Ella PoV.:
Wie angewurzelt bleibe ich stehen und starre den Blondschopf, der vor mir an dem runden Besprechungstisch zusammen mit meinem Projektleiter und dem Abteilungsleiter sitzt, sprachlos an. Träume ich das gerade oder passiert das gerade wirklich? Wie viele verdammte Zufälle kann es bitte geben? "Das ist jetzt nicht wahr." Er ist der erste von uns beiden, der etwas herausbringt, aber bringt mich damit auch direkt etwas auf die Palme. Als wäre ich so glücklich darüber, ihn zu sehen und zu wissen dass ich für die nächsten Monate quasi an ihn gekettet werde.
Als mir meine besondere Aufgabe eröffnet wurde, dachte ich mir noch, dass es ne große Chance ist, von Anfang an zu zeigen, was in mir steckt. Auch wenn damit der große Druck verbunden ist, ihn öffentlichkeitswirksam als guten Kerl zu präsentieren. Doch jetzt, wo ich weiß um wen es sich handelt und so wie er sich mir gegenüber bisher verhalten hat, dürfte das ziemlich schwer werden. Verdammte Axt.
"Sie kennen sich?" unterbricht Sebastian Kehl nun die unangenehme Stille, in der Julian und ich uns mit unseren Blicken beinahe erdolcht haben. "Ich-" fange ich an, doch weiß eigentlich gar nicht, wie ich diese Situation jetzt erklären soll. Reiß dich zusammen, die starren dich alle an, denke ich mir, denn alle Anwesenden sind verständlicherweise irritiert von unserem Aufeinandertreffen. "Ich habe Frau Kaiser gestern zufällig bereits bei meinem Besuch bei der Diakonie kennengelernt, als sie ihren Sohn dort abgeholt hat." springt Julian nun in die Bresche, was mich nur noch verwirrter werden lässt. Aber ich merke, dass es vermutlich nur daran liegt, dass er sich schnell aus dem Gespräch winden kann und nicht noch mehr Misstrauen erntet. "Sie haben gar nicht erwähnt, dass Sie ein Kind haben." Mein Projektleiter wendet sich nun wiederum an mich und ich schüttle direkt abwehrend den Kopf. "Er ist mein Neffe, ich hole ihn öfter dort ab." Lüge. Schon wieder. Eigentlich sollte dieses Thema hier überhaupt keine Ansprache finden, aber dank Julian werde ich schon in die erste Lage reingeritten, aber gut, er kanns ja auch nicht wissen.
"Nehmen Sie doch erstmal Platz, dann besprechen wir noch den Rest." Ich folge Kehls Aufforderung direkt, sonst würde ich wahrscheinlich gleich noch zusammenklappen. Julians Blick ruht unentwegt auf mir und ich ringe mit dem Gedanken, mein Wasserglas nach ihm zu werfen, so sehr nervt mich sein herablassender Blick und der Ton, wie er mit mir und den anderen Anwesenden spricht. Das wird definitiv ne harte Nuss und ne größere Herausforderung als gedacht. Aber ich wäre ja nicht Ella, wenn das nicht auch irgendwie gehen würde.
Eine halbe Stunde später bin ich aus dem Gespräch entlassen und darf endlich wieder zurück in mein Büro. Als ich auf den Aufzug warte, taucht auch mein neuer Schützling neben mir auf. Kurz scheint er in Schweigen verfallen zu sein, doch zu früh gefreut. "Und die haben keine andere gefunden als dich?" Empört drehe ich mich zu ihm. "Ey gehts noch? Du kennst mich überhaupt nicht, was erlaubst du dir überhaupt?" "Erstens Mal, was erlaubst du dir eigentlich, ich hab dir niemals das Du angeboten und zweitens, wer so respektlos mit einem spricht, kann ja wohl kaum professionell sein." Ich atme einen Moment tief durch und schaue ihm dann in die Augen. "Ich habe bei unserem ersten Zusammentreffen doch schon deutlich gemacht, dass ich Menschen mit Respekt behandle, die mich auch mit Respekt behandeln, leuchtet ein, oder? Und von meiner Professionalität reden wir nochmal, wenn ich Ihren Arsch aus der Scheiße geholt habe, in der Sie gerade meterhoch sitzen, Herr Brandt." damit gehe ich an ihm vorbei zu den Treppen, ohne ihn noch eines Blickes gewürdigt zu haben. Mit diesem Kotzbrocken fahre ich sicherlich nicht zusammen in einem Fahrstuhl, auch wenn ich ihn morgen Früh auch in meinem Büro sitzen habe, aber für heute reichts erstmal.
In meinem Büro angekommen, werfe ich frustriert meine Schlüssel auf den Tisch und falle seufzend in den Bürostuhl. So habe ich mir den ersten Job nach dem Studium echt nicht vorgestellt. Auch wenn die Bezahlung und die Benefits unschlagbar sind, aber jeden Tag diesen Menschen um sich zu haben, kann kein Geld der Welt bezahlen. "War die Besprechung okay?" Ben, mein Zimmernachbar hat den Kopf durch die Tür gestreckt und mustert mich. Sofort fahre ich mich etwas herunter und nicke dann. "Ich glaub es wird ein bisschen kompliziert mit ihm, aber gibt ja immer ne Lösung- irgendwie." Mitleidig schaut er mich an. Schon seit meinem ersten Tag hier hat er mich direkt integriert und hilft mir gut mich einzufinden und hat immer einen guten Rat parat. "Er ist ein unfassbares Ekelpaket geworden, Interviews funktionieren eh so gut wie gar nicht mehr." Ben hat mittlerweile auf dem Stuhl vor meinem Tisch Platz genommen und hält mir die Schüssel mit seinen Gummibärchen hin, von denen ich dankbar welche entgegennehme. "Wenn ich die jetzt dann immer brauche, bin ich nachher 10 Kilo schwerer." seufze ich.
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U N B R E A K A B L E - Julian Brandt
FanfictionDie verlorene Meisterschaft der Saison 2022 / 2023 sorgt dafür, dass Julians Karriere und Privatleben so ziemlich den Bach runtergeht. Der daraus resultierende Umbruch im Verein und auch bei sich selbst lassen ihn seine eigentlichen Ziele aus den Au...