herr über alles, ob lebendig oder tot.

Es dauerte nicht lange, da stand der Höllenfürst vor der Tür zu Veidjas Kammer. Kurz zögerte er. Dann, heftiger als es nötig gewesen wäre, öffnete er die Tür und trat in den kleinen Raum. Er wusste, dass der Engel wach war, doch was er sah, hätte er nicht erwartet. Veidja hatte sich in eine halb aufgerichtete Position gebracht und ihre durchlöcherte linke Hand um ihren rechten Unterarm gelegt. In diesem Moment zog sie den gebrochenen Knochen mit einem harten Keuchen gerade. Schweiß stand ihr am ganzen Körper, die Wunden an Hand und Schulter waren wieder aufgebrochen, N'Arahn konnte das frische Blut riechen. Sein Aroma vermischte sich mit dem Geruch, der dem Engel zu eigen war, und einem Hauch von Angst zu einem fast benebelndem Duft. Gierig zog der Dämon die Luft ein und verkrampfte unwillkürlich seine Hände zu Fäusten.

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