Tōru starrt mich an, als hätte ich ihm gerade offenbart, dass ich nie wieder Sushi ohne Sojasoße essen würde. Seine Augen weiten sich so sehr, dass ich Angst hatte, dass sie ihm aus dem Kopf fallen. Ich kann förmlich sehen, wie sein Gehirn auf Hochtouren arbeitet, um meine Worte zu verarbeiten.
"Du... hast dich verliebt?" wiederholt er langsam, als müsste er sichergehen, dass er mich richtig verstanden hat. Ich nicke, spüre, wie sich meine Wangen leicht erhitzen. "Ja, das habe ich doch gesagt."
Für einen Moment sagt er nichts, dann lehnt er sich zurück und verschränkt die Arme vor der Brust, mustert mich mit einem Blick, der irgendwo zwischen Skepsis und Neugier liegt. "Und wer ist der Glückliche?" fragt er schließlich, wobei seine Stimme eine Mischung aus Besorgnis und neckender Ernsthaftigkeit verrät.
Ich zögere, mir unsicher, wie viel ich ihm jetzt sagen soll. Aber dann beschließe ich, dass es keinen Sinn macht, herumzudrucksen. Er ist schließlich mein Bruder und wir teilen fast alles miteinander. "Es ist... jemand aus dem Volleyballteam," sage ich leise, meine Augen auf die Schüssel vor mir gerichtet. Verlegen tippe ich den Rand mit meinem Zeigefinger an. Ehrlich gesagt habe ich etwas Angst vor der Reaktion meines Bruders und es ist mir tatsächlich ein wenig peinlich das jetzt in so einem Moment preiszugeben.
Tōru runzelt die Stirn, seine Gedanken offensichtlich in wildem Galopp. "Jemand aus dem Volleyballteam? Meinst du... etwa Ushiwaka?" Erschrocken schüttele ich meinen Kopf: „Doch nicht Ushiwaka, obwohl der ganz süß ist. Es handelt sich um jemand anderes." Tōru atmet hörbar aus, sichtlich erleichtert. "Gut, dass es nicht Ushiwaka ist. Der Typ ist einfach nur arrogant und steif wie ein Brett. Wer ist es dann? Tendō? Ōhira?"
Ich schüttle erneut den Kopf, mein Herz schlägt schneller. "Nein, auch nicht die. Es ist..." Ich zögere, während Tōru mich gespannt ansieht. Dann beschließe ich, es einfach herauszupressen. "Es ist Semi. Und wie kommst du auf Ushiwaka?" Mein Bruder zuckt nur mit den Schultern. „Ihr geht auf dieselbe Schule und du hast mit ihnen heute gefrühstückt." Verstehend nicke ich: „Aber Ushiwaka war da noch gar nicht da. Ich kenne ihn nur von deinen Videos. Wir sind uns noch nie persönlich begegnet. Ich ‚kenne' nur Semi, Shirabu-san aus meiner Klasse, Tendo, Ōhira-senpai durch meine Mitbewohnerin und Semi. Den Rest des Volleyballteams kenne ich nicht.
„Habt ihr miteinander gesprochen?" Interessiert lehnt sich mein Bruder nach vorne. Verlegen schiebe ich meine Brille zurück auf die Nase: „Naja nicht viel. Ich hab ihn heute erst kennengelernt. Beim Frühstück. Ich finde ihn ganz süß, aber ich weiß nicht, ob ich wirklich verliebt bin oder es nur eine Schwärmerei ist."
Genervt schlage ich gegen Tōrus Schulter: „Mann ey, das ist peinlich. Ja ich schwärme für einen Jungen. Was ist daran so falsch? Deine Fangirls schwärmen doch auch für dich und letztes Jahr hattest du für ein paar Monate eine Freundin. Was ist jetzt daran anders?"
Wichtigtuerisch hebt mein Bruder seinen Finger hoch und antwortet mir vorwurfsvoll: „Weil du meine kleine Schwester bist und als dein großer Bruder ist es meine Pflicht jeden Typen, den meine Schwester gut findet kritisch zu hinterfragen." Genervt verdrehe ich die Augen.
Nachdenklich mustert mich der Zweitklässler einen Moment lang nachdenklich, bevor er ein leichtes Lächeln aufsetzt. „Meine kleine Schwester ist verliebt, hm? Aber denke nicht, dass ich ihm das Leben leicht machen werde, wenn ich ihn treffe. Auch später, wenn ihr vielleicht zusammen seid, Beziehung hin oder her; ich werde ihn fertig machen."
„Aber es steht doch gar nicht fest, dass wir zusammenkommen. Vielleicht mag ich seinen Charakter gar nicht. Hör auf irgendwas immer in meine Worte hineinzuinterpretieren. Ich hätte doch mit Iwa-san darüber reden sollen, als mit dir." Tōru zieht eine theatralische Grimasse und legt dramatisch eine Hand auf sein Herz. "Autsch, das hat gesessen! Du willst also lieber mit Iwa-chan über deine Gefühle reden, anstatt mit deinem unglaublich charmanten Bruder? Das ist ja wohl der größte Verrat!" Seine Stimme trieft vor gespieltem Schmerz, aber ich kann das amüsierte Funkeln in seinen Augen erkennen.
Ich stöhne entnervt auf und verschränke die Arme vor der Brust. „Ja, vielleicht hätte ich das wirklich tun sollen. Iwa-san würde wenigstens keine Show daraus machen und mich nicht so nerven." Mein Bruder und sein Hang zur Dramatik... manchmal wünsche ich mir wirklich, dass er einfach mal still sein oder mit ernst gemeinten Ratschlägen um die Ecke kommen könnte. Aber insgeheim weiß ich auch, dass es seine Art ist, mich zum Lachen zu bringen – auf seine ganz eigene spezielle Weise.
Tōru grinst breit und legt seinen Kopf schief. „Ach komm, du liebst es doch, wenn ich dich ein bisschen aufziehe. Außerdem, Iwa-chan würde sowieso auf meiner Seite sein. Der Typ versteht mich einfach." Er zwinkert mir zu, als wäre das alles eine klare Sache. Ich kann mir ein kleines Lächeln nicht verkneifen, auch wenn ich versuche, ernst zu bleiben. „Egal Tōru. Es geht hier um mich, nicht um dich und deine seltsame Bromance mit Iwaizumi." Er legt seinen Handrücken auf die Stirn und lehnt sich theatralisch nach hinten. „Bromance? Du beleidigst unser reines, unerschütterliches Band der Freundschaft! Das ist mehr als nur eine einfache Bromance!" Doch bevor er weiter übertreiben kann, schüttelt er sich und wird wieder ernst – naja, so ernst, wie Tōru eben sein kann.
„Hör zu, Kleines", sagt er, und seine Stimme klingt plötzlich ein bisschen weicher. „Es ist mir egal, wer es ist – Semi, Tendō, Ushiwaka, oder jemand ganz anderes. Was mir wichtig ist, bist du glücklich bist. Ich werde dich immer beschützen, egal was passiert." Sein Gesicht wird wieder ernster, fast schon liebevoll. „Aber wenn du mich um Rat fragst, werde ich dir immer zur Seite stehen und meinen Job als großer Bruder erfüllen. Außerdem hättest du noch Iwa-chan, falls du mal nicht zu mir kommen möchtest, weshalb auch immer. Iwalein kann schweigen wie ein Grab." Gegen Ende zwinkert er mir zu, worauf ich schon wieder die Augen verdrehe. Nicht ein einziges Mal kann er ernst sein, aber dennoch hat er es geschafft mich aufzumuntern.
„Danke Tōru", murmele ich und kneife ihm in die Wange, „so nervig du auch manchmal bist und du es mit deinem Rat auch nicht immer erst bleiben kannst, rechne ich dir deinen Versuch trotzdem hoch an."
Er grinst breit und lehnt sich entspannt zurück. „Kein Problem, Schwesterherz. Ich bin halt einfach der beste große Bruder, den man sich wünschen kann." Sein breites Grinsen lässt mich innerlich aufstöhnen. Immer muss er seinen Senf hinzugeben. Es ist typisch Tōru – immer etwas übertrieben. „Ich will nicht, dass du dich zu sehr hineinsteigerst und von ihm zum Schluss enttäuscht bist," setzt er mit einem ernsteren Tonfall fort.
Ich nicke langsam, seine Worte sickernd durch mein unruhiges Herz. „Ich weiß... ich bin mir noch nicht mal sicher, ob Semi mich überhaupt bemerkt hat." Betrübt starre ich Löcher in die Luft. Unser Gespräch dreht sich im Kreis. Ich versinke in Selbstmitleid, während Tōru sich im besten Licht als großer Bruder suhlt oder mir überfürsorglich Honig ums Maul schmiert. So deprimierend möchte ich unseren Abend nicht ausklingen lassen. „Ach was, hast du dich schon mal im Spiegel angeschaut? Dich kann man gar nicht übersehen oder sich nicht in dich verlieben. Und wenn es nicht bereits um ihn geschehen ist, dann überzeuge ihn halt mich deinem Charakter. Mit dem stehst du niemandem in nichts nach. Außerdem, wenn du dir Zeit lässt, hast du mehr Gelegenheiten, herauszufinden, was du wirklich für ihn empfindest. Wer weiß, vielleicht entwickelt sich da etwas Großartiges – oder du merkst, dass er doch nicht der Richtige für dich ist. So oder so, du hast nichts zu verlieren."
Schwach lächle ich, bevor ich ihm spielerisch an der Schulter knuffe. „Okay Tōru. Danke nochmal für deine Worte. Aber vergiss nicht, wenn du dich das nächste Mal in ein Mädchen verliebst, dann werde ich dir tatkräftig mit ebenso ‚guten' Ratschlägen zur Seite stehen, wie du mir und dich genauso nerven." Während ich rede, unterstreiche ich mit Fingerzeichen die Ironie in meinen Worten. Er lacht laut und zieht mich in eine schnelle, aber liebevolle Umarmung. „Deal! Aber ich verliebe mich nicht so leicht Cire. Du musst also länger auf deine Chance warten."
Mein Bruder schnappt sich wieder die Fernbedienung, stellt den Fernseher wieder etwas lauter ein und wir kehren zum Volleyballspiel zurück. Während die Geräusche des Spiels den Raum füllen, lehne ich mich entspannt zurück. Die Unsicherheit, die ich zuvor gespürt hatte, ist nicht ganz verschwunden, aber sie ist gemildert. Ich weiß, dass ich die Dinge in meinem eigenen Tempo angehen kann, und das gibt mir die Zuversicht, mich auf das einzulassen, was kommen mag – sei es eine neue Freundschaft, eine aufkeimende Romanze oder einfach nur ein kleines Abenteuer namens Liebe.
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Kleine Schwestern sind die wahren Herrscher über das Spielfeld
FanfictionTauche ein in das neue Leben von Cirella (OC) an der Shiratorizawa Oberschule. Wird sie ihren Platz schnell finden. Mit wem wird sie neue Freundschaften schließen? Oder wird sie gar ihre große Liebe finden? Und vor allem wie steht sie zum Elitevolle...