t w e n t y t h r e e

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Julian PoV.:

Stöhnend vor Schmerz drehe ich mich in meinem Bett herum und versuche trotz der hämmernden Kopfschmerzen meine Augen zu öffnen. Doch bei jedem Versuch kommt es mir direkt hoch, kein Wunder bei dem was ich mir gestern noch reingeschüttet habe. So langsam kriechen auch die Erinnerungen an den vergangenen Abend in meinen mit Kopfschmerz geplagten Kopf zurück. Es hatte alles so gut angefangen, mit einem guten Abendessen als Familie, mit guten Gesprächen und einer schönen Familienzeit. Allgemein war die letzte Woche hier geprägt von vielen klärenden Gesprächen und Zeit zusammen, die ich lange vermisst habe. Da auch meine Eltern gerne noch etwas zusammen unternehmen wollten, sind meine Brüder und ich zu ein paar Drinks in unsere Lieblings-Strandbar aufgebrochen, was so ja auch nie problematisch geworden wäre.

Zumindest solange bis Jannis mir ein Handy unter die Nase hielt, und ich die Überschrift eines großen Artikels einer Boulevardzeitung gelesen habe. Nachdem ich den Artikel überflogen habe, fühlte es sich an, als würde mein inneres Ich einen ähnlichen Ausbruch erleben, wie an dem Tag unserer verpassten Meisterschaft. Jemand hatte denen die kleinsten Details meines Lebens der vergangenen Jahre gesteckt und was das ganze nur noch schlimmer machte, mit diesem Artikel wurde öffentlich, dass Klara sich damals das Leben genommen hat. Natürlich war mir bewusst, an was ich die letzten Monate gearbeitet habe und dass ich vor allem an mir gearbeitet habe, um gerade solche Dinge nicht mehr an mich ranzulassen, aber zu wissen, dass ich damit schon wieder jemanden verletze, war in diesem Moment nicht auszuhalten. Ich wollte vor allem Klaras Eltern und ihre Geschwister nie in die Situation bringen, dass die ganze Welt weiß, welches Schicksal ihre Tochter und damit ihre ganze Familie trug und immer noch trägt.

Und was dem Ganzen die Krone aufsetzte, war die Tatsache dass dieser jemand, der damit an die Presse ging auch Ella verraten hat. In jedem kleinsten Detail wurde ihre Vergangenheit und meine Bindung zu ihr analysiert und damit auch vermutet, dass sie hinter meinem veränderten Socialmedia-Auftritt steckt. Auch jetzt versetzt es mir einen Stich, wenn ich daran denke, dass ich und meine Bekanntheit daran Schuld sind, dass der ganze Verein und die ganze Welt weiß, welchen Kampf sie durchlebt. Ich habe ihr immer versprochen, dass die Öffentlichkeit, auch wenn wir irgendwann öffentlich zusammen sein werden, nie von ihren damaligen Problemen oder Maxim und ihrem Bruder erfahren wird.

Alles, an was ich so angestrengt gearbeitet habe, war mit einem Mal über den Haufen geworfen und ich hatte wieder einmal nur Scherben vor mir. Die Reaktion darauf war, wie auch früher, alles in Alkohol zu ertränken. Für ein paar Stunden nicht darüber nachdenken, was draußen in der Welt los ist. Es war mir egal, was Jannis und Jascha gesagt haben, ich glaube mich zu erinnern, dass sie mich irgendwann nur noch angeschrien haben. Doch es war mir egal, so wie früher. Ich wollte nicht über die Konsequenzen nachdenken, so wie früher. Ich wollte nichts mehr fühlen, so wie früher.

Die Quittung bekomme ich gerade in diesem Moment. Ich will mir nicht vorstellen, wie die Stimmung jetzt dann am Frühstückstisch sein wird. Aber wohl oder übel werde ich mich bald mal aufraffen müssen, besser wirds schließlich nicht mehr.

Eine halbe Stunde betrete ich schließlich den Wohnbereich der großzügigen Villa und sehe mich nach meiner Familie um und entdecke sie schließlich auf der Terrasse. Der Blick auf die Uhr verrät mir, dass es bereits früher Nachmittag ist. Als ich zu ihnen trete, drehen sich alle Köpfe sofort zu mir um. In den Blicken erkenne ich eine Mischung zwischen Ärger, Mitleid und Unverständnis. "Morgen." murmle ich nur kleinlaut und lasse mich in einen der Stühle sinken. Am liebsten würde ich direkt ganz unter dem Tisch verschwinden. Dass niemand etwas sagt, macht mich unruhig. "Ich-" fange ich an, doch mein Vater schneidet mir direkt das Wort ab. "Am besten liest du dir erstmal die beiden neuesten Artikel über dich durch, bevor du irgendwas sagst." "Den kenne- warte- zwei? Gestern Abend gab es noch einen." fragend lege ich die Stirn in Falten, während ich mein Handy raushole, welches mittlerweile wieder Akku hat. "Der zweite stammt aus deiner Reaktion auf den ersten." brummt Jannis nur und meine Falten werden immer tiefer.

U N B R E A K A B L E - Julian BrandtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt