t w e n t y

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Ella PoV.:

Seufzend schließe ich mein Auto ab und schultere meine Handtasche. Mit schweren Schritten laufe ich in Richtung des Büros.

Die ganze Nacht über habe ich fast kein Auge zugemacht und mir mit meinen unaufhörlichen Gedanken das Hirn zermartert. Zuerst war bei dem Besuch auf der Feuerwache ja noch alles gut gewesen, die Gespräche und die Fotos waren gut und die Leute dort waren so unglaublich freundlich. Aber als ich die beiden Feuerwehrleute gesehen habe, kam mir beinahe alles wieder hoch. Gerade sie ist so mit meinem alten Leben verbunden und das hat mich mehr aus dem Konzept gebracht als alles andere. Ich habe versucht, mir nichts anmerken zu lassen, aber als ich auch noch direkt darauf angesprochen wurde, war es, als würde ich am liebsten irgendwo versinken und nie wieder herauskommen wollen. Es gibt Dinge, mit denen wird man auch trotz Therapie nie abschließen können, und das ist eins davon. Ich weiß nicht, ob ich mich vor Julian, Anna und Alex oder vor mir selbst so geschämt habe. Umso erleichterter war ich, als wir dann endlich aufgebrochen sind, aber das hat die anschließende Verabschiedung von Julian nicht gerade leichter gemacht. Irgendwas war da zwischen uns, und so sanft und bekümmert habe ich ihn bisher kaum erlebt. Zu der Situation auf der Wache gesellte sich nun mein Gefühlschaos und ich musste regelrecht vor ihm flüchten. Im Nachhinein tut mir das jetzt wieder leid, aber wäre ich geblieben, wäre ich wahrscheinlich vor ihm noch zusammengebrochen. Das bin ich dann erst, als wir zu Hause und Maxim endlich im Bett war.

Dementsprechend habe ich jetzt meine Nacht verbracht und eigentlich so gar keinen Nerv für meine Arbeit. Mit ein wenig Erleichterung stelle ich fest, dass ich wie immer eine der ersten bin und stelle schonmal die Kaffeemaschine an, bevor ich die Tür zu meinem Büro aufschließe.

Als ich meine Tasche auf dem Tisch abstelle, fällt mir direkt eine Notiz meines Chefs auf, die auf einem Ausdruck klebt. Gerne schonmal eine geeignete Vorstellung überlegen. Ich hebe die Notiz an und schaue mir den Ausdruck an. Es ist ein internes Schreiben von Kehl. der den Transfer von einem neuen Spieler bestätigt. Direkt weicht etwas Luft aus mir, der neue Spieler wurde die ganze Zeit schon als Ersatz für Julian gehandelt.

Seufzend lasse ich das Blatt Papier zurück auf meinen Schreibtisch segeln und starte den Computer. Natürlich war und ist es unrealistisch zu denken, dass Julian hier zeitnah nochmal eine Chance bekommt, aber wiederum zu wissen, dass es bereits einen Ersatz gibt, stimmt mich missmutig. Schließlich investiere ich grad gefühlt meine ganze Freizeit, um ihm irgendwie wieder aufzuhelfen, wie sich zeigt, ohne wirkliche Gewissheit.

Aber egal wie durcheinander ich auch bin, meine Arbeit hier steht nach wie vor an erster Stelle, ich habe nicht umsonst für all das gekämpft. An die Tatsache, was passiert, wenn sie herausfinden mit was ich Julian so helfe, will ich gar nicht erst denken. Deswegen lasse ich Julian seine Texte zum Teil auch selbst schreiben, damit man nicht so leicht etwaige Übereinstimmungen feststellen kann.

-ein paar Tage später-

"Gut, das wars. Wenn die Pressemitteilungen morgen rausgehen, wird das Video automatisch auf allen Kanälen veröffentlicht." Ich klappe meinen Laptop zu und meine Kollegin Lina nickt zufrieden. "Ich bin stolz auf uns. Oder eher auf dich, du hattest echt ne gute Idee, ist mal nicht so abgedroschen wie sonst, wenn ein neuer Spieler kommt." Ich zucke schmunzelnd mit den Schultern. "Manchmal kommt mir einfach was in den Sinn." Ich schaue kurz auf die Uhr und erhebe mich vom Konferenztisch. "Ich mach mich dann mal los, hab heute wieder Neffen-Dienst." gebe ich dann als Erklärung und Lina erwidert das mit einem Lächeln. "Dann mal viel Spaß mit dem kleinen Mann." Bisher hat niemand meine Beziehung zu Maxim in Frage gestellt und ich bin sehr dankbar darüber. Fast wäre es schief gegangen, aber eigentlich kann ich Julian dankbar dafür sein, dass er kurz vor der totalen Eskalation doch eingestürzt ist.

U N B R E A K A B L E - Julian BrandtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt