Boxer

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Wuchtig schleuderte ich meine geballte rechte Hand auf die Nase meines Gegenüber. Ohne dass dieser ein grossartiges Geräusch von sich gab oder seine Mine verzog, hörte man ein unangenehmes knacken.
Ein kurzes, schlichtes Grinsen schlich mir auf die Lippen, als ich ein weites mal meine geballte rechte Hand gegen sein Gesicht donnern liess. Mein Gegner stolperte unfreiwillig einige Schritte zurück, musste sich bemühen, nicht nach hinten zu fallen.
Ich wollte keine Zeit verlieren, schon gar nicht jetzt und kickte meinen linken Fuss in seine Seite.
Ich war ganz klar am gewinnen. Mein Gegner konnte sich kaum halten, wollte sich irgendwo festhalten. Ich nutzte diese Chance und schlug ein letzter mal Kraftvoll in seinem Bauch. Er fiel zu Boden, verzog das Gesicht, hob dann seine Hand als Zeichen, dass er aufgibt. Ein siegreiches Grinsen schlich auf meine Lippen, Stolz füllte meinem Körper. Rund herum hörte ich das laute Geschrei, die Glückwünsche und das Applaudieren der Zuschauen. Selbst mein Trainer klatsche Stolz in seine Hände und lächelt mir zu.
Der Schiedsrichter erklärte mich für den Gewinner, worauf nochmals kurz die Meute ausrastete und schliesslich war es vorbei.
Schweissgebadet verliess ich das viereckige Boxfeld. Mit einem weissen Handtuch tupfte ich mir den Schweiss vom Gesicht, ehe ich es über meine Schulter warf. Um mich kurz auszuruhen nahm ich auf der Holzbank platz, wo sich auch meine Wasserflasche befand.
Hier drin war es verdammt heiss, kaum auszuhalten. Kein Wunder, wenn die Temperatur über dreissig Grad beträgt und man hier drin keine Klimaanlage hatte einbauen können. Verwunderlich dass noch keiner umgekippt war.
Ein weiteres mal tupfte ich mir den Schweiss von der Stirn. Wieso muss es auch so heiss sein. Viel lieber würde ich draussen sein und baden, aber nein, ich musste heute so einen bescheuerten Kampf haben, der noch wichtig für meine Zukunft ist. Meinte zumindest mein Trainer.
Wenn ich ehrlich bin ist das Boxen bloss eine Leidenschaft von mir, was ich Hobbymässig angefangen hatte. Der Unterschied war nur, dass ich erstaunlich gut war, worauf die Trainer auf mich aufmerksam wurden. So kam es, dass ich mittlerweile einer der besten Boxer der Welt bin, obwohl ich mir nicht mal sonderlich viel mühe gebe, geschweige denn ein Muskelprotz bin.
Die meisten stellen sich von seinem Profiboxer einen grossen Muskelprotz vor, aber das war ich nicht. Ich hatte nicht wenig Muskeln, aber nicht zu viel, dass es nicht mehr schön aussah. Es sah natürlich aus.
Viele Trainer bewunderten mich dafür und meinten, dass ich viel mehr aus mir rausholen könnte. Das wusste ich selbst, aber ich wollte es einfach nicht. Es reichte mir so, wie ich momentan trainiere.
Ausserdem verdiente ich auch genug Geld durch das und so fehlte es mir an nichts. Klar, ich könnte zu einen der besten Boxer werden, besser gesagt der beste werden, wie Marko, mein Trainer immer meinte. Aber Lust hatte ich darauf nicht, vor allem nicht auf diese Berühmtheit. Obwohl ich nicht mal der beste war, wurde teilweise Weltweit über mich geredet und so wurde ich auch des öfteren auf der Strasse angesprochen. Ich hasse es, will also nicht noch bekannter werden, dass ich nicht mal mehr vor die Tür treten kann ohne angesprochen werden. Klar, Boxen war nicht der Sport für den sich jeder interessierte, trotzdem waren es genügen, vor allem Frauen, die alle für mich schwärmten. Wenn die nur wüssten, dass ich ausschliesslich auf Männer stand.
Ich war der Frauenschwarm Nummer eins, deshalb war ich in der Frauenwelt umso bekannter. Dazu kam noch, dass ich selten mal nebenbei als Model arbeite.
So hatte ich auch heute einen Termin bei einem Fotografen.
Nachdem ich zuhause angekommen war, konnte ich endlich unter die kalte Dusche springen. Ein befreiendes, entspanntes Seufzen verliess meine Kehle, als das Wasser auf meine Haut traf.
So bekannt und so im Reichtum wie ich auch lebte, hatte ich trotz dessen keine Freunde. Bisher war ich nur an falsche Freunde geraten, was dazu führte, dass ich früher Drogenabhängig war, mal im Knast sass. Das war jedoch Vergangenheit, trotzdem verfolgte sie mich immer. Egal wo, ich wurde dauernd damit konfrontiert, sei es Privat oder durch die Medien, die auch nur das kleinste Detail des Lebens wissen wollten. Ich hasse es wie die Pest.
Mal wieder schweiften die Gedanken in eine bestimmte Richtung.
Wenn ich ehrlich bin würde ich gerne jemanden, einen guten Freund, an meiner Seite haben. Ich fühlte mich Einsam und hatte nie jemandem zum reden, was manchmal nicht positive Auswirkungen hatte. Auch gegen eine Beziehung hätte ich nichts einzusetzen, im Gegenteil. So gesehen fühlte ich mich unwohl, unbefriedigt. Ich könnte so viele Frauen haben, wahrscheinlich auch Männer, aber nur für eine Nacht. Und das wollte ich nicht, ich stand noch nie wirklich auf diese One-night-stands. Viel lieber hätte ich eine langzeitige Beziehung mit einem Mann den ich liebte und hätte demnach auch Sex mit der. Ja, das brauchte ich mal wieder.
Oft fragte ich mich, was wohl gewesen wäre, wenn alles anders gelaufen wäre. Würde ich dann auch hier Leben, mit den wissen, dass ich ein Boxer bin? Oder wäre ich schon längst Tod oder würde eine Glückliche Beziehung führen? Ich wusste es nicht, niemand wusste das. Aber ich würde es nicht ändern können, nicht wollen. Vielleicht wäre ich dann noch schlechter dran, vielleicht würde es mir dann noch beschissener gehen.
Ja, unter der Dusche wurde ich immer so tiefgründig und philosophisch.
Im glauben, dass ich mal wieder Stunden lan unter der Dusche war, lief ich hektisch die Treppe runter. Wenn ich mal eine Uhr brauchte fand ich keine, immer wieder das gleiche Problem.
Nachdem ich erleichternd festgestellt hatte, dass ich noch über eine Stunde bis zum Termin hatte, liess ich mich auf das gemütliche schwarze Sofa fallen.
Eigentlich war es dumm heute einen Termin zu haben. Schliesslich hatte ich heute Wettkampf, ein nicht zu kleines Risiko war da vorhanden, dass ich Verletzungen davon tragen könnte.
Mal wieder stellte ich fest, dass ich zu sehr über belanglose Dinge nachdachte und die Zeit wie im Flug verging.
Nachdem ich mich angemessen angekleidet hatte, machte ich mich auf den Weg zum Fotografen. Ich hoffte einfach nur, dass das nicht zu viel Kraft brauchte, denn ich war Todmüde und würde eigentlich nur schlafen wollen.
Nach zwanzig Minuten war ich angekommen und betrat das schlichte, weisse Gebäude. Ich kannte diesen Ort schon, nur der Fotograf war mir unbekannt. Es hiess, ich würde einen neuen bekommen, da der alte pensioniert wurde. Gut so, denn dieser alte Sack gab mir verdammt auf sie nerven. Ich hoffte nur, dass der neue gut sein wird.

Tardy OneShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt