Ich möchte später mindestens ein Kind haben, und da es natürlich immer sein kann, dass dieses dann schlussendlich trans* ist, möchte ich euch mal erzählen, wie ich, der ja selbst Erfahrung damit hat, das lösen würde.
Hierbei muss erwähnt sein, dass ich damit sehr sensibel umgehen und wirklich ALLES tun würde, damit mein Kind sich wohler fühlt. Ich schreibe wie gesagt alles auf, was ICH machen würde, markiere aber nur das fett, wovon ich denke, dass es JEDES Elternteil machen sollte, wenn es möchte, dass es dem Kind besser geht.
Also, solltet ihr oder eure Eltern mal ein paar Tipps brauchen und ihr findet meine Tipps gut, hier habt ihr sie. :)
1. Ich würde sofort damit anfangen, mich an den neuen Namen zu gewöhnen - oder zumindest auf keinen Fall den Deadname des Kindes benutzen.
Wenn das mit dem Deadname am Anfang noch passiert, würde ich mich jedes Mal dafür entschuldigen. Jedes. Einzelne. Mal. Warum? Damit mein Kind merkt, dass ich es eigentlich weiß und mir das nur versehentlich passiert ist.
Abgesehen davon ist es oft leichter, direkt mit dem richtigen Namen anzufangen und keine Übergangslösung wie einen Spitznamen zu wählen. Wenn's gar nicht anders geht, ist das schon- okay. Aber es ist nicht optimal, es ist nicht das, was das Kind braucht und auch für diejenigen, die sich an den Namen gewöhnen müssen, im Endeffekt doppelte Arbeit: Zuerst muss man den Spitznamen konsequent benutzen, und dann irgendwann sowieso den echten Namen. Also sind es praktisch zwei Gewöhnungsphasen.2. Ich würde offen mit dem Kind kommunizieren und sowohl auf die Probleme des Kindes als auch eigene Probleme mit dem Thema zu sprechen kommen.
Es bringt nichts, wenn Eltern ihre Probleme damit, das Kind z.B. richtig anzusprechen, mit sich selbst ausmachen, während ihr Kind täglich zu spüren bekommt, dass es einfach nicht klappt. Deswegen würde ich offen sagen, dass ich es z.B. einfach noch nicht so gut hinkriege und Zeit brauche - das heißt aber nicht, dass sich Eltern dann gar keine Mühe geben müssen. Das trifft auch auf andere Beispiele zu, wie z.B., wenn Eltern Angst haben, dass eine geschlechtsangleichende Therapie schlecht für ihr Kind ist. Redet. Bitte. Macht euren Mund auf und sprecht darüber. Darüber zu schweigen bringt nichts.3. ICH WÜRDE MIR VERDAMMT NOCHMAL MÜHE GEBEN.
Einem transidenten Kind geht es in aller Regel überhaupt nicht gut, wenn man es falsch anspricht, obwohl man sogar weiß, dass das falsch ist, egal, ob man das vorsätzlich oder ausversehen tut. Und ich als Transmann, unterstützt von den Erfahrungen anderer Trans*menschen, die ich kenne, garantiere, dass das Gefühl, dass die betroffene Person bei falscher Ansprache hat, tausend Mal schlimmer ist als eine Umgewöhnung auf einen anderen Namen/andere Pronomen oder eben beides, aber in keinem Fall mehr.4. Ich würde mein Kind nicht dafür beschuldigen, dass es mein Leben jetzt "schwerer" macht oder dass das alles generell so schwer für mich ist.
Schaut mal, I get it. Das ist eine Umstellung. Aber es ist für die Betroffenen genauso schwer, wenn nicht sogar viel schwerer, als für die Angehörigen. Und ihr könnt euch nicht vorstellen, wie sehr es einem die Seele zerreist, wenn die Eltern einem sagen, dass man das jetzt alles so schwer macht und einem das Gefühl geben, dass man schuld an seiner eigenen Trans*identität ist. Kein Mensch sucht sich das aus. Abgesehen davon sind es immer noch "nur" ein anderer Name und andere Pronomen, wenn überhaupt das beides. Das kommt nicht ansatzweise an das Leid einer Trans*person heran, sich da umzugewöhnen.5. Ich würde mein Kind ernstnehmen.
Egal, wie kurzfristig oder "fadenscheinig" mir das Outing vorkommt, es wird ernst genommen. Es wird darüber gesprochen. Ich sage dem Kind, dass ich für es da bin und es immer lieben werde. Ich mache ihm keine Vorwürfe, dass es das z.B. aus dem Internet hat oder nur wegen einem Trend macht. Das tut weh. Und wenn es am Ende eben doch so war, dann ist es eben so. Aber in dem Moment, in dem sich mein Kind outet, fühlt es sich unwohl, wenn ich es anders behandle oder anspreche. Also wird das auch, bis ich etwas anderes erfahre, so für voll genommen.6. Ich würde meinem Kind meine Unterstützung und Liebe zusichern.
Wie bereits erwähnt, würde ich dem Kind klarmachen, dass ich es immer lieben und unterstützen werde, egal, wohin die Reise geht, und dass es nichts davon allein machen muss. Wir gehen in den Dialog, machen zusammen aus, was für Schritte wir ergreifen wollen, wenn wir welche ergreifen wollen.7. Ich würde das Kind aufklären.
Dieser Punkt ist nicht fett markiert, weil es ein Punkt ist, der bei weitem nicht auf alle Eltern zutreffen kann. Nicht jede*r ist selbst trans* und kann aus so einer Perspektive wie der, ich hier meine, aufklären.
Denn ich würde folgendes tun: ich würde mit dem Kind über alle Behandlungsmaßnahmen, die wir zur Verbesserung des Zustands ergreifen können, sprechen, es aber auch ehrlich über die Risiken aufklären. Mir ist bewusst, dass die Raten an Trans*menschen, die geschlechtsangleichende OPs bereuen, nur bei ca. 1% liegen - dennoch würde ich mir für mein Kind wünschen, dass es erstmal in psychatrische Behandlung kommt, damit es über sich und seine Identität in einem geschützten Raum reflektieren und schlussendlich mit der Hilfe professioneller Menschen eine gute Entscheidung für sich treffen kann, was Hormonbehandlungen und Operationen angeht. Damit möchte ich keinenfalls sagen, dass ich meinem Kind unterstelle, dass es nicht wirklich trans* ist. Ich möchte nur nicht, dass keine überstürzte Entscheidung stattfindet, was gerade in Selbstfindungsphasen der Pubertät passieren kann.8. Ich würde mich informieren.
Das trifft auf mich jetzt natürlich nicht mehr so wirklich zu, aber auf andere Eltern: informiert euch, wenn ihr dem Kind wirklich helfen wollt. Aber: bitte bleibt im Dialog mit dem Kind. Sonst passiert es schnell auch mal, dass ihr auf unseriöse Quellen hereinfallt oder einfach generell Dinge falsch interpretiert oder zu schnell auf euer Kind bezieht. Wenn ihr etwas, das euer Kind euch sagt, nicht versteht, fragt lieber das Kind als das Internet und prüft meinetwegen danach nochmal mit seriösen Quellen nach, ob das, was das Kind sagt, tatsächlich ein Fakt ist, wenn es jetzt z.B. um Operationen geht. Bei Gefühlen des Kindes könnt ihr das faktisch gesehen NICHT nachprüfen, die Gefühle eures Kindes werdet ihr nicht im Internet finden. Ihr könnt auch immer gern andere Trans*menschen oder professionelle Menschen fragen, wenn euer Kind z.B. nicht so gesprächig ist oder selbst nicht viel über das Thema weiß - dann könnt ihr euch auch zusammen informieren.9. Ich würde bei Outings helfen, wenn das Kind das möchte.
Outings sind für Betroffene oft schwer, allein wegen der Angst, die dabei entsteht - dementsprechend würde ich dem Kind in dem Rahmen, in dem es das möchte, dabei zur Seite stehen. Ob das jetzt ist, dass ich einfach danebenstehe, oder, dass ich es komplett übernehme: ich helfe dem Kind. Ich würde zwar auch versuchen, das Kind dazu zu animieren, dass es sich selbst traut, Outings durchzuziehen - wenn das aber partout nicht klappt, würde ich das sowieso für es machen.10. Ich würde für mein Kind einstehen.
Generell eine wichtige Sache. Aber auch und eigentlich vor allem bei Trans*identität ist es sehr wichtig, das Kind zu verteidigen und auf seiner Seite zu sein, auch, wenn z.B. Verwandte schlechte Dinge über seine Trans*identität sagen. Generell würde ich immer zuhören, wenn mein Kind mit mir spricht, das gilt dann eben auch für mein trans*identes Kind, und wenn es z.B. erzählt, dass es beleidigt wurde, weil es trans* ist, dann nehme ich das ernst und spreche mit dem Kind darüber. Warum ich das erwähne? Mir hat mal jemand "Transe!" hinterergerufen, ich hatte Angst, hab jemandem davon erzählt, und die Person meinte einfach, dass das ja gar keine Beleidigung ist, das Wort, und dass sie nicht glaubt, dass ich beleidigt wurde. Also nehmt euer Kind ernst, danke. Trans*menschen sterben wegen Transphobie und jeder kleinste Schritt dagegen ist ein guter Schritt.
Das sind jetzt erstmal 10 Tipps, die mir spontan eingefallen sind - ich werde bestimmt noch einen zweiten Part dazu bringen, mir fallen nämlich sicher noch mehr ein. Also, wenn ihr das wollt, sagt gerne Bescheid, dann schreibe ich nochmal ein paar Dinge auf. :)
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𝐐𝐔𝐄𝐄𝐑 𝐒𝐄𝐈𝐍 | Aufklärung, Erfahrungen, Debatten, Meinungen
RandomSind queere Menschen gleichberechtigt? Lohnt sich der pridemonth? Ist der Stolzmonat inklusiv? Ist Transidentität ein Trend? Ist queer sein eine Entscheidung? Fragen, die man oft hört, ob nun so formuliert oder als Tatsache dargestellt. Fragen...