Jun keuchte, die kalte Luft brannte in seinen Lungen, während er zitternd auf dem Boden kauerte. Sein Körper fühlte sich schwer an, als wäre er mit Blei gefüllt, doch nichts wog so schwer wie die Schuld, die ihm die Kehle zuschnürte.
„Was habe ich nur getan?" hallte es immer wieder in seinem Kopf, wie ein schmerzhaftes Echo, das ihn zermalmte.
Er schloss die Augen, um die Bilder aus seinem Kopf zu verdrängen - Yongbok, sein kleiner Bruder, der sich immer wieder in seinen Albträumen wälzte, der Schmerz in seinen blauen Lippen, das Blut, das unaufhörlich aus seinem Mund sprudelte. Die Schreie, die nie laut wurden, und die Tränen, die zu lange in ihm gefangen waren.
Jun erinnerte sich an die Tage, an denen alles noch anders war.
Wo sie beide noch Kinder waren, die unzertrennlich durch die engen Gassen des Viertels streiften, nur sich selbst hatten in einer Welt, die sie immer wieder verstieß. Doch dann kam der Tag, der alles verändert hatte.
Er. Der Mann der ihn von der Straße geholt hatte, er sah in ihm nur ein Werkzeug, ein nützliches Instrument, das man formen und nutzen konnte. Er gab ihm eine Waffe in die Hand und zwang ihn zu tun, was er verlangten. Jedes Mal, wenn er gehorchte, brach ein weiteres Stück seiner Seele. Er lernte schnell, wie man Schmerzen zufügte, wie man jemanden lautlos und schnell ausschalten konnte, doch am schlimmsten war die Kälte, die sich in seinem Herzen ausbreitete.
Jun spürte die Härte der Steine unter seinen Knien und die Bitterkeit der Erinnerung, als er an die unzähligen Nächte dachte, in denen er aus dem Nichts für irgendeinen Job abkommandiert wurde.
Manchmal war es nur eine Drohung, ein „Liebesbrief" an die Feinde des Clans.
Manchmal war es viel schlimmer. Und immer wieder dröhnte der gleiche Satz in seinem Kopf:
„Ohne mich bist du nichts, ein niemand. Nur wegen mir bist du am leben."Die Realität schnitt durch Jun wie ein Messer.
„Wir hätten weglaufen sollen."
Seine eigene Stimme klang ihm fremd in den Ohren, während er sich langsam wieder aufrichtete, die Knie immer noch wackelig von der Schuld und dem Ekel.
Er hatte zugelassen, dass es so weit gekommen war. Er hatte ihn nicht beschützt. Er war zu feige gewesen, als es darauf ankam.
Und jetzt... jetzt war es zu spät. Yongbok würde sterben, und er würde das Blut seines Bruders an seinen Händen haben, genauso wie das Blut all der anderen, die er getötet hatte.
Die Nacht war still, und Jun fühlte die Kälte in seinen Knochen, während er sich vorwärts schleppte. Seine verletzte Hand pochte, und der Schmerz war ein willkommener Kontrast zu der Taubheit, die sich in ihm auszubreiten drohte.
Er musste zurück. Er musste zurück in diesen verfluchten Raum und einen Weg finden, das Unvermeidliche zu verhindern.
„Nicht er.., flüsterte Jun, seine Stimme brüchig. „Nicht er, bitte nicht."
Die Bilder der Vergangenheit flammten erneut auf - die Schläge, die er ertragen musste, die ständige Erniedrigung durch Männer, die auf seiner Seite waren, die ihm sagten, er sei nichts weiter als ein Tier, das beißen musste, um zu überleben.
Doch jetzt wusste er es besser. Jetzt verstand er, dass all das, was er für Stärke gehalten hatte, nur Schwäche war - die Schwäche, sich ihrem System zu beugen, ohne zu kämpfen.
Jun erreichte die Tür, die er so eben noch wütend hinter sich zugeknallt hatte. Seine Hand zitterte, als er den Griff nahm. Ein letzter Gedanke kreiste durch seinen Kopf:
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My little Hybrid
Fanfiction...Ich kauerte mich immer mehr in diese bedrückend wirkende, kleine Ecke. Die Fenster des schäbigen Hauses waren zerschlagen und der kalte Wind strömte durch die ganze Wohnung. Das Haus war schon lange nicht mehr richtig bewohnbar, erinnerte eher an...