Celia
Am liebsten, würde ich genau jetzt, in diesem Moment im Erdboden versinken. Wie lange war er schon in diesem Raum? Ich schloss meine Augen, in der Hoffnung, dass ich auf magische Weise unsichtbar werden sollte. Natürlich funktionierte es nicht. Meine Wut auf Nicolai wurde mit jedem Mal größer. Er wusste genau, dass Sylvain nicht damit klar kam, wie nah wir uns doch wirklich waren. Er wusste, dass es ihm brechen würde. Doch anstatt Rücksicht zu nehmen, nutze er die Gunst der Stunde und machte es für eigen Initiative. Das machte mich wütend, mehr als wütend. Irgendwie fühlte ich Schuldgefühle. Mein Bedürfnis, mich bei Sylvain zu entschuldigen, war riesig groß.
Als meine Augen auf seine trafen, erkannte ich nichts in ihnen. Es war, als würde er in sich zusammenfallen. Nicolai strich über vorsichtig meinen Arm und sah mich mitfühlend an. Auch er hatte irgendwo Schuldgefühle, es war sein bester Freund, doch nicht so sehr, dass er es bereute. Bereute ich es? Nein, dass tat ich auf keinen Fall. Die Leidenschaft und Zärtlichkeit zwischen mir und Nicolai war etwas ganz besonderes für mich. Ich konnte Dinge fühlen, die ich noch nie zuvor in meinem Leben gefühlt habe. Es war etwas völlig neues und beängstigend auf einer Seite, doch ich wollte mehr, von diesen berauschenden Gefühlen und den neuen Erfahrungen.
»Sie wird gesucht, Nicolai«, sagte er kalt und abweisend, er würdigte mich keines Blickes mehr. Ein stechender Schmerz durchfuhr meinen gesamten Körper. Doch ich hatte es mehr als verdient. Meine Gefühle waren einfach nicht klar und deutlich gewesen, deswegen hatte ich ihn geküsst. Nicht weil ich mit ihm spielen wollte, sondern, weil ich es in diesem Moment brauchte. Den Halt und einfach den Schutz, den ich dabei empfunden habe. An Bedeutung hatte er für mich doch leider direkt danach wieder verloren. Auch wenn ich ihm so etwas schreckliches nicht antun wollte, spiele ich immer noch mit seinen und auch meinen Gefühlen. Aber das was ich und Nicolai haben, kann man mit nichts dergleichen vergleichen. Es ist noch nicht so greifbar und benennen konnte man es auch nicht wirklich, doch es war für mich von Bedeutung und das war alles, was zählte in diesem Moment.
»Das ist doch genau das worauf ich gewartet habe. Jetzt können wir so richtig beginnen«, meinte Nicolai gelassen und streifte sich seine Jeans wieder über. Sylvain sah ihn fassungslos und zugleich wütend an. Auch ich war etwas verwirrt von seiner Aussage und wurde stutzig. »Was genau daran ist jetzt so gut, Nicolai? Das sie jetzt noch mehr ein gefundenes Fressen für die Kerle ist, als davor schon? Oder damit du sie weiterhin ficken kannst, während andere sich sorgen um sie machen?« Man konnte deutlich in seiner Stimme erkennen, dass diese Worte ihm schwer fielen zu sagen, aber es war die pure Wahrheit.
Nicolai's Ausdruck wurde starr und er versuchte sich wirklich zu beherrschen. »Auch ich versuche aus der Situation etwas normales zu machen. Meine Schwester ist verschwunden und wurde an irgendein Kriminellen verkauft, der sonst etwas mit ihr anstellt. Mit der Hoffnung, dass sie noch nicht tot ist Sylvain. Nicht nur du hast gerade ein hartes Leben, also komm mal wieder runter auf den Boden der Tatsachen und führ dich hier nicht auf wie ein kleines Kind.« Sie tauschten beide die Blicke aus, doch langsam wurde die Mischung aus Eifersucht und Wut zu einer Lawine, die ich nicht bekämpfen wollte.
»Du hast damals meine Stiefschwester umgebracht, weil du es nicht ertragen konntest, dass sie einen anderen Kerl gevögelt hat. Willst du mir jetzt wirklich etwas von einem harten Leben erzählen? Es hat dir nicht einmal leid getan, ich sehe die Reue nämlich immer noch nicht.« Jetzt war die Bombe wirklich endgültig geplatzt. Mir viel die Kinnlade herunter, doch Nicolai sah ihn nur schnippisch an. »Sie kommt mit zu uns«, wechselte er schlagartig das Thema. Er hat seine Stiefschwester umgebracht? Irgendwie wollte ich mehr darüber wissen. Nicht nur darüber, sondern mehr über seine Vergangenheit, über den Menschen, der hinter all dem Skrupel steckte. Doch ich wusste, dass es endlich an der Zeit war aufzuwachen. Wir hatten keine Zukunft. Es war ein Spiel mit dem Feuer, in das wir mit jedem Mal nur mehr Benzin nachgossen. Die Flamme war schon zu groß, sodass wir sie endlich löschen sollten.
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Secret Murder
RomanceBIS ZUM 1.12 IN DER VERSION 𝐂𝐞𝐥𝐢𝐚 & 𝐍𝐢𝐜𝐨𝐥𝐚𝐢 Eine Anonyme Person die, die Spielzüge in der Hand hat. Nur er entscheidet, wie es am Ende ausgehen wird. Doch keiner weiß, wer er ist und wie viel Macht er tatsächlich über alle hat. Celia Mor...