Tazeel hatte sich ausgesprochen höflich und erfreut gegeben, als er in N'Arahns Festung erschienen war. Seine Tenorstimme sowie seine Worte hatten nichts als freudige Erregung ausgestrahlt.
Ja, die Einladung hatte ihn erreicht. Sicher, er war begeistert gewesen. Gratulation zu dieser gelungenen Überraschung, es wird ein grandioses Fest werden. Natürlich würde er Ihm alles direkt berichten, es würde schließlich Ihm zu Ehren gereichen. Nicht wahr?
Die ganze Zeit über hatte der Höllenfürst mit der grünen Haut gelächelt, wobei er seine glänzenden schwarzen Zähne zeigte und die Augen in aufgesetzter Begeisterung aufriss. Das rote Glühen darin brauchte der Kriegstreiber nicht als Warnung. Tazeel liebte große Auftritte, auffällige Kleidung und affektierte Reden. Er war deutlich kleiner als N'Arahn, mit schmalem Körperbau und hohen Wangenknochen im etwas echsenartig wirkenden, aber nicht unattraktiven Gesicht, das auf einer Seite von kastanienfarbenen Locken umflossen wurde. Er mochte schmächtig wirken, weich sogar und hatte keine Schwiele an den Händen. Doch seine Klingen führte er schließlich nicht mit Muskeln. Höllenfürsten seiner Art spielten mit dem Verstand ihrer Gegner, und Tazeel im Speziellen ließ sich gerne unterschätzen, um dann mit wenigen Worten vernichtend zuzuschlagen.
Während der kurzen Begrüßung hatte N'Arahn jede Spitze, jede Drohung, jeden Hinweis wohl verstanden, doch nicht darauf reagiert. Abgesehen davon, dass Tazeel mit Sicherheit nach einer Gelegenheit suchte, ihm fehlende Gastfreundschaft vorwerfen zu können, musste er auch vorsichtig sein, wie viel der Verführer von seiner inneren Verfassung mitbekam. Dieser Dämon war ihm einfach zu sehr zuwider; er musste ständig leichte Übelkeit unterdrücken, wenn er mit ihm zu tun hatte.
Er konnte schon grundsätzlich mit Ränkeschmieden und Verführern nicht viel anfangen. Sie teilten einfach nicht die gleichen Interessen, gaben ihren Bedürfnissen auf andere Weisen Ausdruck. Das hieß nicht, dass er ihre Fähigkeiten nicht respektieren oder als nützlich anerkennen konnte. Und dass sie allesamt hochgefährlich waren stand ohnehin außer Frage.
Tazeel war jedoch eine Klasse für sich. Er war so etwas wie die rechte Hand des Herrn der Hölle und hatte daher in vielen Dingen freiere Hand als die anderen Höllenfürsten. Und seine Ausstrahlung stieß N'Arahn bei jedem Mal mehr ab, auch wenn er den Grund dafür nicht greifen konnte. Er konnte noch nicht einmal mit Sicherheit sagen, ob Tazeel der Name einer Alten Seele war, ob er der einzige Erzdämon war, den die Roten Tiefen derzeit kannten. Die Stellung, die der Verführer einnahm ließ dies vermuten. Und auch die Macht, die er hatte, subtil, aber immer spürbar, schien in diese Richtung zu deuten. Und doch schmeckte sein Name nicht danach.
Sollte dies eine Täuschung sein, sagte das eine Menge über die wahre Macht aus, über die der Höllenfürst gebieten konnte. Doch aus genau diesem Grund wäre es auch eine geschickte Manipulation, dieses Gerücht wachsen zu lassen. Eben etwas, das ein wirklich guter Verführer tun würde.
Bei solchen Überlegungen bekam N'Arahn regelmäßig Kopfschmerzen.
Hier und heute würde Tazeel ein Ehrengast sein. Zwar nur einer von vielen geladenen Höllenfürsten, doch mit besonderer Vorsicht zu behandeln. Jeder Wunsch würde ihm erfüllt werden, er würde den Platz direkt neben dem Herrn der Festung einnehmen. N'Arahn musste sich dieser Etikette beugen, doch immerhin hatte der Verführer zuletzt von der Veranstaltung erfahren.
Persönlich führte er ihn zur Tribüne, wo sie gemeinsam alle anderen an den Festlichkeiten teilnehmenden Höllenfürsten, deren Gefolge oder Vertreter empfingen. Ein Hauptmann, er hatte Cek dafür ausgewählt, reichte ihnen Getränke in aufwendig ziselierten Kelchen, sowie mundgerecht geschnittene Stücke der kostbaren Früchte aus N'Arahns Garten.
„Und, wie ist der Engel so privat?"
N'Arahn zuckte mit den Schultern und behielt einen neutralen Gesichtsausdruck bei. Die Art der Betonung hatte einen so schmierigen Beigeschmack, dass er dem Grünhäutigen am liebsten die Zunge abgeschnitten hätte.
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Weltenbruch
Fantasy///// Ein Engel. Ein Dämon. Zwei unter vielen. Dies ist unsere Geschichte. Manche würden sagen, sie handelt von Wut und Schmerz. Andere würden sagen, es geht um Liebe. Beides ist wahr. Beides ist falsch. Es ist unsere Geschichte. Wir sagen, es geht...