Kapitel 3 :Der dunkle Gang

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Der schmale, dunkle Gang lag vor den Kindern, und die feuchte Luft fühlte sich kühl auf ihrer Haut an. Die Wände waren aus rauem Stein, und der Boden war uneben, mit kleinen Pfützen hier und da, die von der Feuchtigkeit des Kellers zeugten. Die Luft roch modrig, als hätte seit vielen Jahren niemand mehr diesen Weg betreten. Doch die frischen Spuren im Staub bewiesen, dass jemand kürzlich hier gewesen war – jemand, der vermutlich wusste, wie man diesen geheimen Durchgang öffnete.„Seid ihr sicher, dass wir da reingehen sollten?" fragte Tim, dessen Stimme ein wenig zitterte. „Es sieht ziemlich eng aus. Was, wenn wir in einer Sackgasse landen?"„Wir haben keine Wahl", sagte Ben entschlossen. „Wenn wir herausfinden wollen, was hier vor sich geht, müssen wir den Gang erkunden. Außerdem haben wir unsere Taschenlampen."„Und Max hat immer noch seinen Schraubenzieher", fügte Mia grinsend hinzu. Max zwinkerte ihr zu und wedelte mit seinem treuen Werkzeug.„Wir müssen vorsichtig sein", warnte Lena, die, obwohl sie mutig war, ein ungutes Gefühl hatte. „Wer auch immer diesen Gang benutzt, könnte gefährlich sein."Ben nickte zustimmend. „Wenn irgendetwas passiert, drehen wir sofort um."
„Also los", sagte Mia, zog ihre Taschenlampe aus der Tasche und leuchtete in den dunklen Gang hinein. Der Lichtstrahl erhellte den Weg nur schwach, aber es reichte, um zu sehen, dass der Gang in einer leichten Biegung nach unten führte.Vorsichtig setzten sie sich in Bewegung, einer nach dem anderen, mit Ben an der Spitze und Tim, der als Jüngster am liebsten in der Mitte bleiben wollte, direkt hinter Mia. Der Gang war eng, sodass sie sich fast an den Wänden entlangdrücken mussten, um voranzukommen. Das leise Tropfen von Wasser, das irgendwo aus den Wänden sickerte, war das einzige Geräusch, abgesehen von ihren flüsternden Schritten.
Nach einigen Minuten ging der Gang in eine steinerne Treppe über, die noch tiefer in die Erde führte. Die Stufen waren uneben und rutschig, und Lena musste sich an der Wand festhalten, um nicht auszurutschen.„Wer hätte gedacht, dass unter der Mühle so etwas existiert?" murmelte Max, während er die Wände musterte. „Dieser Gang ist wahrscheinlich uralt. Vielleicht haben die Schmuggler ihn benutzt."„Oder jemand anderes hat ihn kürzlich entdeckt", sagte Ben. „Vielleicht haben wir es mit etwas Größerem zu tun, als wir dachten."„Was meinst du damit?" fragte Mia neugierig.„Nun, wenn jemand diesen Gang benutzt, um Dinge zu verstecken oder zu transportieren, könnte es sein, dass hier illegale Geschäfte stattfinden", antwortete Ben nachdenklich. „Schmuggel, Diebstahl – oder noch etwas Gefährlicheres."Die Spannung wuchs in der Gruppe, während sie die Stufen hinunterstiegen. Als sie das Ende der Treppe erreichten, öffnete sich der Gang plötzlich zu einem größeren Raum. Ihre Taschenlampen beleuchteten die Umrisse eines weiten, steinernen Gewölbes, das von massiven Säulen gestützt wurde. Der Boden war übersät mit weiteren leeren Kisten und Fässern, und an einer der Wände hingen alte, rostige Werkzeuge.„Was ist das hier?" fragte Lena erstaunt. „Das sieht aus wie eine Art Lagerraum."
„Vielleicht haben die Leute früher ihre Vorräte hier aufbewahrt", überlegte Max. „Aber jetzt scheint alles leer zu sein."Doch Ben blieb stehen und deutete auf eine Ecke des Raums. „Nicht alles", sagte er leise.Die anderen folgten seinem Blick und entdeckten eine große Holzkiste, die halb verborgen hinter einer der Säulen stand. Im Gegensatz zu den anderen war diese Kiste nicht verstaubt – und der Deckel war leicht angehoben.„Das ist definitiv nicht alt", sagte Max und trat näher. „Jemand hat sie kürzlich geöffnet."„Lasst uns nachsehen", schlug Lena vor. Gemeinsam gingen sie zur Kiste, und Ben hob vorsichtig den Deckel an.Drinnen fanden sie eine Reihe seltsamer Gegenstände: alte Bücher mit Lederumschlägen, die so aussahen, als wären sie seit Jahrzehnten nicht mehr gelesen worden, und darunter eine Reihe von Metallobjekten, die wie antike Werkzeuge oder Teile von Maschinen wirkten. Doch das, was ihre Aufmerksamkeit am meisten erregte, war eine kleinere Kiste aus Metall, die im Inneren der großen Holzkiste lag. Sie war verschlossen, aber nicht verrostet, und sah aus, als wäre sie erst vor Kurzem hierher gebracht worden.„Was ist das?" fragte Mia und beugte sich vor, um die Metallkiste genauer zu betrachten.
„Das könnte wichtig sein", sagte Ben, seine Stirn gerunzelt. „Warum würde jemand eine verschlossene Kiste hier unten lassen?"„Vielleicht enthält sie etwas Wertvolles", meinte Lena. „Oder etwas, das niemand finden soll."Max zog erneut seinen Schraubenzieher heraus. „Lasst mich sehen, ob ich das Schloss knacken kann."„Bist du sicher, dass das eine gute Idee ist?" fragte Tim nervös. „Was, wenn es eine Falle ist?"„Es ist nur eine Kiste", sagte Max und machte sich am Schloss zu schaffen. „Ich bin gleich fertig."Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis Max ein leises Klicken hörte. „Geschafft", sagte er triumphierend und hob den Deckel der Metallkiste vorsichtig an.Im Inneren lagen Papiere, sorgfältig gestapelt und mit einem Band zusammengebunden. Ben nahm den Stapel heraus und blätterte die ersten Seiten durch. Seine Augen weiteten sich, als er die Handschrift auf den alten Dokumenten erkannte.„Das sind keine gewöhnlichen Papiere", sagte er leise. „Das sind... Karten."„Karten?" fragte Lena und trat näher. „Was für Karten?"
„Alte Karten von Eichenwald", antwortete Ben und zeigte auf die detaillierten Zeichnungen, die die Umgebung des Dorfes und den umliegenden Wald zeigten. Doch auf den Karten waren auch Orte eingezeichnet, die sie noch nie zuvor gesehen hatten – geheime Pfade, unterirdische Gänge und Symbole, die keiner von ihnen verstand.„Was zum...?" murmelte Max. „Das ist eine Karte des Waldes, aber sie zeigt versteckte Tunnel und Höhlen, von denen niemand weiß."
„Das erklärt, wie der Mann gestern Nacht so leicht verschwinden konnte", sagte Lena aufgeregt. „Er kennt all diese geheimen Wege."„Aber warum?" fragte Tim. „Und was plant er?"
„Ich weiß es nicht", antwortete Ben, während er weiter die Papiere durchblätterte. „Aber ich glaube, wir sind auf etwas gestoßen, das viel größer ist, als wir gedacht haben. Diese Karten könnten der Schlüssel zu einem Versteck oder sogar einem Schatz sein."„Oder zu etwas Gefährlichem", sagte Lena nachdenklich. „Vielleicht hat jemand vor, diese Tunnel zu benutzen, um etwas zu schmuggeln. Oder schlimmer."In diesem Moment hörten sie plötzlich ein Geräusch. Ein leises Knarren, das von der Treppe kam, die sie gerade hinuntergestiegen waren.
„Da ist jemand!" flüsterte Tim erschrocken. „Er kommt zurück!"Die Kinder erstarrten. Sie sahen sich gegenseitig mit weit aufgerissenen Augen an. Der Fremde, der gestern Nacht in der Mühle gewesen war, schien zurückzukehren – und jetzt waren sie hier unten gefangen, mit kaum einer Möglichkeit zu entkommen.„Schnell", flüsterte Ben. „Wir müssen uns verstecken!"
Ohne zu zögern, liefen sie zu den großen Kisten und Fässern, die in der Nähe standen. Jeder von ihnen fand ein Versteck, gerade rechtzeitig, als schwere Schritte die Treppe hinunter hallten und die Dunkelheit des Kellers erfüllten.Versteckt hinter einer Kiste, hielt Ben den Atem an. Wer auch immer da kam, wusste nicht, dass die „Adleraugen" bereits tief in das Geheimnis der alten Mühle eingedrungen waren – und sie waren bereit, das Rätsel zu lösen, koste es, was es wolle.

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