Kapitel VII

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      »Oh my darling babe, take me in your arms, don't let me be a stranger.
Oh, I wish I'd find a giant heart to crawl up inside and sleep, where everything is still, where there is no more war, Where everything is one. In your arms, where everything is one, in your arms I shine.« Textpassage aus dem Lied »Giant Heart« von der Band»The Angelcy«

      Lily kam zu mir und flüsterte leise in mein Ohr, während ich hastig im Programmheft blätterte. Ich wusste bereits, was mich erwartete... »Wieso hast du mir nicht von ihm erzählt, Harper?« Ihm...Jaxon. Ihre Stimme klang neugierig, aber auch leicht vorwurfsvoll. Ich hielt kurz inne, mein Blick starr auf das Heft gerichtet, während mein Herz unruhig klopfte. Die anderen waren gerade am Frühstücken, und ich hatte mich zurückgezogen, um nach einer passenden Band zu suchen... Ich wollte nicht zu The Wolfwalk Experience. Vor allem nicht mit Jaxon.     

      Natürlich wusste ich, dass Lily mich früher oder später nach ihm fragen würde... ihr entging schließlich nichts. Aber ich war noch nicht bereit, über ihn zu reden. Vor allem nicht, weil ich selbst nicht wusste, was da eigentlich gerade passierte... und ich hatte mir doch geschworen, auf diesem Festival nichts mit Typen anzufangen!

      »Es gab nichts zu erzählen«, murmelte ich und tat so, als wäre das Programm spannender, als es tatsächlich war. »Er ist einfach... in meinem Zelt gelandet, und das war's.«

       Lily zog skeptisch eine Augenbraue hoch, und ich konnte ihren Blick förmlich spüren, auch ohne sie direkt anzusehen. »Aha. In deinem Zelt gelandet? Und jetzt schaut er sich die Fahne von unserem Platz an. Und du hast nichts weiter erzählt, weil...?«

       Ich biss mir auf die Lippe und zwang mich, ruhig zu bleiben. »Weil es nichts zu erzählen gibt, Lily. Wirklich. Es war eine seltsame Begegnung, mehr nicht.«

       Lily stieß mich sanft mit dem Ellbogen an. »Harper, komm schon. So wie der Typ aussieht, willst du mir weismachen, dass da gar nichts ist?« Sie warf einen schnellen Blick auf das Programmheft in meinen Händen. »Und hör endlich auf, nach einer Ausrede zu suchen«, flüsterte sie eindringlich.

       Ich hob eine Augenbraue. »Das ist keine Ausrede. Oh, hier! All In spielen heute!«

       Lily lachte leise. »Seit wann hörst du Glam Rock?«

      »Was denn... die sind witzig!«, verteidigte ich mich, den Blick weiterhin fest auf das Heft gerichtet.       

       Lily seufzte und legte eine Hand auf meine Schulter. »Komm schon, Harper, ich kenne dich mein ganzes Leben. Du kannst mir nichts vormachen. Ich finde, es ist an der Zeit, nicht mehr jeden abzublocken, der sich dir nähert. Du musst ja nicht sofort eine Beziehung eingehen, aber... ich glaube, Jaxon ist wirklich nett.«

       Ich verdrehte die Augen, blätterte weiter und suchte verzweifelt nach einer Band, die alle begeistern könnte. »Das war Liam auch... erinnerst du dich?«, entgegnete ich trocken. »Und ich bin nicht hier, um jemanden kennenzulernen. Schon gar nicht jemanden wie ihn.«

       Lily schüttelte nur den Kopf und lachte. »Wie du meinst... Aber als deine beste Freundin wollte ich es dir wenigstens mal sagen. Wäre ich mir nicht sicher, hätte ich dir was anderes gesagt.«

      In diesem Moment hörte ich Noah rufen: »Lily, komm, dein Schokobrötchen wird sonst von den hungrigen Fliegen verdrückt!«

       »Ich komme schon!«, rief sie zurück und sah mich noch einmal mit einem Lächeln an.

       »Ja, geh endlich...«, sagte ich und konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. » Ich komme gleich nach.« Ich seufzte und gab es auf. Es war albern, und Lily hatte recht. Ich konnte ihr nichts vormachen. Aber dennoch würde ich mich nicht so leicht geschlagen geben. Der einzige Weg, das Ganze zu umgehen, war, einfach nicht mitzugehen. Ja, das war die beste Lösung....

Als der Regen fielWo Geschichten leben. Entdecke jetzt